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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer
Autoren: Henning Mankell
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hatte. Wallander lehnte sich zurück und dachte über das Gelesene nach.
    Zwei Mädchen, die eine neunzehn, die andere nicht älter als vierzehn, hatten kurz nach zehn Uhr am Dienstagabend von einem Restaurant im Zentrum aus ein Taxi bestellt. Als Fahrtziel hatten sie Rydsgård angegeben. Eins der Mädchen hatte neben dem Fahrer gesessen. Am Stadtrand von Ystad hatte sie ihn gebeten anzuhalten, weil sie sich auf die Rückbank setzen wolle. Das Taxi hatte am Straßenrand angehalten. Das Mädchen im Fond hatte in diesem Moment einen Hammer hervorgeholt und dem Fahrer damit auf den Kopf geschlagen. Gleichzeitig hatte das Mädchen auf dem Beifahrersitz ein Messer gezogen und ihm in die Brust gestoßen. Dann hatten sie dem Fahrer die Brieftasche und das Handy abgenommen und das Auto verlassen. Der Taxifahrer hatte trotz seiner Verletzungen Alarm auslösen können. Er hieß Johan Lundberg, war etwas über sechzig Jahre alt und zeit seines Berufslebens Taxi gefahren. Er hatte eine gute Beschreibung der beiden Mädchen gegeben. Martinsson, der ausgerückt war, hatte ohne Schwierigkeiten durch Befragen verschiedener Gäste ihre Namen erfahren. Beide Mädchen waren bei sich zu Hause festgenommen worden. Die Neunzehnjährige kam in Untersuchungshaft. Wegen der Schwere des Verbrechens hatte man entschieden, auch die Vierzehnjährige dazubehalten. Johan Lundberg war bei Bewußtsein, als er ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Aber dort hatte sich sein Zustand plötzlich verschlechtert. Jetzt war er ohne Bewußtsein, und die Ärzte waren sich nicht sicher, ob er durchkommen würde. Martinsson zufolge hatten die beiden Mädchen als Grund für den Überfall angegeben, sie hätten »Geld gebraucht«.
    Das jüngere Mädchen ging noch zur Schule und hatte ausgezeichnete Noten. Die ältere hatte früher in der Rezeption eines Hotels gearbeitet und war als Au pair in London gewesen. Keine |29| von beiden hatte zuvor mit der Polizei oder den Sozialbehörden zu tun gehabt.
    Ich begreife es nicht, dachte Wallander. Diese Mißachtung von Menschenleben. Sie hätten den Taxifahrer töten können. Vielleicht haben sie es sogar getan, wenn er jetzt im Krankenhaus sterben sollte. Zwei Mädchen. Wären es Jungen gewesen, könnte ich es vielleicht verstehen. Und sei es nur aus alter Gewohnheit.
    Ein Klopfen unterbrach ihn in seinen Gedanken. Ann-Britt Höglund stand in der offenen Tür. Sie sah wie gewöhnlich blaß und müde aus. Wallander dachte an die Veränderung, die sie durchgemacht hatte, seit sie nach Ystad gekommen war. Sie war eine der Besten ihres Jahrgangs auf der Polizeihochschule gewesen und hatte ihre Stelle in Ystad voller Energie und mit großem Ehrgeiz angetreten. Jetzt hatte sie noch ihren Willen. Aber sie war verändert. Ihre Blässe kam von innen.
    »Störe ich?« fragte sie.
    »Nein.«
    Sie setzte sich vorsichtig auf Wallanders wackligen Besucherstuhl.
    Wallander zeigte auf die aufgeschlagene Mappe. »Was sagst du dazu?«
    »Sind das die Taximädchen?«
    »Ja.«
    »Ich habe mit der, die in Haft sitzt, gesprochen. Sonja Hökberg. Klar und aufgeweckt. Beantwortet alle Fragen deutlich und präzise. Und scheint keinerlei Reue zu empfinden. Das zweite Mädchen ist seit gestern in der Obhut der Sozialbehörde.«
    »Verstehst du das Ganze?«
    Ann-Britt Höglund schwieg eine Weile, bevor sie antwortete. »Ja und nein. Daß die Gewalt in immer jüngeren Altersgruppen um sich greift, wissen wir.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, jemals von zwei Mädchen in dem Alter gehört zu haben, die bei einem Überfall mit Hammer und Messer vorgegangen sind. Waren sie betrunken?«
    »Nein. Aber es fragt sich, ob man sich wirklich darüber wundern soll. Ob man nicht hätte wissen können, daß so etwas früher oder später passiert.«
    |30| Wallander lehnte sich über den Tisch vor. »Das mußt du mir erklären.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das kann.«
    »Versuch es!«
    »Frauen werden auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr gebraucht. Die Zeiten sind vorbei.«
    »Das erklärt doch nicht, weshalb junge Mädchen mit Hammer und Messer auf einen Taxifahrer losgehen.«
    »Also muß es andere Gründe geben, man muß nur danach suchen. Wir glauben beide nicht, daß es Menschen gibt, denen das Böse angeboren ist.«
    Wallander schüttelte den Kopf. »Ich versuche auf jeden Fall, es nicht zu glauben, auch wenn es einem ab und zu schwerfällt.«
    »Es reicht, wenn man die Zeitschriften anschaut, die Mädchen in diesem Alter lesen. Jetzt dreht sich wieder alles um
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