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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer
Autoren: Henning Mankell
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Augenblick hörten die Glocken auf zu läuten.
    Wallander war der Schweiß ausgebrochen. Anette Fredmans flehentliches Rufen, daß man sie in Ruhe lassen solle, hallte in seinem Kopf nach. Der Fotograf starrte auf seinen zertretenen Film. Die Jungen spielten ungerührt Fußball.
    Schon bei ihrem Anruf hatte Frau Fredman gefragt, ob Wallander nach der Beerdigung auf eine Tasse Kaffee zu ihr nach Hause kommen wolle. Er hatte es nicht über sich gebracht, nein zu sagen.
    »Es kommen keine Bilder in der Zeitung«, sagte er.
    »Warum können sie uns nicht in Ruhe lassen?«
    Wallander hatte keine Antwort.
    Die Wohnung im dritten Stock des stark heruntergekommenen Mietshauses war noch so, wie er sie in Erinnerung hatte. Agneta Malmström war auch mitgekommen. Schweigend warteten sie darauf, daß der Kaffee fertig wurde. Wallander meinte, in der Küche eine Flasche klirren zu hören.
    Der Junge saß auf dem Fußboden und spielte stumm mit einem Auto. Wallander spürte, daß Agneta Malmström die gleiche Beklemmung empfand wie er. Aber es gab nichts zu sagen.
    Sie saßen da mit ihren Kaffeetassen. Anette Fredmans Augen glänzten. Agneta Malmström erkundigte sich, wie sie finanziell zurechtkäme, da sie arbeitslos war.
    Anette Fredman antwortete einsilbig. »Es geht. Irgendwie geht es. Immer ein Tag nach dem anderen.«
    Das Gespräch verebbte. Wallander blickte zur Uhr. Es war kurz vor eins. Er stand auf und reichte Frau Fredman die Hand. Im gleichen Augenblick fing sie an zu weinen. Wallander fühlte sich hilflos.
    »Ich bleibe noch eine Weile«, meinte Agneta Malmström. »Gehen Sie nur.«
    »Ich werde versuchen, bei Gelegenheit einmal anzurufen«, sagte Wallander. Dann tätschelte er dem Jungen etwas linkisch den Kopf und ging.
    Im Auto blieb er zunächst eine Weile sitzen, bevor er den Motor |26| anließ. Er dachte an den Fotografen, der davon ausgegangen war, seine Bilder von der Beerdigung des toten Serienmörders verkaufen zu können.
    Er fuhr durch den schonischen Herbst nach Ystad zurück.
    Die Ereignisse des Vormittags bedrückten ihn.
    Um kurz nach zwei parkte er seinen Wagen und betrat das Polizeipräsidium.
    Es war windig geworden. Der Wind kam aus Osten. Eine Wolkendecke zog langsam über die Küste heran.

|27| 3
    Als Wallander in sein Zimmer kam, hatte er Kopfschmerzen. Er suchte in seinen Schreibtischschubladen nach Tabletten. Draußen auf dem Korridor ging Hansson pfeifend vorbei. In der hintersten Ecke der untersten Schublade fand er schließlich eine zerknüllte Packung Dispril. Er ging zum Eßraum und holte sich ein Glas Wasser und eine Tasse Kaffee. Einige der neuen jungen Polizisten, die in den letzten Jahren nach Ystad gekommen waren, saßen an einem Tisch und unterhielten sich lautstark. Wallander nickte und grüßte. Er hörte, daß es um ihre Zeit an der Polizeihochschule ging. Er kehrte in sein Zimmer zurück und saß danach untätig da und starrte das Wasserglas an, in dem sich die beiden Tabletten langsam auflösten.
    Er dachte an Anette Fredman. Versuchte sich vorzustellen, wie der Junge, der stumm spielend auf dem Fußboden in der Wohnung in Rosengård gesessen hatte, in Zukunft zurechtkommen würde. Es war, als habe er sich vor der Welt versteckt. Mit der Erinnerung an einen toten Vater und zwei tote Geschwister.
    Wallander leerte das Glas und hatte den Eindruck, daß die Kopfschmerzen unmittelbar nachließen. Auf dem Tisch vor ihm lag eine Mappe mit der Aufschrift »Brandeilig« auf einem roten Klebezettel, die Martinsson ihm hingelegt hatte. Wallander wußte, was darin war. Sie hatten vor dem Wochenende darüber gesprochen. Eine Geschichte, die sich in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in der letzten Woche ereignet hatte. Wallander war zu diesem Zeitpunkt in Hässleholm; Lisa Holgersson hatte ihn auf ein Seminar geschickt, auf dem die Reichspolizeibehörde neue Richtlinien für die Koordinierung der Kontrolle und Überwachung verschiedener Motorradgangs vorstellen wollte. Wallander hatte sie gebeten, ihn zu verschonen, aber Lisa Holgersson hatte nicht nachgegeben. Er und kein anderer sollte fahren. Eine der Gangs hatte |28| außerhalb von Ystad schon einen abgeteilten Hof gekauft. Sie mußten damit rechnen, in Zukunft mit ihnen Probleme zu bekommen.
    Wallander entschied sich mit einem Seufzer, wieder an die Arbeit zu gehen. Er schlug die Mappe auf, las den Inhalt und konnte anschließend konstatieren, daß Martinsson einen klaren und übersichtlichen Bericht über den Vorfall verfaßt
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