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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer
Autoren: Tom Holt
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Marktplatz kommt. Sagen Sie ihm, Eupolis schicke Sie.
    Ich, Eupolis von Pallene, der Komödiendichter, wurde achtunddreißig Jahre nach der Niederlage der persischen Flotte bei Salamis und elf Jahre vor dem Ausbruch des großen Peloponnesischen Kriegs zwischen Athen und Sparta geboren. Ich erlebte die Pest mit, an der auch der berühmte Perikles starb, und steckte mich selbst mit der Seuche an, von der mich jedoch der Gott Dionysos heilte. In meinem zwanzigsten Lebensjahr führte ich auf den Theaterfestspielen meine erste Komödie auf, die den dritten und somit letzten Platz belegte. Davon ließ ich mich aber nicht aus der Bahn werfen und gewann schließlich mit Marikas, der zweifellos besten Komödie aller Zeiten, den ersten Preis. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits mit einer gewissen Phaidra verheiratet, der Tochter des Theokrates, die einen so schrecklichen Charakter hatte, daß Medusa dagegen wie ein Kätzchen wirkt. Anfangs kamen wir nicht gerade prächtig miteinander aus, doch kurz vor Beginn dieses Bandes war ihr das äußerst hübsche Gesicht von einem Maulesel eingetreten worden. Seither hört sie sich nicht nur wie Medusa an, sondern sieht auch noch so aus; nichtsdestotrotz ist ihr Verhalten mir gegenüber um einiges weniger boshaft geworden.
    Während sich dies alles zutrug, hatte sich Athen immer tiefer in den großen Peloponnesischen Krieg verstrickt und war nach der kurzen, glänzenden und tragischen Laufbahn des berühmten Kleon in den Bann des wohlbekannten Alkibiades gezogen worden. Dieser Alkibiades war auf die Idee gekommen, die sagenhaft reiche Insel Sizilien zu erobern, um unsere geleerte Staatskasse wieder aufzufüllen, und hatte mit diesem Einfall die Gedanken seiner athenischen Mitbürger so gefangengenommen, daß alle, sogar ich, daran teilnehmen wollten. Man bereitete eine große Expedition vor und stellte ein gewaltiges Heer auf, zu dem bis auf mich und einige Einbeinige anscheinend jeder Athener eingezogen wurde. Ich war wütend darüber, nicht mitziehen zu dürfen, was unsere Führer aber im großen und ganzen nicht sonderlich zu stören schien. In der Nacht vor dem geplanten Auslaufen der Flotte zertrümmerte eine Gruppe Betrunkener (zu der auch mein Rivale in der Komödiendichtung gehörte, der Ungeist Aristophanes, Sohn des Philippos) sämtliche kleinen Hermesstatuen in der Stadt und rief damit eine Welle abergläubischer Hysterie hervor. Übrigens war ich so ziemlich der einzige Augenzeuge dieses Vorfalls. Aus irgendeinem sich logischer Deutung widersetzenden Grund gelangten die Athener zu der Überzeugung, hinter diesem Frevel müsse Alkibiades stecken; weil sie sich aber ihr Vergnügen nicht nehmen lassen wollten, beschlossen sie, Alkibiades solle weiterhin die Expedition nach Sizilien leiten, vorausgesetzt, er kehre nach Athen zurück, nachdem alles vorüber sei, um sich wegen Gotteslästerung gerechterweise verurteilen und hinrichten zu lassen.
    Auch wenn das keine vollständige Zusammenfassung des ersten Bandes ist, genügt es, einfach mit der Geschichte fortzufahren; ich nehme an, Sie haben eine gewisse Vorstellung davon, wer die einzelnen Mitwirkenden sind. Verschiedene andere zu erwähnende Punkte, wie etwa die Tatsache, daß Aristophanes und ich uns seit der Kindheit gegenseitig in die Quere gekommen und ständig auf die Nerven gegangen sind und er ein Verhältnis mit meiner Frau hatte, bevor ihr das Gesicht entstellt wurde, werden sich ohne Zweifel aus dem Zusammenhang ergeben. Außerdem werden Sie ahnen, ohne daß ich es Ihnen eigens erzählen muß, daß es sich bei dem von Zeit zu Zeit auftauchenden Kallikrates um den Sohn meines Onkels Philodemos (der sich um mich kümmerte, seit ich als Junge durch die Pest zur Waise geworden war) und meinen allgemeinen Schutzengel handelt und bei dem wunderlichen Menschen namens der kleine Zeus um einen Bewunderer und Anhänger, den ich in meiner Jugend mit dem voreiligen Versprechen gewann, ihm gleich nach Kriegsende seinen winzigen und ertragsarmen Landbesitz mit Weinstöcken zu bepflanzen. Um Ihr Schlußfolgerungsvermögen und Ihr Allgemeinwissen in athenischer Geschichte nicht zu beleidigen, erspare ich es mir an dieser Stelle, Ihnen zu schildern, wer Nikias und Demosthenes sind oder wie es dazu kam, daß es mir recht gutging und ich durch den Vorzug, Land von an der Pest gestorbenen Verwandten zu erben, Angehöriger der Steuerklasse der Reiterei wurde. Also schön, kommen wir zu Alkibiades.

2. KAPITEL
     
    Alkibiades war kein
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