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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo
Autoren: Stone
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Name ist Allain Carver . Ich bewundere Sie und alles , wofür Sie stehen . Nachdem ich Ihren Fall aufmerksam verfolgt habe … «
    An dieser Stelle hatte Max aufgehört zu lesen und den Brief seinem Zellenkollegen Velasquez überreicht, der sich ein paar Joints draus gedreht hatte. Velasquez hatte sämtliche Briefe an Max aufgeraucht, nur die privaten nicht. Max nannte ihn den »Müllverbrenner«.
    Max war ein Promi unter den Häftlingen gewesen. Das Fernsehen und sämtliche Zeitungen hatten über seinen Fall berichtet. Es hatte Zeiten gegeben, in denen das halbe Land eine Meinung zu seiner Tat gehabt hatte. Und es hatte sechzig zu vierzig für ihn gestanden.
    In den ersten sechs Monaten hinter Gittern hatte er säckeweise Fanpost gekriegt. Nicht einen Brief hatte er beantwortet. Selbst die aufrichtigsten Sympathiebekundungen ließen ihn kalt. Schon immer hatte er diese Leute verachtet, die irgendwelchen Straftätern Briefe schrieben, die sie im Fernsehen oder in der Zeitung gesehen hatten oder an die sie über eine dieser bescheuerten Brieffreundschaftsvermittlungen für Strafgefangene gekommen waren. Das waren die Ersten, die nach der Todesstrafe schrien, wenn es mal einen ihrer Liebsten traf. Max war elf Jahre Bulle gewesen, und es steckte immer noch viel vom Polizisten in ihm. Viele seiner besten Freunde arbeiteten noch bei der Polizei, und es war ihre Aufgabe, diese Leute vor den Bestien zu beschützen, denen sie Briefe schrieben.
    Als der erste Brief von Carver eintraf, beschränkte sich Max’ Post nur noch auf Briefe von seiner Frau, den Schwiegereltern und Freunden. Seine Fangemeinde war zu dankbareren Objekten wie O. J. Simpson oder den Brüdern Menendez übergelaufen.
    Carver beantwortete Max’ Schweigen nach seinem ersten Brief mit einem zweiten zwei Wochen später. Als er auch darauf keine Antwort erhielt, bekam Max in der Woche darauf noch einen Brief, in der Woche danach zwei und sieben Tage später noch einmal zwei. Velasquez war glücklich. Er schätzte Carvers Briefe, weil das Papier – dickes, cremefarbenes Briefpapier mit Wasserzeichen und Carvers Namen, Adresse und Telefonnummern in sattgrüner Folienprägung oben rechts – irgendetwas enthielt, das ganz fantastisch mit seinem Gras reagierte und ihn noch breiter machte als gewöhnlich.
    Carver spielte verschiedene Taktiken durch, um Max’ Aufmerksamkeit zu erlangen. Er nahm anderes Briefpapier, schrieb mit der Hand und ließ andere für sich schreiben, doch alle seine Versuche landeten in der Müllverbrennung.
    Also verlegte er sich aufs Anrufen. Er musste ein ziemlich hohes Tier bestochen haben, da nur ausgewählte Insassen Anrufe von draußen entgegennehmen durften. Ein Wärter hatte Max aus der Küche geholt und in eine Besuchszelle gebracht, wo eigens für ihn ein Telefon installiert worden war. Das Gespräch dauerte gerade lange genug, dass Carver seinen Namen sagen, Max ihn wegen seines Akzents in die Schublade »Engländer« stecken und ihm sagen konnte, was er von ihm hielt und dass er ihn nie wieder anrufen solle.
    Aber Carver gab nicht auf. Bei der Arbeit, beim Hofgang, beim Essen, unter der Dusche, in der Zelle, nach Beginn der Nachtruhe, ständig wurde Max geholt. Dabei lief das Gespräch immer gleich ab. Max sagte »Hallo«, hörte Carvers Namen und legte auf.
    Irgendwann beschwerte sich Max beim Gefängnisdirektor, was der wahnsinnig witzig fand. Für gewöhnlich klagten die Insassen über Schikanen von drinnen . Er erklärte Max, er solle sich nicht so mädchenhaft anstellen und drohte, ihm ein Telefon in der Zelle installieren zu lassen, wenn er ihn weiter mit solcher Kinderkacke belästigte.
    Max erzählte seinem Anwalt Dave Torres von Carvers Anrufen. Torres unterband sie. Er bot ihm auch an, Informationen über Carver einzuholen, aber Max lehnte dankend ab. In Freiheit wäre er höllisch neugierig gewesen, aber im Knast gehörte Neugier zu den Dingen, die man zusammen mit den Zivilklamotten und der Armbanduhr gleich am Eingang abgab.
    Am Tag vor seiner Entlassung wollte Carver Max einen Besuch abstatten. Max weigerte sich, ihn zu sehen, und so hinterließ Carver ihm einen letzten Brief, wieder auf dem alten Briefpapier.
    Max überreichte ihn Velasquez als Abschiedsgeschenk.

    Sobald er draußen war, würde er nach London fliegen, das hatte er fest vor.

    Die Idee mit der Weltreise stammte von seiner Frau. Seit jeher war sie fasziniert gewesen von fremden Ländern, von deren Kultur und Geschichte, deren Denkmälern und den
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