Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)
Autoren: Uwe Post
Vom Netzwerk:
man kommt heutzutage einfach zu nichts! Ständig muss man aufpassen, dass einem das Kind nicht verdorben wird von irgendwelchen dahergelaufenen …« Sie gestikuliert vage.
»Fernsehdetektiven«, hilft Walpar.
Die Frau richtet ihre Frisur und sieht sich nach allen Seiten um. »Wo ist die Kamera?«
Walpar schüttelt den Kopf. »Meine Serie wurde vor einigen Monaten abgesetzt. Ich arbeite jetzt unabhängig. Falls Sie mal jemanden brauchen, der Nachforschungen für Sie anstellt …«
»Henriette!« Die Frau kreischt und stürzt zu ihrer Tochter, die gerade damit beschäftigt ist, etwas auf den Unterschenkel des Dinos zu malen. »Nein! Nicht! Das ist bäh! Was hab ich dir gesagt?« Sie reißt dem Mädchen den Filzstift aus der Hand. »Schreiben ist bäh, das machen nur Intellektuellbäh und Managebäh! Hier, nimm deine Tablette!«
»Aber das Kind wollte den Dino doch bestimmt nur taggen«, beschwichtigt Walpar und tritt näher. Als Quittung kriegt er wieder den stählernen Zeigefinger in die Lunge. »Nur taggen! Damit fängt es an!«, heult Henriettes Mutter. Ihr faltiges Gesicht ist angstverzerrt, hektisch kramt sie in ihrer Handtasche, die an einen mumifizierten Panda erinnert. »Wo … wo …? Nur taggen! Erst malen sie ihr Tag überallhin …« Sie kramt weiter. Walpar bekommt wieder Luft und entgegnet: »Kinder hinterlassen überall ihre Zeichen. Es heißt so viel wie: Ich war hier! Sehen Sie doch, der ganze Schenkel des Dinos ist voll von …«
»Ah!« Die Frau ist erleichtert, hält eine geblümte Pillendose in der Hand und hantiert hektisch am Öffnungsmechanismus, der offenbar einen Fingerabdruckscan erfordert. »Erst malen sie ihre Tags überallhin, und ehe man sich's versieht, studieren sie, und was die ganzen jungen Leute an der Uni den ganzen Tag machen, dürfte wohl bekannt sein …« Sie schluckt zwei kugelige Pillen, ächzt und atmet tief durch. »Henriette! Hier, dein Sedativum.
Sei brav! Ja.«
Sie verabreicht ihrer Tochter eine Tablette. »Wenn die nicht hilft, hab ich auch noch irgendwo deine Zäpfchen. Merkst du schon was? Ja?« Das Mädchen nickt artig, seine Mutter sackt erleichtert in sich zusammen und vergräbt einen Moment lang die Augen hinter der vierfach beringten linken Hand. Henriette spuckt die Tablette Richtung Dino und zwinkert Walpar zu.
»Juhu!«, kommt Kerbil angehüpft und zupft Walpar an der Jacke. »Das war toll!«
Henriette streckt die Zunge raus.
»Seit wann sprichst du mit Frauen?«, fragt Kerbil und zeigt auf Henriettes Mutter. »Kauf mir eine Zimt-Cola!«
»Ich will auch eine, Mama!«, ruft Henriette. Sie hat schon wieder vergessen, dass sie eigentlich gerade ein Sedativum genommen hat.
»Henriette!« Gehauchte Enttäuschung, die im Ohr eines Kindes zu jahrzehntelangen Depressionen führt. Es sei denn, man nimmt die passenden Medikamente.
»Wir wollten gerade …«, Walpar sieht sich verzweifelt um, »ins Kursfeuerwerk.«
»Och, das ist langweilig«, sagt Henriette und entlockt ihrer Mutter ein Lächeln von der Dauer eines Werbespots.
»Find ich auch«, mault Kerbil, schiebt sich drei Zentimeter in Richtung des Mädchens, und schon ist der Werbespot zu Ende.
»Nicht näher!«, keift die Mutter, sprüht Gift und Galle aus ihren schwarzen Augen in Richtung des unaufmerksamen Erziehungsberechtigten, rauft sich die langen, dunklen Haare: »Halten Sie Ihre Virenschleuder zurück, Herr Detektiv. Jungen wie dieser wirken auf eine Handspanne ansteckend!«
»Soweit ich weiß, ist Kerbil vollkommen gesund«, erklärt Walpar.
»Das kann man nie wissen«, behauptet die Frau. »Schließlich … schließlich sind Viren so klein, dass man sie nicht sehen kann. Und sie verursachen fürchterliche Krankheiten. Die Pest und so.«
»Nicht die Pest«, schüttelt Walpar den Kopf. Allmählich klingelt sein Plausibilitätsalarm. Die Frau hätte längst das Weite suchen können, passend zu der Abneigung, die sie die ganze Zeit äußert. Jetzt lässt sie sogar zu, dass Henriette und Kerbil gemeinsam hinter ihrem Rücken kichern.
»Vielleicht habe ich wirklich Nachforschungen anzustellen«, sagt die Frau und schaut starr an Walpar vorbei.
»Hat sie nicht«, sagt Walpars Plausibilitätsalarm. »Sie ist alleinerziehend und sucht einen Mann mit Intelligenzquotient über Zimmertemperatur.«
Egal ob das stimmt oder nicht: Kerbil braucht dringend eine Zimt-Cola, und es wird dringend Zeit für die nächste Attraktion des Parks. Der Junge wirft Henriette schon Luftküsschen zu. Das geht jetzt auch Walpar zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher