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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo
Autoren: Stone
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nicht richtig gehört.
    »Ganz genau«, antwortete Carver.
    Scheiße .
    Was ihm zu Haiti einfiel: Voodoo, AIDS, Papa Doc, Baby Doc, Bootsflüchtlinge und, neuerdings, die amerikanische Militärintervention namens Operation Restore Democracy, die er im Fernsehen verfolgt hatte.
    Er kannte einige Haitianer – oder hatte sie gekannt –, die in Amerika im Exil lebten und mit denen er in seiner Zeit als Bulle bei Ermittlungen zu einem Fall in Little Haiti, einem Stadtviertel Miamis, zu tun gehabt hatte. Sie hatten wenig Gutes über ihre Heimat zu berichten gewusst – »hartes Pflaster« war noch der netteste Kommentar gewesen.
    Dabei hatte er die meisten Haitianer in guter Erinnerung. Aufrichtige, redliche, hart arbeitende Menschen, die sich in Amerika an einem Ort wiedergefunden hatten, den ihnen niemand neidete: am untersten Ende der Nahrungskette, südlich der Armutsgrenze, mit reichlich Boden gutzumachen.
    Das galt für die meisten Haitianer, die er kennengelernt hatte. Doch es gab natürlich Ausnahmen von der Regel. Ihnen hatte er weniger schlechte Erinnerung als vielmehr Wunden zu verdanken, die niemals ganz verheilten und die schon bei der kleinsten Berührung wieder aufgingen.
    Also eher keine gute Idee, das Ganze. Er war gerade erst aus einem ziemlich üblen Dreckloch gekommen – warum gleich zum nächsten rennen?
    Wegen des Geldes. Darum.
    Charlie wurde seit dem 4. September 1994, seinem dritten Geburtstag, vermisst. Seither hatte es kein Lebenszeichen von ihm gegeben. Keine Lösegeldforderungen, keine Zeugen. Die Carvers hatten die Suche nach dem Jungen nach zwei Wochen einstellen müssen, weil die US-Armee ins Land einmarschiert war und die Bevölkerung mit Ausgangssperren und Reisebeschränkungen praktisch unter Arrest gestellt hatte. Erst Ende Oktober war die Suche wieder aufgenommen worden, und da waren sämtliche Spuren, die von Anfang an eher kalt gewesen waren, bereits komplett überfroren.
    »Eines sollte ich noch erwähnen«, sagte Carver zum Schluss. »Die Aufgabe ist nicht ganz ungefährlich. Sagen wir – sehr gefährlich.«
    »Soll heißen?«, fragte Max.
    »Ihre Vorgänger sind … Es ist nicht gut für sie gelaufen.«
    »Sie sind tot?«
    Carver schwieg einen Augenblick. Sein Gesicht war fahl geworden.
    »Nein. Nicht tot«, sagte er schließlich. »Schlimmer. Viel schlimmer.«

Erster Teil

1
    Ehrlichkeit und Offenheit waren nicht immer das Mittel der Wahl, aber wenn es ging, zog Max sie dem Reden um den heißen Brei vor.
    »Ich kann nicht«, verkündete er Carver.
    »Sie können nicht, oder Sie wollen nicht?«
    »Ich will es nicht, weil ich nicht kann. Es hat keinen Sinn. Sie erwarten von mir, ein Kind zu finden, das seit zwei Jahren vermisst wird, und das in einem Land, das ungefähr zur selben Zeit in die Steinzeit zurückgefallen ist.«
    Carver rang sich ein winziges Lächeln ab, das Max zu verstehen gab, für wie unkultiviert man ihn hielt. Außerdem verriet es, mit welcher Kategorie Reichtum er es hier zu tun hatte. Es war nicht einfach Geld, sondern altes Geld – die schlimmste Sorte, mit den besten Verbindungen in alle Richtungen: mehrgeschossige Banktresore, riesige Aktienvermögen, hochverzinsliche Offshore-Konten, per du mit allen, die irgendwo irgendwas zu sagen hatten, und genug Macht, einen zu zerquetschen wie eine Fliege. Solchen Leuten schlug man keine Bitte ab.
    »Sie haben schon sehr viel schwierigere Aufgaben gemeistert. Sie haben … Wunder vollbracht«, sagte Carver.
    »Ich habe noch keinen Toten zum Leben erweckt, Mr. Carver. Ich hab sie nur ausgegraben.«
    »Ich bin auf das Schlimmste gefasst.«
    »Wenn dem so wäre, würden Sie jetzt nicht mit mir reden«, sagte Max. Und bereute seine Unverblümtheit. Sein einstiges Taktgefühl war im Knast durch Ruppigkeit ersetzt worden. »In gewisser Weise haben Sie recht. Ich habe in meinem Leben einige Höllenlöcher durchkämmt, aber es waren amerikanische Höllenlöcher, und es gab immer einen Bus zurück nach draußen. Aber Ihr Land kenne ich nicht. Ich bin nie da gewesen, und – mit allem Respekt – ich wollte nie hin. Herrgott, die sprechen nicht mal Englisch da.« Woraufhin Carver ihm von dem Geld erzählte.

    Max hatte als Privatdetektiv nicht gerade ein Vermögen gemacht, aber er hatte sich ganz gut geschlagen – hatte genug verdient, um über die Runden zu kommen und sich das eine oder andere Extra leisten zu können. Die finanziellen Dinge des Lebens hatte seine Frau geregelt, die Wirtschaftsprüferin war. Einen
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