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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
Autoren: Cordwainer Smith
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einem fünfzehnjährigen Gefangenen durchgeführt hatten, indem er die Nadel direkt hinter dem Auge angebracht hatte. Rogow mochte es nicht, Häftlinge einzusetzen, da Gauck aus Sicherheitsgründen immer verlangte, dass ein für Experimente verwendeter Häftling spätestens fünf Tage nach dem Beginn des Versuchs eliminiert wurde. Rogow hatte sich selbst eingeredet, dass die Nadeltechnik risikolos war, und er war es leid, mit furchtsamen Nichtwissenschaftlern zu arbeiten und allein die Last der intensiven, wissenschaftlichen Konzentration zu tragen, die die Maschine erforderte.
    Rogow besprach die Lage mit seiner Frau und ihren beiden seltsamen Mitarbeitern.
    Mit einem Anflug schlechter Laune rief er Gauck zu: »Hast du dich eigentlich je gefragt, um was es hier geht? Du bist doch schon jahrelang hier. Weißt du überhaupt, was wir hier entwickeln? Hast du nie an den Experimenten teilnehmen wollen? Ist dir klar, wie viele Jahre mathematischer Berechnungen erforderlich waren, um diese Geräte zu entwickeln und diese Wellenmuster zu ermitteln? Bist du überhaupt zu irgendetwas nützlich?«
    Tonlos und ohne Zorn erwiderte Gauck: »Genosse Professor, ich gehorche meinen Befehlen. Und auch du gehorchst deinen Befehlen. Ich habe dich zumindest nie behindert.«
    Rogow steigerte sich beinahe in Raserei hinein. »Ich weiß, dass du dich mir nie in den Weg gestellt hast. Wir alle sind treue Diener des Sowjetstaates. Aber hier geht es nicht um Loyalität. Es geht um Begeisterung. Willst du denn nicht einmal einen Blick auf unsere Forschungen werfen? Wir sind den kapitalistischen Amerikanern um hundert oder tausend Jahre voraus. Freut dich das denn nicht? Bist du eigentlich ein menschliches Wesen? Warum nimmst du nicht Anteil an unserer Arbeit? Wirst du mich überhaupt verstehen, wenn ich sie dir erkläre?«
    Gauck sagte nichts; er sah Rogow mit seinen Knopfaugen an. Sein schmutzig graues Gesicht blieb unbewegt. Gausgofer stieß laut und auf übertrieben weibliche Art einen erleichterten Seufzer aus, aber sie schwieg ebenfalls. Cherpas, gewinnend lächelnd und ihre freundlichen Augen auf ihren Mann und die beiden Mitarbeiter gerichtet, sagte: »Fahre fort, Nikolai. Der Genosse wird dich verstehen, wenn er es will.«
    Gausgofer sah Cherpas eifersüchtig an. Sie schien entschlossen, auch weiterhin zu schweigen, sagte dann aber bittend: »Ja, fahre fort, Genosse Professor.«
    »Kharosho«, brummte Rogow, »ich werde tun, was ich kann. Die Maschine ist inzwischen in der Lage, über eine große Distanz hinweg in das Bewusstsein anderer Menschen zu dringen.« Amüsiert und ein wenig höhnisch kräuselte er die Lippen. »Wir können uns selbst in die Gedanken Eisenhowers einnisten und herausfinden, was der Oberlump heute gegen das sowjetische Volk im Schilde führt. Wäre es nicht wundervoll, wenn unsere Maschine ihn lähmen würde, so dass er verwirrt vor seinem Schreibtisch säße?«
    »Versuche es nicht«, bemerkte Gauck. »Nicht ohne Befehle.«
    Rogow ignorierte die Unterbrechung und fuhr fort: »Zunächst empfange ich. Ich weiß nicht, was oder wer es ist und wo er oder sie sich befinden. Ich weiß nur, dass diese Maschine jetzt hinausgreifen kann in die Gedanken aller Menschen und Tiere, die in diesem Moment leben, und dass ich Kontakt bekomme mit den Augen und Ohren eines einzelnen Bewusstseins. Mit der neuen Nadel, die direkt mit meinem Gehirn verbunden ist, wird es mir möglich sein, ganz exakt seinen Aufenthaltsort zu bestimmen. Das Ärgerliche an diesem Jungen vorige Woche war, dass wir zwar wussten, dass er etwas sah, das sich außerhalb des Raums befand, und dass er Worte in einer fremden Sprache zu empfangen schien, aber er verstand nicht genug Englisch oder Deutsch, um uns sagen zu können, wohin ihn die Maschine geführt hat.«
    Cherpas lachte. »Ich mache mir keine Sorgen. Ich habe gesehen, dass es nicht mit Gefahr verbunden ist. Versuch du es zuerst, mein Gemahl. Falls unsere Genossen nichts dagegen haben …«
    Gauck nickte.
    Gausgofer hob atemlos die knochige Hand an ihren mageren Hals und erklärte: »Natürlich, Genosse Rogow, natürlich. Du hast die ganze Arbeit getan. Du musst der Erste sein.«
    Rogow setzte sich.
    Ein Techniker in einem weißen Kittel schob die Maschine zu ihm hinüber. Sie lief auf drei gummibereiften Rädern und erinnerte an die kleinen Röntgengeräte, die von Zahnärzten benutzt wurden. Statt einer Linse, wie bei Röntgengeräten üblich, verfügte die Maschine über eine lange,
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