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Warten auf den Monsun

Warten auf den Monsun

Titel: Warten auf den Monsun
Autoren: Threes Anna
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Dienstboten plötzlich alle einen Stock bei sich? Sie drückt ihren neugeborenen Sohn fest an sich.
    Victor zieht den Deckel von der Kiste und sagt: »Habt ihr schon mal eine elektrische Grasmähmaschine gesehen?«
     
    ***
     
    Der General steht oben an der Treppe. Seine Stiefelspitzen ragen über den Rand der obersten Stufe. Unten steht Sita, die Ayah, mit dem weinenden Donald auf dem Arm. Neben dem General steht seine Frau Mathilda. Charlotte, die den ganzen Nachmittag mit Sita und ihren Puppen gespielt hat, huscht lautlos zu ihrer Mutter und sucht deren Hand, die sie zwischen ihren Röcken versteckt hält. Quälend langsam hebt sich die Hand ihres Vaters in den weißen Handschuhen, er deutet mit seinem Offiziersstöckchen auf die Haustür, wo der Butler mit einem Regenschirm steht. Alle starren auf das unbewegliche Stöckchen. Die einzigen Geräusche, die man hört, sind das Weinen des Babys und im Hintergrund das eintönige Fegen der Putzleute im Salon.
    »Aber Sarkar …«, kommt es zögernd aus dem Mund von Sita, während sie den weinenden Jungen sanft streichelt, »Chota-Sahib ist klein.«
    Das Stöckchen scheint zu wachsen. Sita, in ihrem verwaschenen Sari, geht zögernd zu dem großen grauen Kinderwagen mit Verdeck und Spitzenrand und streichelt den kleinen Donald dabei die ganze Zeit tröstend. Das Baby hört auf zu weinen. Die junge Frau, eigentlich noch ein Mädchen, nimmt das Kind auf den anderen Arm. Charlotte seufzt erleichtert, sie weiß, daß Sita ihr Brüderchen beschützen wird, so wie sie auch sie immer beschützt. Draußen kracht ein Donnerschlag und zerreißt den Himmel. Der kleine Junge beginnt wieder zu weinen. Charlotte findet die Hand ihrer Mutter und drückt sie fest, ihre Mutter reagiert nicht darauf.
    Das Offiziersstöckchen macht eine kleine Bewegung in Richtung des Kinderwagens und zeigt dann wieder auf die Haustür. Sita legt das Baby in den Wagen. Der Junge schreit noch lauter. Sie will das Kind wieder aus dem Wagen nehmen, aber ein Geräusch oben auf der Treppe stoppt sie. Der Butler öffnet die Tür. Regen prasselt auf die Bodenfliesen. Sita schaukelt den Kinderwagen sanft hin und her, sie hofft, daß das Weinen aufhört, aber das Gegenteil passiert, nachdem ein Blitz die Halle erleuchtet, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Donnerschlag. Langsam fährt Sita zum zweiten Mal einen Kinderwagen mit einem weinenden Kind nach draußen. Als die ersten Regentropfen auf das Verdeck des Wagens treffen, bleibt sie stehen.
    »Mitten auf den Rasen«, befiehlt der General.
    Das Mädchen schiebt den Wagen vorsichtig die Treppe hinunter. Sie versucht, wie damals bei Charlotte, die Stöße auf den Stufen abzufangen, doch das Kind brüllt immer lauter. Auf dem Pfad schaut sie sich um. Die Tür hinter ihr ist schon zu. Verzweifelt geht sie auf den Rasen, der Regen klatscht auf sie herab. Sie schiebt das Baby im Kinderwagen ganz nach vorn, so weit wie möglich unters Verdeck, damit das Kind nicht triefnaß wird, aber das Geschrei ist ohrenbetäubend. Am Fenster des Salons erscheint die breite Gestalt des Mannes, der gerade von einem Einsatz zurück ist, bei dem er kurzen Prozeß gemacht hat mit einer »aufsässigen Meute Eingeborener«, wie er die Gruppe protestierender Inder nannte. Mitten auf dem Rasen bleibt Sita stehen. Sie beugt sich über den Wagen und versucht den kleinen Jungen zu beruhigen. Sie weiß, daß sie ihn nun allein lassen muß, sonst kommt der General wütend nach draußen, und sie verliert ihre Anstellung. Sie streichelt das Baby noch einmal und deckt es so gut wie möglich zu. Der peitschende Regen läßt nicht nach. Sie geht, läßt den Kinderwagen mitten auf dem Rasen zurück. Als man sie vom Fenster aus nicht mehr sehen kann, hockt sie sich hinter einen Strauch, einen Weihnachtsstern voller Blüten. Sie hört das Weinen trotz des Donners.
    Charlotte rennt ins Kinderzimmer zurück. Durchs Fenster sieht sie Sita hinter dem Strauch hocken, nicht weit von dem einsamen Kinderwagen, bereit, jeden Moment aufzuspringen. »Nicht weinen, nicht weinen«, flüstert sie. »Wenn du nicht aufhörst zu weinen, läßt er dich stundenlang draußen stehen, so wie er es mit mir gemacht hat.«

1995
Rampur
     
     
     
    Keine sagte etwas, alle Damen schauten den Sekretär des New Rampur Club bestürzt an. Ein einziges Mal war er bisher in ihren Dienstagmorgenvortrag hereingeplatzt, das war, nachdem Herr Chatterjee, der Besitzer der beiden schicken Modeläden im Stadtzentrum, der sehr schlecht
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