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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß?
Autoren: Jared Diamond
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davonmacht, um die so entstandenen Jungen ohne seine Hilfe aufzuziehen.
     
    Außerhalb der Gruppe der Säugetiere kann man einige Tierarten anführen, deren Sexualverhalten unserem eigenen in bestimmter Hinsicht ähnelt. Die meisten europäischen und nordamerikanischen Vogelarten gehen Paarbindungen ein, die mindestens eine Paarungssaison lang erhalten bleiben, in einigen Fällen sogar das ganze Leben, und bei denen sich sowohl der Vater als auch die Mutter um die Jungen kümmern. Die meisten dieser Vogelarten unterscheiden sich aber insofern von uns, als jedes Paar sein eigenes Revier beansprucht. Die Paare der meisten Seevögel dagegen ähneln uns darin, daß ihre Paare dicht nebeneinander in Kolonien brüten. Alle diese Vogelarten zeigen aber im Gegensatz zu uns den Eisprung deutlich an; die sexuelle Bereitschaft der Weibchen und der Geschlechtsakt beschränken sich im wesentlichen auf die fruchtbare Zeit rund um den Eisprung, der Sex dient nicht dem Vergnügen, und die wirtschaftliche Kooperation der Partner ist nur schwach ausgeprägt oder gar nicht vorhanden. In vielen der zuletzt genannten Aspekte ähneln uns dagegen die Bonobos oder Zwergschimpansen: Ihre Weibchen sind während mehrerer Wochen des Brunstzyklus zur Sexualität bereit, sie betreiben Sex vorwiegend zum Vergnügen, und zwischen vielen Angehörigen eines Rudels besteht ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Kooperation. Aber bei den Bonobos gibt es keine festen Paarbeziehungen, der Eisprung ist nicht versteckt, und die Väter erkennen und versorgen ihre Jungen nicht. Und bei praktisch allen Tierarten fehlen im Gegensatz zu uns die fest umrissenen weiblichen Wechseljahre.
     
    Auch eine nichtmammalozentrische Sichtweise spricht also für die Interpretation unseres Hundes: Die Seltsamen sind wir. Wir wundern uns über das in unseren Augen sonderbare Verhalten der Pfauen oder der Beutelmäuse mit ihrem großen Fortpflanzungsknall, aber in Wirklichkeit liegen diese Geschöpfe eindeutig innerhalb der Bandbreite der Vielgestaltigkeit im Tierreich, und tatsächlich sind wir die sonderbarste Spezies von allen. Speziesistische Zoologen stellen Theorien darüber auf, warum der Hammerkopf aus der Gruppe der Flughunde sein Paarungssystem mit einem Balzplatz entwickelt hat, aber das Paarungssystem, das am lautesten nach einer Erklärung schreit, ist unser eigenes. Warum haben wir uns so anders entwickelt?
     
    Noch drängender wird diese Frage, wenn wir uns mit unseren engsten Verwandten unter den Säugetieren vergleichen: mit den Menschenaffen (im Unterschied zu Gibbons und Kleinaffen). Am nächsten stehen uns die afrikanischen Schimpansen und Bonobos, von denen wir uns nur in etwa 1,6 Prozent unseres genetischen Materials (DNS) im Zellkern unterscheiden. Fast ebenso nah sind wir mit den Gorillas (2,3 Prozent Unterschied) und den südostasiatischen Orang-Utans (3,6 Prozent Unterschied) verwandt. Unsere Vorfahren sind »erst« vor etwa sieben Millionen Jahren von den Vorfahren der Schimpansen und Bonobos abgewichen; von den Vorfahren der Gorillas trennen uns neun und von denen der Orang-Utans vierzehn Millionen Jahre.
     
    Verglichen mit der Lebensdauer eines einzelnen Menschen klingt das nach gewaltigen Zeiträumen, aber nach evolutionären Zeitmaßstäben sind es nur Augenblicke. Das Leben existiert auf der Erde seit mehr als drei Milliarden Jahren, und komplexe große Tiere mit einer harten Schale tauchten vor über einer halben Milliarde Jahren explosionsartig in groß er Vielgestaltigkeit auf. In der relativ kurzen Zeit, in der sich unsere Ahnen und die Vorfahren der Menschenaffen getrennt entwickelt haben, haben wir uns nur in wenigen bedeutsamen Eigenschaffen und in einem bescheidenen Ausmaß von unseren Verwandten entfernt, auch wenn einige dieser bescheidenen Unterschiede – vor allem der aufrechte Gang und das größere Gehirn – gewaltige Folgen für unser abweichendes Verhalten hatten. Zusammen mit Körperhaltung und Gehirngröße bildet die Sexualität die Dreiheit der entscheidenden Merkmale, in denen sich die Vorfahren von Menschenaffen und Menschen auseinanderentwickelten. Orang-Utans sind oft Einzelgänger: Männchen und Weibchen tun sich nur zum Kopulieren zusammen, und die Männchen zeigen keine väterliche Fürsorge; ein Gorillamännchen sammelt einen Harem von mehreren Weibchen um sich, paart sich aber mit jedem einzelnen von ihnen nur im Abstand von mehreren Jahren, nämlich nachdem das Weibchen sein Jüngstes entwöhnt hat, sich wieder
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