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Warm Bodies

Warm Bodies

Titel: Warm Bodies
Autoren: Isaac Marion
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und Abgabetermine, Ambitionen und Pläne. Ich erinnere michdaran, zweckgerichtet gewesen zu sein, immer überall die ganze Zeit. Jetzt stehe ich bloß hier auf dem Laufband, einfach so. Ich komme an, drehe mich um und fahre wieder zurück in die andere Richtung. Die Welt ist destilliert worden. Totsein ist leicht.
    So vergehen Stunden, bis ich auf dem entgegengesetzten Laufband eine Frau bemerke. Anders als die meisten von uns taumelt und stöhnt sie nicht; nur ihr Kopf baumelt mal auf die eine, mal auf die andere Seite. Das mag ich an ihr, dass sie nicht taumelt oder stöhnt. Ich fange ihren Blick auf und starre sie an, während wir einander näher kommen. Für einen kurzen Augenblick stehen wir Seite an Seite, nur Zentimeter voneinander entfernt. Dann reisen wir in entgegengesetzte Richtungen weiter, zum jeweils anderen Ende der Halle. Wir machen kehrt. Wir passieren einander erneut. Ich grimassiere, und sie grimassiert zurück. Bei unserer dritten Begegnung fällt der Strom aus, und perfekt aufeinander abgestimmt kommen wir zum Halten. Ich schnaufe ein Hallo und sie antwortet mit einem Schulterzucken.
    Ich mag sie. Ich greife nach ihr und berühre ihr Haar. Wie ich befindet sie sich im frühen Stadium des Verfalls. Ihre Haut ist blass, ihre Augen sind eingefallen, aber weder Organe noch Knochen liegen frei. Alle Toten haben diese seltsam zinngrauen Augen, aber ihre sind besonders hell. Ihr letztes Hemd sind ein schwarzer Rock und eine weiche weiße Bluse. Ich vermute, dass sie mal Rezeptionistin war.
    An ihre Brust ist ein silberfarbenes Namensschild geheftet.
    Sie hat einen Namen.
    Ich starre angestrengt auf das Schild, ich beuge mich ganz nah heran, mein Gesicht nur Zentimeter von ihrer Brust entfernt, aber es hilft nichts. Die Buchstaben trudeln und wirbeln durcheinander; ich kann sie nicht festhalten. Wieimmer entkommen sie mir, als bloße Reihe bedeutungsloser Linien und Kleckse.
    Noch eine von Ms Untoten-Ironien – von Namensschildern bis zu Zeitungen sind wir von den Antworten auf unsere Fragen umstellt und können sie nicht lesen.
    Ich zeige auf ihr Namensschild und schaue ihr in die Augen. »Dein … Name?«
    Der Blick, den sie mir zuwirft, ist leer.
    Ich deute auf mich selbst und spreche den letzten Rest meines Namens aus. »Rrr.« Dann zeige ich wieder auf sie.
    Ihr Blick geht zu Boden. Sie schüttelt den Kopf. Sie erinnert sich nicht. Nicht mal an Silbe Eins, wie M und ich. Sie ist niemand. Aber erwarte ich nicht zu viel? Ich strecke meine Hand aus und greife nach ihrer. Wir verlassen die Laufbänder, die Arme über die trennenden Geländer gebreitet.
    Die Frau und ich haben uns verliebt. Oder was davon noch übrig ist.
    Ich weiß noch, wie die Liebe vorher war. Komplexe emotionale und biologische Faktoren waren im Spiel. Wir mussten komplizierte Tests bestehen, Verbindungen aufbauen, es gab Höhen und Tiefen und Tränen und Wirbelstürme. Es war ein Martyrium, eine Übung in Schmerz, aber es war lebendig. Die neue Liebe ist einfacher. Leichter. Aber weniger.
    Meine Freundin redet nicht viel. Wir laufen durch die widerhallenden Korridore des Flughafens, dann und wann an jemandem vorbei, der aus einem Fenster oder an eine Wand starrt. Ich überlege, was ich sagen könnte, aber mir fällt nichts ein, und wenn mir etwas einfiele, könnte ich es wahrscheinlich nicht sagen. Das ist mein großes Hindernis, der gewaltigste aller Felsbrocken auf meinem Weg. In meiner Vorstellung bin ich wortgewandt; über verschachtelte Wortgerüste erreiche ich die höchsten Decken der Kathedrale, an die ich meine Gedanken male. Mache ich aber den Mund auf, stürzt alles in sich zusammen. Derzeit liegt mein persönlicher Rekord bei vier schlingernden Silben, bevor irgend … etwas … klemmt. Dabei bin ich womöglich der redseligste Zombie auf dem Flughafen.
    Ich weiß nicht, warum wir nicht reden. Ich kann die drückende Stille, die auf unserer Welt liegt, nicht erklären. Sie trennt uns wie das Plexiglas im Besucherraum eines Gefängnisses. Präpositionen sind eine Pein, Artikel anstrengend, Adjektive mehr als man ernsthaft verlangen kann. Ist diese Stummheit eine echte Körperbehinderung? Eines der vielen Symptome des Todes? Oder haben wir einfach nichts mehr zu sagen?
    Ich versuche, ein Gespräch mit meiner Freundin anzufangen, probiere ein paar plumpe Phrasen und oberflächliche Fragen aus, versuche ihr eine Reaktion zu entlocken, ein Zucken von Geist. Aber sie schaut mich bloß an, als würde ich spinnen.
    Ein paar
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