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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer
Autoren: Henning Mankell
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Stock.«
    Wallander hob die Hand und unterbrach Martinsson. »Apelbergsgatan 10?«
    »Ja.«
    Wallander nickte langsam. Er erinnerte sich daran, daß er vor einigen Jahren, unmittelbar nach der Scheidung von Mona, an einem Tanzabend in Saltsjöbadens Hotel eine Frau getroffen hatte. Er war ziemlich betrunken gewesen. Er war mit ihr nach Hause gegangen und am nächsten Morgen im Bett neben einer schlafenden Frau aufgewacht, die er in nüchternem Zustand kaum wiedererkannte. Geschweige denn, daß er ihren Namen wußte. Er hatte sich in aller Eile angezogen und war weggegangen und hatte sie nie wiedergetroffen. Aber aus irgendeinem Grund war er sicher, daß es das Haus Apelbergsgatan 10 gewesen war.
    »Ist was Besonderes mit der Adresse?« wollte Martinsson wissen.
    »Ich habe nur nicht genau gehört, was du gesagt hast.«
    Martinsson schaute ihn verwundert an. »Spreche ich so undeutlich?«
    »Mach jetzt weiter.«
    »Er war alleinstehend. Geschieden. Seine Exfrau wohnt noch in der Stadt. Aber die Kinder sind über das ganze Land verstreut. Ein Junge von neunzehn studiert in Stockholm. Das Mädchen ist siebzehn und arbeitet als Kindermädchen in einer Botschaft in Paris. Wir haben die Frau natürlich davon unterrichtet, daß der Mann gestorben ist.«
    »Was hat er beruflich gemacht?«
    »Er hatte offenbar eine Einmann-Firma. Er war Berater in der Computerbranche.«
    »Und er ist nicht beraubt worden?«
    »Nicht dem Zettel zufolge, den er in der Hand hielt.«
    »Sonst hätte man sich vorstellen können, daß jemand ihm auflauerte und zuschlug, als er Geld abgehoben hatte.«
    |36| »An die Möglichkeit habe ich auch gedacht. Aber er hatte am Samstag Geld abgehoben. Einen kleineren Betrag.«
    Martinsson reichte Wallander einen Plastikbeutel mit einem blutbefleckten Stück Papier. Wallander sah, daß der Automat den Kontoauszug genau zwei Minuten nach Mitternacht gedruckt hatte.
    Er reichte den Beutel zurück. »Was sagt Nyberg?«
    »Nichts außer der Kopfwunde spricht für ein Verbrechen. Vermutlich hat er einen Herzinfarkt gehabt und ist daran gestorben.«
    »Vielleicht hat er damit gerechnet, daß mehr Geld auf dem Konto war«, meinte Wallander nachdenklich.
    »Wie kommst du darauf?«
    Wallander wußte selbst nicht, was er gemeint hatte. »Wir warten also den ärztlichen Befund ab, gehen aber davon aus, daß kein Verbrechen vorliegt. Wir legen es ab.«
    Martinsson sammelte seine Papiere zusammen. »Ich rufe den Anwalt an, der der Hökberg zugewiesen worden ist. Du bekommst Bescheid, wann er hiersein wird, damit du mit ihr sprechen kannst.«
    »Nicht daß ich unbedingt wollte«, gab Wallander zurück. »Aber ich muß wohl.«
    Martinsson verließ das Zimmer. Wallander ging zur Toilette. Die Zeit, als er ständig pinkeln mußte, weil sein Blutzuckerspiegel zu hoch war, gehörte jedenfalls der Vergangenheit an, sagte er sich.
    Die nächste Stunde widmete er der Bearbeitung des trostlosen Materials über die ins Land geschmuggelten Zigaretten. In seinem Hinterkopf kreisten unentwegt die Gedanken an das Versprechen, das er Ann-Britt Höglund gegeben hatte.
    Um zwei Minuten nach vier rief Martinsson an und teilte ihm mit, daß Sonja Hökberg und der Anwalt da seien.
    »Wer ist der Anwalt?« fragte Wallander.
    »Herman Lötberg.«
    Wallander kannte ihn. Ein älterer Mann, mit dem man gut zusammenarbeiten konnte.
    »Ich bin in fünf Minuten da«, sagte Wallander und legte auf.
    Er trat wieder ans Fenster. Die Dohlen waren fort. Der Wind |37| war kräftiger geworden. Er dachte an Anette Fredman. An den Jungen, der auf dem Fußboden gespielt hatte. Seine ängstlichen Augen. Dann schüttelte er sich und versuchte, sich die einleitenden Fragen an Sonja Hökberg zurechtzulegen. In Martinssons Mappe hatte er gelesen, daß sie diejenige war, die auf dem Rücksitz gesessen und Lundberg mit dem Hammer auf den Kopf geschlagen hatte. Und sie hatte nicht nur einmal zugeschlagen, sondern mehrfach. Als sei sie von unkontrollierter Wut gepackt worden.
    Wallander griff nach Notizblock und Stift. Im Flur fiel ihm ein, daß er seine Brille vergessen hatte. Er ging noch einmal zurück.
    Es gibt nur eine Frage, dachte er auf dem Weg zum Verhör. Eine einzige Frage, die wichtig ist.
    Warum haben sie es getan?
    Daß sie auf Geld aus waren, ist keine ausreichende Antwort.
    Es muß eine andere Antwort geben, die tiefer liegt.

|38| 4
    Sonja Hökberg sah ganz anders aus, als Wallander sie sich vorgestellt hatte. Aber wie hatte er sie sich eigentlich
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