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Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman
Autoren: Jodi Picoult
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es mir leid tut.
    Neben mir steht Eric auf und wendet sich an die Geschworenen. »Wissen Sie, was Liebe bedeutet, Ladys und Gentlemen?« beginnt er. »Liebe bedeutet nicht, das zu tun, was der Mensch, den man liebt, von einem erwartet. Liebe bedeutet, das zu tun, was er eben nicht erwartet. Liebe bedeutet, mehr, weitaus mehr zu tun als das, worum man gebeten wurde. Und genau so sollte die Anklage gegen Andrew Hopkins lauten. Dessen würde er sich schuldig bekennen, ohne Wenn und Aber.
    Die Staatsanwältin wird von Regeln sprechen, an die man sich halten muß. Sie wird Worte benutzen wie >Entführung<. Aber wir haben es hier nicht mit einer Entführung zu tun, es wurde keine Gewalt eingesetzt. Und was die Regeln betrifft, nun, Sie wissen selbst, daß es zu jeder Regel die berühmte Ausnahme gibt. Aber was Sie vielleicht nicht wissen, ist, daß dasselbe auch für die Buchstaben des Gesetzes gilt.«
    Eric geht auf die Geschworenenbank zu. »Der Richter wird Ihnen sagen, daß Sie Andrew Hopkins schuldig sprechen sollten, wenn Sie zu dem Schluß kommen, daß er die Straftat der Entführung zweifelsfrei begangen hat. Nicht, daß Sie ihn schuldig sprechen müssen ... nicht, daß Sie ihn schuldig sprechen möchten ... sondern daß Sie ihn schuldig sprechen sollten. Warum sagt der Richter nicht, daß sie ihn schuldig sprechen müssen ? Weil er das nicht kann. Sie als Geschworene haben die allerhöchste Autorität und Macht, einen Angeklagten schuldig oder unschuldig zu sprechen - warum auch immer.«
    »Einspruch!« Emma Wasserstein kocht. »Bitte um Unterredung!« Die beiden Anwälte treten an die Rich-terbank. »Euer Ehren, er macht den Geschworenen weis, sie könnten die gesamte Anklage für null und nichtig erklären, wenn ihnen danach ist«, beschwert sich die Staatsanwältin.
    »Ich weiß«, sagt Richter Noble ruhig. »Und ich kann ihn nicht daran hindern.«
    Als Eric sich umdreht, sieht er völlig verwundert aus. Ich glaube, er hat nicht erwartet, daß er damit durchkommt. Er schluckt und wendet sich wieder den Geschworenen zu. »Das Gesetz ist gut durchdacht und sorgfältig formuliert. Und manchmal öffnet es ganz bewußt die Tür zu der Lücke zwischen Vorschrift und Vernunft. Sie haben eine Entscheidung zu treffen, Ladys und Gentleman. Manche Entscheidungen kann man sich nicht leicht machen. Das gilt für die Entscheidung, die Andrew Hopkins getroffen hat ebenso wie für die Entscheidung, die das Gesetz vorgibt. Und es gilt, so hoffe ich, auch für Ihre Entscheidung.«
    Emma Wasserstein ist so wütend, daß es mich nicht wundern würde, wenn Funken aus ihren Schuhen sprühen würden. »Mr. Talcott hat offensichtlich zu viel Zeit mit seinem Mandanten verbracht«, erklärt sie den Geschworenen, »denn er hat Sie soeben angelogen. Er hat Ihnen gesagt, es wäre keine Entführung gewesen, weil keine Gewalt im Spiel war. Nun, Bethany Matthews wurde nicht gefragt, ob sie fortgehen wollte. Zugegeben, er hat sie nicht gefesselt und in den Kofferraum geworfen, um mit ihr nach New Hampshire zu fahren, aber das mußte er auch nicht. Er hat einem kleinen, arglosen Mädchen erzählt, seine Mutter wäre gestorben. Er hat Bethany erzählt, sie hätte nur noch ihn. Er hat ihr derart viel Schaden zugefügt, indem er sie aus dem Haus ihrer Mutter gerissen hat, daß er sie auch genausogut hätte fesseln und knebeln können. Es war emotionale Gewalt, und Andrew Hopkins hat sie ausgeübt.«
    Sie dreht sich um und sieht mich an. »Aber er hat nicht nur einen Menschen zum Opfer gemacht. Seine brutale und selbstsüchtige Tat hat das Leben zweier Menschen beschädigt - das von Bethany Matthews und das ihrer Mutter Elise, die achtundzwanzig Jahre lang darauf warten mußte, ihre verschwundene Tochter wiederzusehen. Durch diese brutale und selbstsüchtige Tat bekam Andrew Hopkins alles - das Kind, das Sorgerecht und die Freiheit vor Bestrafung ... bis heute.«
    Emma Wasserstein geht zur Geschworenenbank. »Um Andrew Hopkins der Kindesentführung schuldig zu sprechen, müssen Sie übereinstimmend der Meinung sein, daß er ein Kind mitnahm, ohne das Recht dazu zu haben und daß er es mit Gewalt getan hat. Andrew Hopkins hat selbst auf dem Zeugenstand gesagt, daß er seine Tochter gekidnappt hat. Ein klareres Geständnis kann es kaum geben.
    Mr. Talcott hat richtigerweise gesagt, daß Regeln nicht immer auf alles zutreffen. Mr. Talcott hat darauf hingewiesen, daß das Gesetz besagt, Sie sollten zu einem Schuldspruch gelangen, wenn die
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