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Vorstandssitzung im Paradies

Vorstandssitzung im Paradies

Titel: Vorstandssitzung im Paradies
Autoren: Arto Paasilinna
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informieren. Der Steward vergewisserte sich, ob ich wirklich der Meinung sei, und er gestand, dass er ebenso denke. Nach diesen Worten erhob er sich und kämpfte sich durch die wankende Maschine ins Cockpit durch.
    Kurz darauf ertönte aus den Lautsprechern die Stimme des Flugkapitäns. Er teilte mit, dass die Flughöhe etwa zehntausend Meter betrage und dass wir nach Südosten flögen. Allerdings lasse sich nicht feststellen, wo wir uns befänden, lediglich Flugrichtung und -höhe seien ihm noch bekannt.
    Anschließend bekamen wir vom Kapitän, der sich als Mister Taylor vorgestellt hatte, einige der üblichen eleganten Umschreibungen zu hören: dass er sich nicht im eigentlichen Sinne verirrt habe, keineswegs, sondern dass er lediglich infolge der ungewöhnlichen Witterung Orientierungsprobleme habe und dass sich niemand Sorgen zu machen brauche.
    Dessen ungeachtet bat Kapitän Taylor die Passagiere, sich anzuschnallen und das Rauchen einzustellen. Die Stewardessen verteilten Kissen, die wir uns auf die Knie legen sollten. Sie erklärten uns das Reservesauerstoffsystem der Maschine, zeigten uns, wo die Notausgänge waren und wo sich die Rettungswesten befanden. Ich tastete unter dem Sitz nach der meinen und dachte, wie schrecklich es wäre, wenn ich sie anlegen müsste.
    Ich sagte zum Steward, dass all diese Maßnahmen bereits erklärt worden seien, als wir in Tokio gestartet waren.
    »Dies bedeutet noch nicht, dass Gefahr besteht«, sagte er unsicher. Der Klang seiner Stimme ließ darauf schließen, dass die Katastrophe unmittelbar bevorstand.
    Ich fragte mich, ob ich wohl je nach Australien gelangen würde. Seit zwei Jahren hatte ich die Reportagereise geplant und sie nun endlich antreten können.
    Schon bald ging mir allerdings anderes durch den Kopf. Die Maschine kippte nämlich schwer nach links. Ich saß auf der rechten Seite am Fenster und blickte kurz hinaus, sah aber nur Dunkelheit. Mein Glas fiel zu Boden, der Steward bemerkte es nicht. Das Glas rollte unter den Sitzen hin und her und dann durch den Mittelgang bis an die Wand des Cockpits, wo es zerbrach. Scherben bringen Glück, dachte ich, ohne allerdings wirklich daran zu glauben.
    Die Maschine torkelte durch die Luft und kippte von einer Seite auf die andere, dann erlosch das Licht. Es schien, als wäre der rechte Motor ausgefallen. Später zeigte sich, dass genau dies der Fall gewesen war.
    Die Trident trudelte abwärts ins Meer. Die Lautsprecher knackten, die Stimme des Kapitäns war zu hören. Er war nicht mehr wirklich ruhig. Seinen Worten war so viel zu entnehmen, dass sich die Passa giere auf eine Notlandung vorbereiten sollten. Nachts, bei Sturm, im Stillen Ozean.
    Die Frauen schrien. Ich spürte Druck auf den Ohren, meine Augen tränten. Die Maschine schien direkt ins Meer zu fallen.
    Nach einem langen Sturzflug richtete sich die Maschine ein wenig auf, und wieder war die Stimme des Kapitäns zu vernehmen. Durch die Dunkelheit drang seine Information: »Wir fliegen dicht über dem Meer. Der rechte Motor ist ausgefallen. Wir werden gleich im Wasser landen.«
    Der Kapitän forderte die Passagiere auf, Ruhe zu bewahren, dann ließ er noch verlauten, dass er mit etwas Glück in der Nähe einer Insel landen könnte. Außerdem erklärte er, dass ein Flugzeug dieses Typs nach der Notlandung nicht zwangsläufig auf den Wellen zerschellen würde, sondern dass die Passagiere eine Chance hätten, durch die Notausgänge nach draußen zu gelangen, ehe das Wrack versank.
    Ich spürte deutlich, wie die Maschine mit der Nase nach unten über dem Meer kreiste, und ich sagte mir, dass unser trefflicher Pilot vielleicht tatsächlich nach einer passenden Insel, etwa einer mit einem kilometerlangen Sandstrand, der sich als Piste für die Bauchlandung eignete, Ausschau hielt.
    Im Passagierraum ging das Licht an. Die Stewardessen standen sofort auf und verteilten Rettungswesten. Ich fluchte über die Hersteller: Die Bänder verhedderten sich in der Eile, und es war fast ein Wunder, dass es allen Passagieren gelang, die Westen anzulegen.
    Das Licht erlosch wieder. An der linken Tragfläche tauchte ein heller Lichtkegel auf, wahrscheinlich das Landungslicht.
    Plötzlich schien die Maschine frontal gegen eine Wand zu prallen. Wir wurden alle mit dem Kopf voran an die Vordersitze geschleudert, die Kissen wurden feucht vom Blut, und das Licht erlosch endgültig. Die Tragfläche draußen neben meinem Fenster riss ab und nahm ein Stück Bordwand mit sich, und ich sah in
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