Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
er in einem niedlichen Glo-
    ckenhäuschen eine irdene Glocke auf, der er zuvor einen Bronzeanstrich hatte geben lassen. Er wußte
    im voraus, daß die vorüberfahrenden Schiffer, in
    dem Glauben, es sei Glockengut, innerhalb acht Ta-
    gen den Versuch machen würden, die Glocke zu
    stehlen. Und siehe da, er hatte sich nicht verrechnet

    39
    und fand nach drei Tagen schon die Scherben. Sol-
    che Überlistungen freuten ihn, und man kann
    zugeben, daß darin ein Äderchen von der Herzader
    seines Vaters sichtbar war. Im übrigen aber war er
    unfähig, zu dem Ruhme seines Hauses auch nur ein
    Kleinstes hinzuzufügen; er fühlte sich nur als Verwalter dieses Ruhmes, ein Gefühl freilich, das ihm unter Umständen Bedeutung und selbst Würde lieh. Wo er
    für sich und seine eigenste Person eintrat, in den privaten Verhältnissen des alltäglichen Lebens, war
    er eine wenig erfreuliche Erscheinung: kleinlich, gei-
    zig, unschön in fast jeder Beziehung. Von dem Au-
    genblick an aber, wo die Dinge einen Charakter an-
    nahmen, daß er seine Person von dem Namen Zieten
    nicht mehr trennen konnte, wurd er auf kurz oder
    lang ein wirklicher Zieten. Er war nicht adlig, aber
    gelegentlich aristokratisch. Dies Aristokratische,
    wenn geglüht in leidenschaftlicher Erregung, konnte
    momentan zu wahrem Adel werden, aber solche
    Momente weist sein Leben in nur spärlicher Anzahl
    auf. Sein Bestes war die Liebe und Verehrung, mit
    der er ein halbes Jahrhundert lang die Schleppe sei-
    nes Vaters trug. In diesem Dienste verstieg sich sein
    Herz bis zum Poetischen in Gefühl und Ausdruck,
    wofür nur ein Beispiel hier sprechen mag. Auf dem mit Rasen überdeckten Kirchenplatz, etwa hundert
    Schritte vom Grabe Hans Joachims entfernt erhebt
    sich ein hoher, zugespitzter Feldstein mit einer in
    den Stein eingelegten Eisenplatte. Und auf ebendie-
    ser Eisenplatte stehen in Goldbuchstaben folgende
    Worte:

    40
    »Im Jahre 1851, den 23. April, stand an dieser Stelle
    das Blüchersche Husarenregiment, um den hier in
    Gott ruhenden Helden, den berühmten General der
    Kavallerie und Ahnherrn aller Husaren Hans Joachim von Zieten, in Anerkennung seiner hohen Verdienste
    durch eine feierliche Parade zu ehren. Ruhe und
    Friede seiner Asche! Preis und Ehre seinem Namen!
    Er war und bleibt der Preußen Stolz.«
    »Ahnherr aller Husaren« – ein Poet hätt es nicht
    besser machen können.

    1. Von Bernhard Rode rührt auch das große, zur
    Verherrlichung des alten Husarengenerals
    gemalte Ölbild her, das sich, neben den Bil-
    dern anderer Helden des Siebenjährigen Krie-
    ges (alle von B. Rode), in der Garnisonkirche
    zu Berlin befindet. Die Komposition auch die-
    ses Bildes ist Dutzendarbeit und trotz der Prä-
    tension, geistvoll sein zu wollen, eigentlich
    ohne Geist. Auch hier ein bequemes Operie-
    ren mit traditionellen Mittelchen und Arran-
    gements. Eine Urne mit dem Reliefbilde Zie-
    tens in Front derselben; am Boden ein Löwe ,
    der ziemlich friedlich in einer Zietenschen Hu-
    saren-Tigerdecke drinsteckt wie ein Kater in
    einem Damenmuff; außerdem eine hohe
    Frauengestalt, die einen Sternenkranz auf die
    Urne drückt – das ist alles. Das Reliefportrait
    ist schlecht, nicht einmal ähnlich, aber die U-
    rania oder Polyhymnia, die ihm den Sternen-

    41
    kranz bringt, ist in Zeichnung und Farbe um
    ein wesentliches besser, als gemeinhin Rod-
    esche Figuren (er war ein Meister im Ver-
    zeichnen) zu sein pflegen.

    2. Friedrich Christian Emil von Zieten, dessen
    schon Seite 13 und 14 kurz Erwähnung ge-
    schah, war der einzige Sohn Hans Joachims
    aus seiner zweiten Ehe mit Hedwig Elisabeth
    Albertine von Platen. Dieser letzte Zieten aus
    der Wustrauer Linie wurde den
    6. Oktober 1765 geboren und starb am
    29. Juni 1854. Er war Rittmeister, Landrat des
    Ruppiner Kreises und Ritter des Schwarzen
    Adlerordens. Wurde gegraft am
    15. Oktober 1840. (Aus Hans Joachims erster
    Ehe mit Leopoldine Judith von Jürgaß war ei-
    ne Tochter geboren worden, die sich später
    mit einem Jürgaß auf Ganzer verheiratete.
    Vgl. das Kapitel »Ganzer«.)

    42
    Karwe

    »Vivat et crescat gens Knesebeckiana
    in aeternum.«

    I
    Unser Weg führt uns heute nach Karwe. Es liegt am
    Ostufer des Ruppiner Sees, und ein Wustrauer Fi-
    scher fährt uns in einer halben Stunde hinüber. Ein
    besonderer Schmuck des Sees an dieser Stelle ist
    sein dichter Schilfgürtel, der namentlich in Front des
    Karwer Parkes wie ein Wasserwald sich hinzieht und
    wohl mehrfach eine Breite von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher