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Vorstandssitzung im Paradies

Vorstandssitzung im Paradies

Titel: Vorstandssitzung im Paradies
Autoren: Arto Paasilinna
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waren, sahen wir über uns eine Gruppe Affen. Sie hatten sich neugierig versammelt, um unseren mühsamen Marsch zu beobachten, und dabei kreischten sie laut. Einige brachen Zweige von den Bäumen und bewarfen uns damit. Ein ziemlich feindseliger Empfang.
    »Man müsste ein Elchgewehr haben«, knurrte Waldarbeiter Lakkonen und schielte zu den Tieren, die über ihm herumlärmten.
    Die großen Bäume, ich hielt sie für Mangroven, waren so hart, dass unser kleines Beil nichts ausrichten konnte. Wenn man damit gegen die Stämme schlug, war es, als hätte man einen Witz erzählt.
    Als wir uns hinsetzten, um auszuruhen, begann Lakkonen von seinem Cousin zu erzählen, der einst einen Affen nach Finnland mitgebracht hatte. Der Cousin war Erster Maschinist auf einem Öltanker gewesen und hatte seine Arbeit dort aufgeben müssen, da er seit einem Unfall gelähmt war. Er war also mit seinem Affen nach Kuusamo heimgekehrt und hatte hier dem Tier beigebracht, alles nachzumachen, was er selbst tat.
    »Der Affe aß mit Messer und Gabel, wenn mein Cousin es tat, und wenn mein Cousin sich schlafen legte, ging auch der Affe ins Bett. Mein Cousin hatte ihm ein Lager im ehemaligen Kinderbett unserer Alina zurecht gemacht, und da lag das Vieh dann lang ausgestreckt, genau wie ein Mensch. Mein Cousin wollte für den Affen sogar einen kleinen Rollstuhl anschaffen, damit der genau wie er selbst damit umherfahren konnte. Aber dazu kam es nicht mehr, der Affe wurde nämlich von einem Lieferwagen überfahren. Mein Cousin begrub ihn in einem Menschensarg, er war fünfundneunzig Zentimeter lang. Auf einem richtigen Friedhof durfte mein Cousin ihn allerdings nicht bestatten, dabei hätte er ohne weiteres eine ganze Grabstelle gekauft. Ich kam auf die Idee, wenigstens eine Todesanzeige in die Zeitung zu setzen, und das taten wir dann auch. Ich weiß nicht mehr, was mein Cousin genau geschrieben hatte, aber jedenfalls kam ungefähr ein Dutzend Trauergäste zu uns ins Haus, weil sie gar nicht gemerkt hatten dass die Anzeige nicht einem Menschen, sondern einem Affen galt.«
    Nach langem Umherirren stießen wir auf eine Palme, allerdings ohne Früchte, und diesmal erwies sich unser Beil als stark genug. Es dauerte eine Stunde, das Ding zu fällen, denn der Stamm war ziemlich dick. Wir teilten ihn in drei Stücke und trugen ihn so zum Strand. Für den Weg brauchten wir fast zwei Stunden.
    Herrje, das ging aufs Herz. Vanninen sagte, dass es kein Wunder wäre, wenn ein Mensch, der an geistige Arbeit gewöhnt ist, nach solcher Anstrengung einen Herzinfarkt bekommt. Bei diesen Worten sah er mich an, so als erwartete er, dass bei mir postwendend die Symptome auftreten würden.
    Das geschah allerdings nicht.
    Irgendjemand wusste zu berichten, dass sich Haie vor gelber Farbe fürchten und die Flucht ergreifen, wenn man reichlich Gelb im Meer verteilt. Allerdings konnte niemand die Information bestätigen, geschweige denn sagen, wie wir uns die gelbe Farbe beschaffen sollten.
    Wir nahmen die Fertigung der Ruder sofort in Angriff. Es war eine mühselige Angelegenheit, und so sahen wir uns gezwungen, Gruppen einzuteilen, damit die ganze Nacht hindurch gearbeitet werden konnte. Zum Zubehör des Rettungsfloßes gehörte außer dem Beil ein starker Dolch, und der war uns jetzt von Nutzen. Wir holten uns aus dem Dschungel Brennholz, entzündeten mehrere Feuer, und die ganze Nacht hindurch dröhnten die Beilschläge am Strand.
    Es war eine bemerkenswerte Stimmung: die tropische Nacht, wachende Menschen an Lagerfeuern, der sternklare Himmel, dazu die Geräusche des Dschungels… Ich lag im Sand, eine Rettungsweste als Kopfkissen, und war am Einschlafen, als ich unsanft gestört wurde, weil die schwarze Hebamme zu mir kam und sagte, dass ich an der Reihe sei, das Beil zu schwingen. Ich ging mit ihr ans lodernde Feuer, und dabei registrierte ich, dass sie unterwegs die Hand auf meine Schulter legte, so wie es eine Mutter bei ihrem Kind tut.
    Ich schnitzte eine Stunde lang an dem Ruder und bekam den linken unteren Teil des Blattes fertig. Dann wurde gewechselt. Der englische Navigator Keast übernahm verdrossen meinen Part, wenn ich seine Miene im Feuerschein richtig deutete.
    Ich kehrte zu meinem Schlafplatz zurück, konnte ihn aber nicht wieder einnehmen, denn auf der Rettungsweste schlummerte eine Krankenschwester oder Hebamme, und ich mochte sie, Frau oder junges Mädchen, wie sollte ich das in der tropischen Finsternis erkennen, nicht aufwecken.
    Der Morgen brach
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