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Waldmeister mit Sahne

Waldmeister mit Sahne

Titel: Waldmeister mit Sahne
Autoren: Sandra Busch
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Prüfungstag und im Haus herrschte die totale Anarchie.
    „Komme ich ungelegen, Herr Thiel?“, schnarrte die Sozialarbeiterin und schob sich mit der abgewetzten Aktentasche unter dem Arm an ihm vorbei.
    „Nein. Natürlich nicht. Wir hatten Sie heute nur nicht erwartet.“
    „Deswegen heißt es ja unangemeldeter Besuch“, erklärte Frau Talert lapidar. Prüfenden Blickes schaute sich die Sozialarbeiterin um. Die Küche war nicht aufgeräumt und Ernie hüpfte weiterhin wie besessen um Joachims Füße herum.
    „Der Hund ist ja ziemlich gewachsen.“ Frau Talert musterte Ernie mit strengem Blick. War das nun gut oder schlecht? In diesen Moment kam Micha mit Henriette auf dem Arm in die Küche. Seit dem Aufstehen trug er lediglich eine Pyjamahose und einen Bademantel, sein Haar war ungekämmt und aus seinem Dreitagebart war eine Wochen-Wucherung geworden. Joachim fand seinen Anblick eigentlich hinreißend, allerdings bezweifelte er, dass Frau Talert das ebenso sah. Falls es Micha peinlich war, dass er der Sozialarbeiterin nie anständig angezogen gegenüberstand, überspielte er das prima.
    „Guten Morgen, Frau Talert. Entschuldigen Sie bitte erneut meinen Aufzug. Hennie hat die komplette Nacht über gespuckt, deswegen sind wir beide noch nicht salonfähig.“ Das entwaffnende Lächeln, das er der Sozialarbeiterin schenkte, schien ihr ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen.
    „Ich gewöhne mich langsam an den Anblick Ihrer Nachtwäsche. Was hat denn das Kind?“, fragte sie und strich Henriette mit einem mütterlichen Gurren über den Schopf.
    „Der Arzt sagte etwas von einem leichten Infekt. Nur musste Joachim leider die ganze Nacht hinter diesem Infekt her wischen. Deswegen sieht es hier so furchtbar aus. Wir waren gerade beim Aufräumen. Mögen Sie einen Kaffee?“
    „Später vielleicht. Ich möchte erst mit den Kindern reden.“ Der strenge Blick richtete sich auf die Zimmerdecke. Lucas schien in seinem Zimmer den Schuhplattler zu seiner Musik zu tanzen, denn es rumste ziemlich.
    „Kommt ihr bitte mal runter?“, rief Joachim nach oben. Er bekam keine Antwort. Dafür hielt der Lärm an.
    „Entschuldigen Sie.“ Micha drückte sich an Frau Talert vorbei und trat an das Treppengeländer.
    „Sofort angetreten!“, brüllte er hinauf.
    Die Sozialarbeiterin zuckte zusammen, aber diesen Ton kannten die Jungs. Die Musik nahm schlagartig ein Ende. Dann wurden zwei Türen aufgerissen und Fußgetrappel ertönte auf der Treppe. Im nächsten Moment kamen Martin und Lucas angerannt. Bei Frau Talerts Anblick blieben sie allerdings wie angewurzelt stehen.
    „Ist es soweit?“, fragte Martin unruhig.
    „Sohn“, sagte Joachim mahnend.
    Martin erinnerte sich wieder seiner guten Manieren. Er trat auf Frau Talert zu und reichte ihr die Hand.
    „Guten Morgen“, sagte er höflich. Lucas folgte etwas schüchterner dem Beispiel seines Bruders. Ernie drängte sich dazwischen und bellte aufgeregt. Frau Talert zuckte erneut zusammen.
    „Ernie, Platz“, kommandierte Micha ruhig und der Wolfshund schlich mit eingekniffenem Schwanz in seinen Korb. Die Sozialarbeiterin atmete erleichtert auf.
    „Danke. Ich würde gerne eine Weile mit den Kindern allein reden. Könnte ich Ihr Wohnzimmer nutzen?“, fragte sie.
    „Nur zu.“ Micha nickte lässig und warf den beiden Jungen einen scharfen Blick zu. „Seid höflich und bleibt bei der Wahrheit, okay?“
    Martin und Lucas nickten und folgten Frau Talert nach nebenan. Joachim stieß pfeifend den Atem aus.
    „Wie kannst du nur so lässig bleiben?“ Hektisch begann er den Esstisch abzuräumen und Geschirr in den Spüler zu stopfen.
    „Ausgerechnet heute …“
    „Reg dich ab.“ Micha hielt ihn am Ärmel fest und küsste ihn kurz. „Die Bilderbuchfamilie nimmt sie uns ohnehin nicht ab.“
    „Wenn nur Hennie nicht krank geworden wäre.“ Joachim lamentierte weiter, als hätte er Michas Einwand gar nicht gehört.
    „Jedes Kind wird irgendwann einmal krank, Jo. Das ist ganz normal.“
    „Wenigstens ist sie auf deinem Arm ruhig.“ Joachim warf den beiden einen liebevollen Blick zu. Henriette schmiegte ihr Gesichtchen an Michas Hals.
    „Sie liebt halt ihren Micha“, sagte der selbstgefällig.
    „Da ist sie nicht die Einzige.“ Dieses Mal fiel der Kuss etwas länger aus. Schließlich erinnerte sich Joachim an den Zustand der Küche. Während Micha die Milch erneut aufwärmte und die Kaffeemaschine anwarf, stellte er die Lebensmittel in den Kühlschrank zurück. Mit einem
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