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Wandel

Wandel

Titel: Wandel
Autoren: Jim Butcher
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durch den Tempel strömten, vielleicht wenigstens ein bisschen geschützt war.
    Ich legte Susan auf den Altar. „Sie wird in Sicherheit leben“, sagte ich. „Das verspreche ich dir.“
    Sie nickte. Ihr Körper zuckte und wand sich, sie stöhnte vor Schmerz, sie stand Todesängste aus. Aber sie nickte mir zu.
    Ich legte ihr die linke Hand auf die Augen.
    Ich drückte meine Lippen auf ihren Mund, schmeckte Blut und Tränen – ihre und meine.
    Ihre Lippen formten ein letztes Wort: „Maggie.“
    Ich …
    Ich nahm das Messer.
    Ich rettete ein Kind.
    Ich gewann einen Krieg.
    Möge Gott mir vergeben.

49. Kapitel
    A lles änderte sich in der Nacht , als der Rote Hof starb. Die Sache schaffte es bis in die Geschichtsbücher.
    Aus verschiedenen Gründen. Zum einen war da die unerklärliche Zerstörung einiger Bauten in Chichén Itzá, deren Mauern bis dato tausend Jahre lang dem Druck des Dschungels widerstanden hatten. Ein halbstündiger Schlagabtausch zwischen Zauberkundigen, die ihr Metier beherrschten, konnte ganze Straßenzüge einer Großstadt in eine Ruinenlandschaft verwandeln. Die Zerstörung in Chichén Itzá schrieb man letztlich einem extrem starken, aber regional extrem beschränkten Erdbeben zu. Die vielen Leichname konnte sich allerdings niemand erklären, zumal einige von ihnen Zahnreparaturen aufwiesen, die unter Anwendung einer seit mehr als hundert Jahren veralteten Technik entstanden waren. Auch die Leichen mit herausgerissenem Herzen konnte man sich nicht erklären, bei denen noch dazu eine Mutation die Knochen so verzerrt hatte, dass man sie kaum noch als menschlich bezeichnen konnte. Nicht einmal fünf Prozent der Leichen konnte man identifizieren. Bei den Identifizierten handelte es sich durchweg um Menschen, die im Laufe der letzten zehn, fünfzehn Jahre verschwunden waren und deren Verschwinden polizeibekannt war. Zu diesem Massenfund Vermisster gab es nie eine öffentliche Erklärung, aber es kursierten jede Menge Theorien. Nur reichte keine von ihnen auch nur annähernd an die Wahrheit heran.
    Ich hätte die Wahrheit lautstark von den Bergen verkünden können – und mich damit nahtlos bei all den anderen mit ihren wilden Spekulationen eingereiht. Wo doch jeder wusste, dass es in Wirklichkeit gar keine Vampire gab …
    Zum anderen schaffte es die Sache in die Geschichtsbücher, weil zur Zeit dieses „Erdbebens“ in Chichén Itzá in ganz Lateinamerika urplötzlich Offiziere, Geschäftsleute und Finanziers entweder verschwanden oder grausam zu Tode kamen. Die Schuld dafür schob man den Drogenkartellen in die Schuhe, und sie mussten auch in den Ländern, wo sie gar nicht stark genug waren, um Massenexekutionen durchzuführen, die Köpfe hinhalten. Südlich von Texas herrschte so gut wie überall Kriegsrecht, weil in acht oder zehn verschiedenen Ländern anscheinend in ein und derselben Nacht eine Revolution losging.
    Die Natur mochte es nicht, wenn ein Vakuum entstand, habe ich mir sagen lassen – obwohl mir dann nicht recht klar war, warum ungefähr neunundneunzig Prozent der Schöpfung aus Vakuum bestand. Egal – ob die Natur nun ein Vakuum hasste oder nicht, Regierungen konnten jedenfalls nicht damit umgehen und sahen immer schleunigst zu, dass ein bestehendes Vakuum wieder gefüllt wurde. Das Gleiche galt für Kriminelle. Was wahrscheinlich mehr über die menschliche Natur aussagte als über die Natur an sich … in Südamerika schafften es die meisten Nationen, ein Gleichgewicht zu wahren. Mittelamerika jedoch verwandelte sich in ein Kriegsgebiet, in dem verschiedene Interessengruppen sich bis aufs Blut bekämpften, um die von den Vampiren geräumten Territorien für sich zu gewinnen.
    In der übernatürlichen Gemeinde ging die Schlacht in Chichén Itzá als Nacht der schlechten Träume in die Annalen ein. Kaum war die Nacht vergangen, da summte es auch schon im Paranet wie in einem aufgeschreckten Hornissenschwarm, weil alle über die lebhaften, beängstigenden Träume reden mussten, die sie in den vergangenen Stunden geplagt hatten. Schwangere und Mütter, die erst vor Kurzem entbunden hatten, waren am stärksten betroffen. Einige von ihnen landeten sogar in Kliniken, wo man sie mit Medikamenten ruhigstellen musste. Unterm Strich hatten jeden, der auch nur über ein Fünkchen Talent verfügte und geschlafen hatte, als sich die Ereignisse in Mexiko zutrugen, böse Träumen heimgesucht, die sich in ihren Bildern ähnelten: tote Kinder, die Welt in Flammen, eine Welle aus Mord und
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