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Waldesruh

Waldesruh

Titel: Waldesruh
Autoren: Susanne Mischke
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ein.
    »Gut«, sagte die Kommissarin und lächelte.
    Emilys Erleichterung war grenzenlos. »Darf ich auch mal was fragen?«
    »Ja, klar.«
    »Was passiert denn jetzt mit den Entführern?«
    »Gegen die wird die Staatsanwaltschaft Anklage erheben. Da kommt einiges zusammen. Vermutlich wirst du vor Gericht als Zeugin aussagen müssen.«
    »Aber diese Männer waren doch sicher nur Handlanger für diese Schillinger-Erben«, spekulierte Emily.
    »Ja, wahrscheinlich«, nickte die Kommissarin. »Aber sie behaupten, ihren Auftraggeber nicht zu kennen. Und das glaube ich denen sogar. Sie sind bestimmt über einen Mittelsmann angeheuert worden.«
    »Soll das heißen, dass die, die hinter der ganzen Sache stecken, ungeschoren davonkommen?«, empörte sich Emily.
    Die junge Polizistin runzelte die Stirn. »Wir suchen natürlich noch nach Beweisen. Aber bis jetzt konnten wir noch nicht einmal die Identität dieser Schillinger-Erben klären. Wir arbeiten in dieser Sache mit den chilenischen Behörden zusammen, allerdings kann so etwas lange dauern und man kann nie sagen, was dabei herauskommt. Diese alten Nazis und ihre Familien werden in einigen südamerikanischen Ländern bis heute von Teilen der Behörden gedeckt.«
    »Das ist ja eine Sauerei!«
    »Ja. Das Leben ist kein Ponyhof«, seufzte die Kommissarin und stand auf. »In Ordnung, Emily. Das war es dann schon.«
    »Bekomme ich mein Bild wieder zurück? Ich möchte es Marie und Janna schenken.«
    »Vorerst leider nicht. Das ist ja ein wichtiges Beweismittel. Übrigens toll gemalt, Kompliment.«
    »Danke«, sagte Emily, die nun doch leicht errötete.
    »Wir haben gestern deine Eltern informiert. Sie haben den nächsten Flug gebucht.«
    »Ich weiß.« Emily nickte.
    Frau Kramp hatte ihr heute Morgen von dem Anruf ihrer Eltern erzählt. »War das nötig, dass sie gleich zurückkommen?«, hatte sie gefragt. Aber ganz im Geheimen war sie darüber gar nicht so unglücklich.
    Der letzte Abend von Emilys Aufenthalt in Außerhalb 5 war gekommen. Sie verbrachte ihn bis zum Einbruch der Dunkelheit mit Marie in ihrem Baumhaus. Aber es war nicht wie vorher. Nichts war wie vorher. Zu oft waren sie dem Tod begegnet in den vergangenen Tagen. Ab morgen würde alles anders wer den. Morgen würde Maries Großmutter exhumiert werden. Morgen würden Emilys Eltern zurückkommen.
    Morgen würden sie den Brief abschicken, in dem Marie und Janna ihrer Mutter mitteilten, dass deren Mutter, ihre Oma, gestorben war. Die Einzelheiten und Umstände ihres Todes hatten sie vorsichtshalber weggelassen.
    »Warum könnt ihr eure Mutter nicht einfach anrufen und fragen, ob sie nach Hause kommen kann?«, fragte Emily.
    Marie seufzte tief. »Das ist schwer zu erklären. Man weiß nie, in welcher Stimmung man sie gerade antrifft. Sie kann so schrecklich gleichgültig sein. Oder das Gegenteil, so künstlich aufgekratzt. Und ich weiß gar nicht, ob ich will, dass sie zurückkommt. Dann müssten wir wieder jeden Tag Angst haben, ob etwas passiert ist, wenn wir aus der Schule kommen.«
    Emily fing allmählich an zu begreifen: Es musste sehr viel geschehen sein, dass ihnen die eigene Mutter so fremd geworden war. Ein bedrohlicher Gedanke, schier unvorstellbar für Emily, für die ihre Eltern immer eine feste, sichere Größe in ihrem Leben gewesen waren.
    Sosehr Emily auch vor dem bevorstehenden Donnerwetter graute, so waren ihre Eltern doch selbst in ihrem Zorn verlässlich und berechenbar. Es würde eine Predigt hageln, voraussichtlich die schlimmste ihres bisherigen Lebens, denn viel hatte Emily bis jetzt eigentlich noch nicht angestellt, wenn man von einem mit Ölfarben ruinierten Teppichboden einmal absah. Vielleicht würde es für den Rest der Ferien Hausarrest geben oder sie musste für den Rest ihres Lebens den Rasen mähen. Aber man wusste immer, woran man mit ihnen war, selbst wenn sie sauer waren. Urvertrauen nannte man das wohl. Das schien zwischen Marie und ihrer Mutter verloren gegangen zu sein.
    Als die Sonne wie ein roter Ball hinter dem bewaldeten Gebirgszug verschwand, standen sie auf und kletterten hinab. Traurig und schweigend fuhren sie zurück, und obwohl es noch warm war, hatte Emily das Gefühl, dass mit diesem Tag der Sommer zu Ende ging.
    Janna, Moritz und Frau Kramp saßen auf der Terrasse, Ringo lag unter dem Tisch. Sie hatten Windlichter angezündet und vor ihnen standen bunte Getränke. Eine seltsam feierliche Stimmung lag über der Szenerie, das spürten Emily und Marie sofort.
    »Frau
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