Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wachkoma

Wachkoma

Titel: Wachkoma
Autoren: Jasmin P. Meranius
Vom Netzwerk:
der anderen. Kann mein Bild wieder zeigen, um auch das der anderen zu sehen. Ich werde wieder Glück und Liebe erfahren. Und sie festhalten.
    Ich werde mein Werteempfinden korrigieren. Ich werde nie mehr vergessen, dass ich unentbehrlich für das Glück in meinem Leben bin. Ohne Kräftemessen und das Überschreiten von Grenzen. Ohne Idealisierung. Ich werde in diesem Zusammenhang meinem Beruf wieder die Wertigkeit zukommen lassen, die er verdient. Den Kampf des inneren Rollenkonflikts zwischen privater und beruflicher Rolle, wie jeder andere Mensch, kämpfen. Tag für Tag. Und niemals mehr damit aufhören. Ich gehe den Weg zu meiner Mitte, ohne je wieder zurückzublicken. Denn ich habe nur eine einzige Chance, es diesmal besser zu machen. Die unwiederbringlich ist, genau wie das Leben. Denn wir haben nur das eine.
    Beata
    ***

Alles ist Wirklichkeit zu seiner Zeit und Beatas Agenda würde es auch zu ihrer Zeit sein. Bis dahin war sie in der Schublade ihres Schreibtischs gut aufbewahrt.
    Da die Jahreswende kurz bevor stand und Beata die Agenda noch im alten Jahr vergraben wollte, überlegte sie sich jetzt schon einen geeigneten Zeitpunkt dafür.
    Das Wetter bot ihr zahlreiche Möglichkeiten; die nächsten Tage sollten noch genauso herrlich sein wie die vorherigen. Ein durchweg eisblauer Himmel über einer schneeweißen Winterlandschaft. Beata musste sich also nur für einen Zeitpunkt entscheiden.
    Ihre Tagesgestaltung beließ ihr genug Möglickeiten. Sie hatte sich eingependelt, ohne dass sie die Vorhersehbarkeit gelangweilt hätte.
    Sie ließ sie einfach den Tag bestehen.
    Immer, wenn sie morgens ausgeschlafen und gefrühstückt hatte, ging sie zunächst raus an die frische Luft, ob zum Walken mit der Gruppe oder auch alleine, um zu spazieren. Sie nahm sich die Zeit und ließ sich auch nicht von der Kälte davon abbringen, für sich zu sein.
    Anschließend aß sie zu Mittag und legte sich danach einfach einen Moment hin, um später wieder mit den Damen an den Grußkarten zu arbeiten.
    „Der Verkauf läuft auf vollen Touren“, lobte Silvester die Gruppe.
    Und am Abend nahm sie am Yogakurs teil, der ihr auch weiterhin half, sich auf ihre Mitte zu konzentrieren. Sobald sie nur ihre Augen schloss, tauchte sie in eine andere Welt ein – erreichte eine andere der vielenverschiedenen Weltebenen, von denen Didier im Yoga immer erzählt hatte. Dann sah sie dieses große Tor, durch das sie hindurchlaufen konnte, sodass sie plötzlich ganz woanders war und sich viel näher bei sich und ihrem Leben fühlte als sonst.
    Am Kursende ließ sie alles Erlebte dort und kehrte zurück in die klare, kalte Winterlandschaft.
    Noch immer verstand sie sich prächtig mit Didier.
    Sie hatten noch einige Abende miteinander verbracht und, wie versprochen, ließ er es sich nicht nehmen, ihr von Mythen und Sagen aus aller Welt zu erzählen. Ein abendfüllendes Programm, doch er konnte wirklich toll erzählen. Ihr Vater hätte ihn gemocht.
    Besonders die Geschichte der Maismutter, eine alte Indianerweisheit, verblieb Beata im Gedächtnis, nachdem sie schon angefangen hatte, sich wegen ihres Alters als „tickende Zeitbombe“ selbst zu bemitleiden.
    Die Sage erzählte von einer alten, armen Frau, die hungrig und obdachlos von Dorf zu Dorf zog und um Unterkunft bat. Doch man schickte sie immer wieder fort. Man habe selbst nichts und könne ihr auch nichts geben. Als die Alte ein Dorf weiter wieder um Unterkunft bat, ließ man sie schließlich in die Hütte hinein. Die Dorfbewohner hatten zwar selbst nicht viel, gaben ihr jedoch ein wenig zu essen und ließen sie bei sich in der Hütte am wärmenden Feuer übernachten. Zum Dank half die Alte tagelang auf dem Feld mit und die Dorfbewohner hatten eine so gute Maisernte wie lange nicht mehr.
    Irgendwann verabschiedete sich die Alte dankend und sagte, sie würde nun weiterziehen.
    Doch kaum hatte sie das kleine Dorf verlassen, verschlechterte sich die Ernte so drastisch, dass die Bewohner vermuteten, es müsste etwas mit der Alten zu tun haben.
    Sie hatten Angst, über die bevorstehenden kalten Monate nichts zu essen zu haben, und machten sich auf die Suche nach der Alten, um sie wieder zurück ins Dorf zu holen.
    Als sie sie ein paar Tage später fanden und sie baten, wieder mit zurück ins Dorf zu kommen, riss sie sich schließlich ein Büschel ihrer grauen Haare aus und überreichte es den Dorfbewohnern.
    „Verteilt dieses Büschel einfach über dem Acker und es wird ein prächtiger Mais
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher