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Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt

Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt

Titel: Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchester
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Reserve zurück, und zwar den Prozentsatz, den sie für ausreichend erachtet, um ee sachtet,inen etwaigen Kunden auszubezahlen, der Geld abheben will. Dieser Betrag, den man als Liquidität bezeichnet, wird von der Regierung festgelegt. In unserem Beispiel beläuft er sich auf, sagen wir mal, 20 Prozent. Unsere Bank kauft also für 160 Euro Aktien von der XY-GmbH. Die XY-GmbH hinterlegt daraufhin 160 Euro bei der Bank, bei der nun insgesamt 360 Euro eingezahlt wurden. Davon muss sie nur 20 Prozent als Barreserve behalten – also 72 Euro − und kann nun für weitere 128 Euro Aktien der XY-GmbH erwerben. Die Summe ihrer Aktienanteile an der XY-GmbH beläuft sich damit auf 288 Euro. Die XY-GmbH geht wiederum hin und zahlt das Geld bei der Bank ein, die damit weitere Aktien kauft, und so geht es immer weiter. Die einzige Grenze, die dabei nicht überschritten werden darf, sind die 20 Prozent in bar, die zurückbehalten werden müssen. Der Einzahlungs-Aktienkauf-Zyklus endet damit, dass die Bank 200 Euro als Barrücklage hat, sowie Aktien der XY-GmbH im Wert von 800 Euro. Darüber hinaus hat sie 1000 Euro an Kundeneinlagen – die ursprünglichen 200 Euro und das ganze Geld aus dem Aktiengeschäft. Der Ursprungsbetrag von 200 Euro hat somit eine Bilanzsumme von 1000 Euro auf der Habenseite (Vermögenswerte oder auch Aktiva) und 1000 Euro auf der Sollseite (Verbindlichkeiten oder Passiva)erwirtschaftet. Und das ist kein fiktives Geld: Es sind echte Vermögenswerte und echte Schulden. Zauberei!
    Dieser Aspekt der Abläufe in einer Bank spielt eine wesentliche Rolle für das Funktionieren der Wirtschaft. Banken sind nicht einfach nur ein bequemer Zusatz zum Kapitalismus. Sie sind der Mittelpunkt, um den sich alles andere dreht und wodurch es überhaupt erst funktioniert. Banken schaffen Kredite, und Kredite sind die Voraussetzung dafür, dass die Wirtschaft läuft. In gewisser Weise ist der Kredit nicht nur irgendein Aspekt der Wirtschaft, er ist die Wirtschaft selbst – jene nahtlose, unaufhörliche, reibungslose Ebbe und Flut des Kreditkreislaufs. Wenn dieser Prozess funktioniert, ist er ein wahres Weltwunder.
    Für dieses System ist die Aufzeichnung des Geldverkehrs unabdingbar, und die hat ihre ganz eigene Geschichte. Die wichtigste Erfindung im Lauf dieser Geschichte ist die Vermögensaufstellung. Für unsere Zwecke ist dabei wiederum die Bilanz von größter Bedeutung. Wir wissen nicht genau, wer die Bilanzaufstellung erfunden hat. Anscheinend wurde sie bereits im 13. Jahrhundert in Venedig eingesetzt. Aber wir wissen, wer die ihr zugrunde liegende Methode niedergeschrieben und damit auch die neuzeitliche Buchhaltung erfunden hat. Diese gründet auf vier verschiedenen Vermögensaufstellungen, die gemeinsam das Gesamtbild eines jeden Unternehmens wiedergeben: die Bilanz, die Erfolgsrechnung, die Kapitalflussrechnung und der Ausweis des Gewinnvortrags. Diese Methode zur Zusammenstellung und Aufzeichnung der maßgeblichen Informationen wurde von Luca Pacioli niedergeschrieben. Pacioli war ein Franziskanermönch und sowohl mit Piero della Francesca als auch mit Leonardo da Vinci befreundet, dessen Assistent er lange Zeit war. Er verfasste die Schrift Summa de arithmetica , in der er die Methode der doppelten Buchführung darlegt. Diese Methode wird bis in die heutige Zeit von mehr oder minder jedem Unternehmen der Welt benutzt. (Ein anderes Thema, über das er schrieb, war die Zauberkunst. Ich denke, er hätte bestimmt jenen uralten Buchhalterwitz zu schätzen gewusst: »Was ist zwei plus zwei?« »Wasmöchtest du denn, dass es sei?«) Es ist doch erstaunlich, dass eine Methode, die schon im 13. Jahrhundert in Venedig angewendet und im 15. Jahrhundert in der Toskana schriftlich festgehalten wurde, auch heute noch tagtäglich in jedem Finanzinstitut der Industrienationen in Gebrauch ist.
    Von den vier Vermögensaufstellungen ist es die Bilanz, die uns eine Momentaufnahme vom Stand der Dinge verschafft. Bei den anderen wird ein Prozess wiedergegeben, wird der Geldflusse aer Geld protokolliert; die Bilanz jedoch ist eine Art Schnappschuss. Sie teilt sich auf in Aktiva auf der linken Seite und Passiva auf der rechten Seite. Aktiva sind die Dinge, die einem selbst gehören, Passiva solche, die das Eigentum anderer Leute sind. So könnte zum Beispiel die Bilanz einer Einzelperson aussehen:
    Aktiva
Euro
Haus
200 000
Geld auf der Bank
10 000
Auto
10 000
Dinge, die mir gehören
15 000
Geld, das man mir

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