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Was bisher geschah

Was bisher geschah

Titel: Was bisher geschah
Autoren: Loel Zwecker
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Beamtenapparat zeitweise schwerfällig und belastet die Staatsfinanzen durch Gehälter und Korruption. Doch über dynastische Machtkämpfe und kurze Phasen der Wirren hinweg funktioniert die Verwaltung, bleiben die politischen Strukturen und kulturellen Vorstellungen bestehen. Das gilt für das Alte Reich im 3. Jahrtausend v. Chr. und das Mittlere und Neue Reich im 2. Jahrtausend v. Chr. Selbst in späteren Zeiten der Fremdherrschaften halten sich die alten Kulte.
    Zur Einheit Ägyptens trägt der Nil als Hauptverkehrsader und früher information highway bei. Auf dem Strom verkehren Schiffe mit Waren und auf Papyrus geschriebenen Botschaften. Die zugleich himmlische und praktische Bedeutung der Hieroglyphen (»heilige Schriftzeichen«) zeigt sich darin, dass man aus der Beobachtung der Gestirne einen Kalender zum Sonnenjahr ableitet und niederschreibt, der im Prinzip weltweit bis heute gilt: Er gibt Aufschluss über den Termin der Nilüberflutung – ungefähr alle 365 Tage, bis Ende September. Entsprechend der Bedeutung heißt die dritte Jahreszeit neben »Winter« und »Sommer« auch »Überschwemmung«. Kann man sich mit Hilfe von Kalendern beim Anbau von Getreide und anderen Pflanzen auf die Überschwemmungen einstellen, ist das eine der wichtigsten Grundlagen fürs Überleben und Wohlergehen.
    Die Schreiber, Beamte, die das für Landwirtschaft und Gemeinwohl so zentrale Wissen verwalten, haben einen hohen Stand. »Werde Schreiber«, heißt es in Lehrtexten, »es rettet dich vor harter Arbeit und jeder Art von Mühe!« Als Kanalvorsteher und Gauleiter überwachen die Schreiber die Bewässerung, den Bau von Auffangbecken, Schöpfrädern und Hebevorrichtungen; gemäß einer zweijährlichen Viehzählung treiben sie Steuern in Form von Korn und Vieh ein in einem Staat, der zeitweise rund eine Million Einwohner hat. Besonderes Ansehen genießen Nekropolenschreiber, die mit Grabinschriften ein Vermögen machen.
    Allgemein definiert die Schrift Hierarchien und dient der Disziplinierung. Etwa wenn Schreiber akribisch Buch führen über Arbeiter, die unentschuldigt fehlen, also weder vom Skorpion gestochen wurden noch einen Verwandten begraben müssen, und denen deshalb Stockhiebe drohen. Auch wird schriftlich vor den Gefahren des exzessiven Bierkonsums gewarnt: »Das Bier lässt deine Seele Schaden nehmen. Du bist wie ein zerbrochenes Schiffsruder, das nicht mehr gesteuert werden kann.«

     
    Die Hieroglyphen haben im Lauf der Geschichte des alten Ägypten drei Bedeutungsebenen bekommen. Als ideogramm symbolisiert das Bild zunächst einfach das, was man sieht: Ein Mann etwa ist ein Mann, ein Arm mit einer Waffe ist ein Arm mit einer Waffe. Die Zeichen können aber auch (als Determinativ) die Bedeutung anderer Zeichen erläutern – ein Arm mit einer Waffe weist dann beispielsweise darauf hin, dass etwas stark und mächtig ist.
    Andererseits könnte das Bier neben der geografischen Lage, der Schrift und den Pyramiden der vierte Erfolgsfaktor Ägyptens sein: Wie Vieh und Getreide beziehungsweise Brot ist es in dem münzlosen Gemeinwesen ein Zahlungsmittel. Bei der größten der drei berühmten Pyramiden von Gizeh, die der Pharao Cheops (ägypt. Chufu, gest. um 2531 v. Chr.) erbauen lässt – und die eines der sieben Weltwunder werden -, gehört zur täglichen Verpflegungsration der Arbeiter literweise Bier. Die Bedeutung des Bieres lässt sich auch mit Blick in ein ägyptisches Traumdeutungsbuch nachvollziehen: »Wenn sich ein Mann im Traum sieht, wie er einen alten Mann beerdigt – gut; es bedeutet Wohlstand. Wenn sich ein Mann im Traum sieht, wie er warmes Bier trinkt – schlecht; es bedeutet, dass Leid über ihn kommt.«

     
    Die dritte grundsätzliche Bedeutungsebene einer Hieroglyphe ist jene des Phonogramms, eines Zeichens, das einem bestimmten Laut entspricht, so wie bei anderen Schriften die Buchstaben. Beim Lesen und Schreiben muss man fast wie bei einem Bilderrätsel verschiedene mögliche Bedeutungen bedenken beziehungsweise kombinieren. So wurden die Hieroglyphen, nachdem ihre Bedeutung über Jahrhunderte in Vergessenheit geraten war, auch erst im 19. Jahrhundert (wieder) entschlüsselt.
    Anders als lange vermutet, sind die Pyramidenarbeiter wohl in der Mehrzahl keine Sklaven. Neben einigen ständigen Arbeitern sind es Bauern, die während der Überschwemmung der Felder vorübergehend arbeitslos werden und die man, sozusagen staatssozialistisch, zu Tausenden zum Pyramidenbau abkommandiert. Etwas
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