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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer
Autoren: Tom Holt
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sind.«
    »Dauernd sagst du, daß ich mir keine Sorgen machen soll«, entgegnete sie, wobei sie den Proviantbeutel fest in meinen Schild stopfte, »dabei mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Wenn sich jemand Sorgen macht, dann du. Also, bist du dir sicher, daß du alles dabei hast?«
    »Natürlich habe ich alles.«
    »Ersatzdecken?«
    »Ja.«
    »Sauberen Chiton?«
    »Ja.«
    »Nadel und Faden?«
    »Ja.«
    »Ersatzpolster für den Helm?«
    »O verdammt, nein! Ich wußte doch, daß ich etwas vergessen hatte.«
    Sie lächelte triumphierend. »Ich habe es zusammen mit deinem Essen eingepackt. Es wird ganz schön nach Käse riechen, aber das dürfte dir nichts ausmachen.«
    »Du Miststück! Das hast du mit Absicht getan.«
    Ich blickte zur Tür hinaus. Der Himmel färbte sich allmählich rosarot, bald bräche der Morgen an.
    »Als Hektor in den Kampf zog, hat er seine Frau nicht als Miststück bezeichnet«, beschwerte sich Phaidra.
    »Aber Andromache war eine entzückende, liebende und gute Ehefrau, und du bist ein Miststück.«
    »Das erklärt natürlich alles«, murmelte sie.
    Ich runzelte die Stirn. »Willst du nicht das letzte Wort haben, Phaidra?« fragte ich. »Das sieht dir gar nicht ähnlich.«
    »Das werde ich haben, wenn du nach Hause kommst«, antwortete sie lächelnd. »Ich werde die Zeit damit verbringen, mir Gehässigkeiten auszudenken, die ich dir bei deiner Rückkehr an den Kopf werfen kann. Du meine Güte, Eupolis! Siehst du in deiner Rüstung albern aus…«
    »Ich komme mir auch albern vor«, pflichtete ich ihr bei und schüttelte den Kopf, um meinen Helmbusch zum Wippen zu bringen. »Wer immer als erster auf die Idee gekommen ist, oben auf den Helm Pferdehaarbüschel zu stecken, hat eine Menge auf dem Gewissen. Also, sei artig.«
    »Das werde ich sein, dann kann ich wenigstens unartig sein, wenn du nach Hause kommst. Du kommst doch wieder nach Hause, oder?«
    »Jetzt sage ich ›ja‹, und du sagst ›schade‹?«
    »Genau.« Sie gab mir einen Kuß und zog mir den Helm nach unten übers Gesicht. »Jetzt beeil dich, sonst kommst du zu spät, und ich würde mich furchtbar schämen, wenn mein Mann der einzige in Athen wäre, der das Schiff verpaßt.«
    Dann schob sie mich zur Tür hinaus und knallte sie zu, und ich ging so schnell wie möglich davon, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
    Auf dem Weg zum Piräus stieß ich auf Kallikrates – und das im wortwörtlichen Sinne, denn der Helm war mir über die Augen gerutscht, und ich sah nicht, wohin ich ging. Im ersten Augenblick erkannte ich den Mann nicht, auf dessen Umhangsaum ich gerade getreten war, da er wie ich eine Rüstung trug; doch kaum nannte er mich einen ungeschickten Trottel, da erkannte ich ihn an seiner Stimme.
    »Kallikrates! Was tust du denn in diesem Aufzug?« rief ich erstaunt.
    »Steckt unter diesem Nachttopf etwa Eupolis?« Er schob mir den Helm hoch. »Ich war gerade auf dem Weg, um dich abzuholen. Ich dachte, wir könnten zusammen zum Piräus marschieren.«
    Ich starrte ihn erstaunt an. »Kommst du etwa auch mit nach Sizilien?«
    »Richtig. Letzter Nachtrag auf der Liste heute morgen. Die wollten eine runde Zahl haben.«
    Ich war so begeistert, daß ich kaum wußte, was ich sagen sollte. »Also, das ist ja phantastisch! Ich freue mich riesig!«
    Kallikrates betrachtete mich stirnrunzelnd, genau wie er es immer getan hatte, wenn ich als Junge irgendeine Dummheit begangen hatte. »Wieso? Habe ich dir jemals etwas Böses angetan?«
    »Aber Kallikrates, willst du denn nicht in den Krieg ziehen?« fragte ich verblüfft. Doch er schüttelte nur den Kopf, wobei der Busch auf seinem Helm hin und her wippte.
    Je näher wir den Hafenanlagen kamen, desto bevölkerter wurden die Straßen. Noch nie zuvor hatte ich solch ein seltsames Schauspiel gesehen; es war wie eine Mischung aus Festzug und Begräbnis. Tänzer und Flötenspieler waren da und Frauen, die Kränze verteilten, und neben ihnen in Trauer gekleidete Ehefrauen und Mütter, die heulend und kreischend nach den Umhangsäumen ihrer Männer griffen, die sich ihrerseits von ihnen loszureißen versuchten. Es waren Wurstverkäufer und Auftragsdichter da und Maler mit Zeichentischen, die für eine Drachme anboten, in fünf Minuten das Porträt des abfahrenden Helden auf einer Weinamphore oder einem Ölkrug anzufertigen, und neben ihnen alte Frauen vom Land, die Talismane zur Abwendung des Bösen verkauften; und Speerschleifer und Helmbuschmacher und Sofort-Schildflicker und Wahrsager und
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