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Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)
Autoren: Uwe Post
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Fernbedienung zu halten, dreht den Oberkörper ein Stück nach links und fällt vor Schmerzen fast in Ohnmacht.
Möglicherweise haben die Entwickler der Krankenhaussoftware damit gerechnet. Vielleicht waren sie so schlau, Sprachsteuerung einzubauen. »Leiser«, sagt Walpar.
»Bitte bestätigen Sie die Zahlung von 10,95 für die Abschaltung der Werbung für den Rest des Tages«, antwortet dieselbe Stimme, die ihm vorhin zum Überleben gratuliert hat.
Walpar dreht Kopf und Augen so weit, wie es gerade geht, ohne vor Schmerzen zu sterben. Zugegeben: Walpar ist ein bisschen wehleidig. Als ihm Thor seinerzeit das Ohr abgeschlagen hat, bestand er darauf, sein Testament zu machen. Apropos, das begünstigt derzeit Tilko. Walpar nimmt sich vor, das bei Gelegenheit zu ändern.
Er sieht weit und breit seinen Pinguin nicht, und auch keinen anderen Menschen in seiner Zelle. Die Stimme muss also von einer KI kommen, die vermutlich in der Wand eingebaut ist. Walpar bedauert, dass in seinem medizinischen Pass, der auf einem Chip in seinem Oberarm gespeichert ist, nichts von Klaustrophobie steht. In dem Fall hätte man ihn bestimmt nicht in eine Zelle von der Größe eines Gefrierfachs gelegt, sondern in ein Gemeinschaftszimmer mit sieben bis neun anderen Personen, die gerade angeschossen worden sind.
Walpar würde jetzt gerne Nera anrufen, damit sie ihn abholt und zu Hause pflegt. Darin ist sie ziemlich gut. Beispielsweise kocht sie den besten Jasmintee der Erde. Der hilft zwar nicht gegen Schusswunden, aber man fühlt sich einfach besser. Egal, ob man Ärger mit dem Partner hat, kalte Füße oder einen übersäuerten Magen: Neras Jasmintee rettet die Welt nachhaltiger als jedes noch so ernst gemeinte Gebet an egal welchen Gott, der ohnehin gerade im Urlaub ist und vergessen hat, einen Stellvertreter zu benennen.
Leider hat Walpar seinen Pinguin nicht griffbereit, um Nera herzuzitieren, und er kann sich auch nicht genug bewegen, um ihn zu suchen. Er könnte es versuchen, aber er will sein Leben nicht aufs Spiel setzen.
Außerdem befindet sich Nera zu Hause auf der Erde, nicht auf dem Mars. Bis sie hier ist, hat das Discount-Krankenhaus längst behauptet, dass Walpar geheilt ist, und ihn hinausgeworfen.
Walpar döst ein wenig. Zwischen zwei Halbschlafphasen registriert er, wie eine Schwester sich an seinem Tropf zu schaffen macht. Er wundert sich ein bisschen darüber, dass die Schwester so aussieht wie Henriettes Mutter, aber das ist bestimmt eine Halluzination, hervorgerufen von irgendwelchen Schmerzmitteln.

Kerbil sitzt in einem Hacker-Café und manipuliert Walpars Pinguin. In der Kabine nebenan stöhnt jemand.
Einer der Vorteile, lesen und schreiben zu können, liegt darin, dass man Portale verwenden kann, die kein Sprachinterface besitzen. Einige verzichten aus Sparsamkeit darauf, andere, weil sie nicht möchten, dass jeder hört, was sie anzubieten haben. Diese Schlemihle des Netzes verkaufen unsichtbares Eis, das sich dem geschulten Auge als ganz und gar sichtbares Hackertool entpuppt.
Der Pinguin ist ein Universal-Gadget. Man kann damit telefonieren, fotografieren, filmen, er ist ein Terminkalender, er kann Texte vorlesen und fremde Sprachen übersetzen. Er enthält ein Lexikon von der Größe einer mittleren Bibliothek, eine unübersichtliche Sammlung Geld- und Glücksspiele, und er kennt jederzeit seinen Aufenthaltsort und kann den Weg zu jedem anderen Ort weisen. Gerüchteweise weiß auch der Konzern, dem Walpar den Pinguin abgekauft hat, jederzeit seinen Aufenthaltsort, mit wem er gerade telefoniert, was er sich vorlesen lässt und wen er filmt.
Kerbil kommt es allerdings auf die einzige Funktion des Pinguins an, die er nicht verwenden kann, weil ihm der passende Fingerabdruck fehlt: die elektronische Geldbörse.
Die Nutzung des Hacker-Cafés muss Kerbil erst hinterher bezahlen. Das zwingt ihn dazu, erfolgreich zu sein, wenn er sich keinen Ärger einhandeln will.
Mittlerweile hat er einigen dubiosen Angeboten des Hackertool-Portals widerstanden. Bei den meisten ging es in irgendeiner Form um die Größe seines Penis, allerdings weiß Kerbil, dass das Portal ein dummes Portal ist und sein Alter nicht kennt. Die Angebote richten sich ausschließlich an Erwachsene, die sich im Gegensatz zu Kindern und Jugendlichen riesige Sorgen um die Größe ihres Vorderschwanzes machen. Vielleicht liegt das daran, dass man bis zu einem gewissen Alter davon ausgehen kann, dass er noch wächst, ohne nachzuhelfen. Aber wenn man erst einmal
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