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Vorstandssitzung im Paradies

Vorstandssitzung im Paradies

Titel: Vorstandssitzung im Paradies
Autoren: Arto Paasilinna
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zurückgefallen, aber er legte ein höllisches Tempo vor. An der Wendestelle hatte er bereits die letzten Boote eingeholt, und er beschleunigte noch mehr. Er paddelte völlig nackt.
    Als die Teilnehmer sich dem Ziel näherten, lag der Taucher schon auf dem dritten Platz. Wäre die Strecke noch ein bisschen länger gewesen, hätte er gewonnen, obwohl er zwischendurch pausiert hatte. Alle Leute rannten auf den Steg, und auch jede Menge Journalisten warteten schon, um Fotos zu schießen. Niemand kümmerte sich um den Sieger oder den Zweitplatzierten. Der Taucher freute sich wahnsinnig über seinen dritten Platz und vergaß völlig, sich anzuziehen, er kletterte so, wie er war, auf den Steg. Am nächsten Tag war sein Bild in allen Zeitungen, auch die Osloer Blätter zeigten den nackten Mann. Als man ihn fragte, warum er getaucht war, sagte er, dass mitten im Wettkampf seine automatische Armbanduhr ins Wasser gefallen war und dass er sie hatte zurückholen wollen. Weit unten hatte er sie erwischt. Der Fjord vor Narvik ist so tief, dass er die Uhr nicht mehr gekriegt hätte, wenn sie bis auf den Grund gesunken wäre. Wenn es eine Taschenuhr gewesen wäre, so sagte der Mann, wäre es sinnlos gewesen zu tauchen. Eine Armbanduhr sinkt halb so schnell, weil ein Lederarmband daran ist.«
    Wir blickten wieder aufs Meer. Auch dort wurde weiter getaucht. Es schien, als ginge alles gut.
    Inzwischen war am Ufer ein Streit entbrannt. Es gab Meinungsverschiedenheiten, welche Sprache offiziell in der Gruppe gesprochen werden sollte.
    Den Streit hatte eine schwedische Krankenschwester vom Zaun gebrochen, die es offenbar satt hatte, dauernd Finnisch zu hören. Sie erklärte, dass es für den Rest der Leute unzumutbar sei, sich nur wegen der zahlenmäßigen Mehrheit der Finnen tagtäglich deren Sprache anhören, geschweige denn diese sprechen zu müssen. Besser wäre es, Schwedisch, Norwegisch oder gegebenenfalls Englisch zu wählen.
    Die finnischen Waldarbeiter reagierten gereizt auf diese sprachpolitische Stellungnahme und machten der Frau eines klar: Falls sie und ihre Landsmänninnen an diesem Strand schwedisch plappern wollten, dann gefälligst so leise, dass es zumindest die Finnen nicht hörten.
    Der britische Copilot Reeves bemerkte, dass die Wahl der gemeinsamen Sprache ohne weiteres auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden könnte. Statt zu streiten, sollten wir lieber ein paar Leute auf Nahrungssuche in den Dschungel schicken.
    Die anderen reagierten abweisend auf den Vorschlag. Aber als die schwarze Hebamme und ich uns ebenfalls dafür aussprachen und dies auch auf Schwedisch zum Ausdruck brachten, fanden sich genügend Freiwillige.
    Die Gruppe machte sich auf den Weg in den Dschungel. Wir, die wir zurückblieben, versahen sie mit unseren hungrigen Wünschen.
    Während der ganzen Zeit war die Besatzung des Floßes fleißig ins Meer getaucht. Endlich zogen sich die Männer wieder an und kamen zurück. Nach fünfzehn Minuten stieß das Floß ans Ufer. Wir alle, die wir ausgehungert warteten, rannten hin, zogen das Floß auf den Strand und machten uns über die Ladung her: Plastikkisten, ein Bündel Elektrokabel, ein Flugzeugsitz.
    Die Plastikkisten enthielten den abgepackten Lunch für die Passagiere. Wir trugen die großen Behälter eilends an den Strand, es waren insgesamt dreiundzwanzig Stück.
    »Die retten zumindest vorläufig unser Leben«, sagte Vanninen. Wir beschlossen, ein Drittel der Kisten zu öffnen, die restlichen vergruben wir im Sand. Und von dem ersten Drittel, das wir verzehren wollten, würden wir einen entsprechenden Teil für die Leute beiseite legen, die in den Dschungel gegangen waren. Die heruntergebrannten Lagerfeuer wurden schleunigst wieder entfacht, die Kisten geöffnet. Die abgepackten Portionen bestanden aus Brathähnchen, Gemüse und Pommes frites. Weil die Verpackung wasserdicht war, war das Essen völlig in Ordnung. Oh, welche Freude!
    Wir aßen das Hühnerfleisch fast mit Haut und Knochen.
    Einige aßen ihre Portion langsam, jeden Bissen genießend. Aber viele andere waren zu hungrig, um die Mahlzeit genießen zu können. Sie bissen große Fleischstücke ab, schlangen sie ohne zu kauen hinunter, und bald war ihre Portion verzehrt. Zwei Frauen, die als Erste fertig waren, schnappten sich plötzlich die Hühnerkeulen ihrer Nachbarn und rannten mit der Beute in den Dschungel. Sie versteckten sich im Dickicht und verschlangen das entwendete Fleisch.
    Es war wie ein Signal. Die Menschen am
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