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Wald der Masken

Wald der Masken

Titel: Wald der Masken
Autoren: Horst Hoffmann
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blindem Entsetzen davon. Die Gestalt schüttelte ihnen die Fäuste nach.
    Sie besaßen keine Haut aus Fleisch und Blut. Im Feuerschein glänzte der ganze Körper wie Marmor.
    »Bei den Schätzen der Aegyr!« flüsterte Ilfa. Mythor hatte nicht einmal bemerkt, daß sie sich neben ihm aufgerichtet hatte. »Dann hat Cobor nicht gelogen. Es gibt sie wahrhaftig noch – die Marmornen.«
    »Flieht!« war Cobors Schrei zu hören. »Bringt euch in Sicherheit! Er kam nicht, um uns gegen die Mangoreiter beizustehen! Er haßt alles Lebende, und dies ist mein Kampf!«
    Der Baummensch trat aus dem Unterholz, als seine Gefährten hinter den Stämmen aufsprangen und davonrannten. Cobor hatte in der linken Hand einen Dolch, in der rechten ein Kurzschwert.
    Ganz langsam drehte der Marmorne sich zu ihm um. Er besaß keine Waffen und brauchte auch keine. Er war gute zwei Köpfe größer als der Baumbewohner. Unter der gemaserten Steinhaut spielten die Muskelstränge. Mythor hielt den Atem an, als Cobor einen weiteren Schritt auf den Unheimlichen zumachte.
    »Komm her!« rief er. »Ich habe ein halbes Leben darauf gewartet, einem von euch dies hier heimzahlen zu können.« Er schlug sich mit dem Dolchknauf gegen die Stirndelle. »Nun hole mich ganz oder stirb selbst!«
    »Er hat den Verstand verloren«, flüsterte Ilfa entsetzt. »Wenn die Marmornen tatsächlich unbesiegbar sind, kann er die Steinhaut nicht einmal ritzen!«
    Roar kam herangekrochen, packte Mythors Arm und bedeutete ihm mit wütendem Knurren, daß er ebenfalls das Weite suchen sollte.
    Mythor schüttelte seine Hand ab.
    »Wir dürfen Cobor nicht in sein Verderben rennen lassen. Wir müssen ihm helfen.«
    »Dann sterben wir alle!« schrie Ilfa.
    Der Kopf des Marmornen fuhr herum. Große, helle Augen richteten sich auf das Mädchen. Cobor hob einen Stein auf und schleuderte ihn gegen den gemaserten kahlen Schädel. Der Marmorne schien den Treffer nicht einmal wahrzunehmen.
    Er kam mit wuchtigen Schritten auf die Gefährten zu. Mythor sprang auf und schrie:
    »Verteilt euch! Jetzt ist es zu spät zur Flucht! Bleibt außer Reichweite seiner Arme und lenkt ihn ab! Ich versuche, mich um Cobor zu kümmern!«
    Der Marmorne sprang. Mit einer Beweglichkeit, die dem Wesen aus belebtem Stein niemand zugetraut hätte, brachte er die Strecke vom Feuer zum Versteck hinter sich. Mythor konnte Ilfa im allerletzten Moment zur Seite reißen, bevor ein Handkantenschlag den Stamm mit einem einzigen Hieb zertrümmerte.

3.
    Sie waren wie die Fliegen, die einen Menschen umschwirrten. Und sie wußten alle drei, daß sie auch sterben würden wie die Fliegen, sollte der Marmorne sie mit seiner Handkante auch nur streifen.
    Ilfa und Roar hielten sich an Mythors Anweisung. Obwohl dem Mädchen die Angst fast die Beine lähmte, tänzelte sie außer Reichweite der muskelbepackten Arme um den Marmornen herum, und sobald ihr echte Gefahr drohte, war Roar da und zog die Aufmerksamkeit des Gegners auf sich. So wurde der Marmorne in ständiger Bewegung gehalten, und daß er die lästigen Zwerge nicht greifen konnte, machte ihn nur noch rasender.
    Mythor sah sich um. Für den Augenblick hatte er den Rücken frei. Ilfa würde ihn warnen, wenn der Marmorne sich auf ihn stürzte.
    Cobor hielt ihm die Spitze des Kurzschwerts entgegen.
    »Komm mir nicht näher, Mythor. Das ist mein Kampf.«
    »Du kannst nicht gewinnen«, sagte Mythor hart. »Was willst du wirklich? Den Tod? Ich glaube dir, daß du etwas Grausames erlebt hast, aber du machst es nicht ungeschehen, indem du das wegwirfst, was dir einmal ein Marmorner gelassen hat – dein Leben.«
    Gobors Augen blitzten. Er wurde unruhig und schielte an Mythor vorbei dorthin, wo Ilfa und Roar den Steinernen noch beschäftigt halten konnten.
    »Spare dir die Worte. Mythor. Zum letztenmal – geh aus dem Weg!«
    Mythor nützte die kleine Unaufmerksamkeit, als Roar stürzte und Cobor beim Gebrüll des Marmornen zusammenzuckte. Er schlug Cobors Schwert zur Seite und packte dann den Baummenschen von hinten um den Hals.
    »Es tut mir leid, mein Freund«, sagte er schnell. Roar war dem Ungetüm ausgeliefert. Ilfa versuchte alles, um den Marmornen von ihm abzulenken. »Aber ich kann nicht zulassen, daß du dich umbringst. Du bist unser Führer zum Wald der Masken.«
    Mit einem Schlag gegen die Schläfe betäubte er Cobor, ließ ihn zu Boden gleiten und kam Ilfa zu Hilfe. Der Marmorne sah ihn heranstürmen, ließ von Roar ab und holte aus. Mythor duckte sich. Der tödliche
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