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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß?
Autoren: Jared Diamond
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Weibchen keine Eier, sondern lebende Junge zur Welt, und alle Säugetiere praktizieren die intrakorporale Befruchtung, das heißt, der männliche Samen wird in den Körper des Weibchens befördert. Am Lebendgebären und an der intrakorporalen Befruchtung sind so viele biologische Anpassungen und Gene beteiligt, daß alle Säuge- und Beuteltiere seit vielen Millionen Jahren auf diese Merkmale festgelegt sind. Wie wir noch sehen werden, läßt sich mit solchen ererbten Festlegungen teilweise auch erklären, warum sich bei keiner Säugetierart ausschließlich die Männchen um die Jungen kümmern, nicht einmal in Lebensräumen, wo die Säugetiere mit Fisch- und Froscharten zusammenleben, deren Männchen allein für die Aufzucht der Jungen sorgen.
     
    Wir können also das Problem, das sich durch unsere seltsame Sexualität stellt, neu definieren. In den letzten sieben Millionen Jahren ist unsere sexuelle Anatomie ein wenig, unsere sexuelle Physiologie weiter und unser Sexualverhalten noch weiter von dem unserer engsten Verwandten, der Schimpansen, abgewichen. In diesen Abweichungen müssen sich die Unterschiede in Umwelt und Lebensweise zwischen Schimpansen und Menschen widerspiegeln. Aber diese Abweichungen wurden auch durch ererbte Beschränkungen eingeengt. Wie sahen die Veränderungen der Lebensweise und die ererbten Beschränkungen aus, die unsere sonderbare Sexualität geformt haben?

Der Kampf der Geschlechter
     
    Im vorangegangenen Kapitel haben wir erfahren, daß wir bei unseren Versuchen, die menschliche Sexualität zu verstehen, zunächst einmal Abstand von unserer engstirnig-menschlichen Sichtweise gewinnen müssen. Wir sind unter den Tieren eine Ausnahme: Unsere Väter und Mütter bleiben nach der Begattung in vielen Fällen zusammen, und beide beteiligen sich an der Aufzucht des entstandenen Kindes. Daß Mann und Frau dabei den gleichen Beitrag leisten, würde niemand behaupten: In den meisten Ehen und Gesellschaften sind die Rollen sehr ungleich verteilt. Aber die meisten Väter wirken in gewissem Umfang an der Versorgung der Kinder mit, und sei es nur durch Ernährung, Schutz oder Besitz von Grund und Boden. Solche Beiträge sind für uns so selbstverständlich, daß sie auch gesetzlich niedergelegt wurden: Geschiedene Väter müssen für die Kinder Unterhalt zahlen, und auch eine ledige Mutter kann einen Mann auf Alimente verklagen, wenn mit einem genetischen Test bewiesen wird, daß er tatsächlich der Vater ihres Kindes ist. Aber das ist unsere engstirnige Menschenperspektive. Pech für die sexuelle Gleichberechtigung: Wir sind in der Tierwelt und insbesondere unter den Säugetieren eine Ausnahme. Könnten Orang-Utans, Giraffen und die meisten anderen Säugetiere ihre Meinung äußern, würden sie unsere gesetzlichen Vorschriften zur Kinderversorgung als absurd bezeichnen. Die meisten Säugetiermännchen haben mit ihren Nachkommen oder deren Mutter nach der Kopulation nichts mehr zu tun; nur allzu eifrig sind sie damit beschäftigt, andere Weibchen zu finden, die sie besamen können. Und nicht nur Säugetiermännchen, sondern männliche Tiere ganz allgemein kümmern sich, wenn überhaupt, sehr viel weniger um den Nachwuchs als die Weibchen.
     
    Aber diese chauvinistische Gesetzmäßigkeit hat ein paar Ausnahmen. Bei manchen Vogelarten, so bei den Wassertretern und dem Gefleckten Wasserläufer, übernimmt das Männchen die Aufgabe, die Eier auszubrüten und die Jungen großzuziehen; das Weibchen geht unterdessen auf die Suche nach einem anderen Männchen, um sich erneut befruchten zu lassen und das nächste Gelege hervorzubringen. Die Männchen einiger Fischarten, zum Beispiel der Seepferdchen und Stichlinge, und auch mancher Amphibien, etwa der Geburtshelferkröten, versorgen die Eier im Nest, in ihrem Maul, in einer Bruttasche oder auf ihrem Rücken. Wie kann man dieses allgemeine Paradigma der vorwiegend von Weibchen betriebenen Brutfürsorge und gleichzeitig ihre vielen Ausnahmen erklären?
     
    Die Antwort ergibt sich aus der Erkenntnis, daß Gene für Verhaltensweisen genau wie die Gene für Malariaresistenz oder Zähne der natürlichen Selektion unterliegen. Ein Verhaltensmuster, mit dessen Hilfe die Tiere einer Art ihre Gene weitergeben, ist für eine andere Art nicht unbedingt von Nutzen. Vor allem wenn Männchen und Weibchen sich gerade gepaart und eine befruchtete Eizelle produziert haben, stehen sie, was das weitere Verhalten angeht, vor der »Wahl«. Sollen beide das befruchtete Ei sich
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