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Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Titel: Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)
Autoren: Sebastian Schnoy
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dem Weg zur Polizeistation hagelte es wüste Beschimpfungen von Familienmitgliedern, Stammgästen und Freunden des Restaurantbesitzers, und die Steuerbeamten atmeten erst auf, als sie im schützenden Gebäude angekommen waren. Etwas zu voreilig, wie sich bald herausstellte, denn der empörte Mob beschoss das Haus mit Silvesterraketen, warf Steine und Böller und kappte schließlich sogar die Stromleitung.
    Ein Schiff, das vom Festland mit dem Auftrag kam, den verhafteten Steuerhinterzieher mitzunehmen und dem Staatsanwalt in Piräus vorzustellen, wurde ebenfalls so heftig angegriffen, dass es nicht anlegen konnte. Erst am Tag darauf konnten weitere Polizeikräfte für Ruhe sorgen. Und das alles nur, weil der Staat seine Bürger aufforderte, Quittungen auszustellen. Wo käme man denn da auch hin?
    Anscheinend machen sich die griechischen Behörden erstmals dazu auf, genauer nachzuschauen. Und so fragen sie sich erst heute, wieso ein Gärtner mit einem angegebenen Einkommen von weniger als zweihundert Euro im Monat in der Lage war, über sechshunderttausend Euro ins Ausland zu überweisen.
    Ein Bauer hatte gar sein gesamtes Jahreseinkommen mit knapp unter fünfhundert Euro gemeldet. Auf einem Kontoauszug fanden Ermittler eine Überweisung über zwölf Millionen Euro. Wenn er es geschafft hat, zweihundertvierzigtausend Jahre ein Zehntel seines kargen Lohnes zu sparen, läge eine solche Überweisung natürlich durchaus im Bereich des Möglichen.
    Ließen diese Hellenen das ausgeprägte Schummeln sein, wäre bei ihnen ein Wachstum von fünfundzwanzig Prozent innerhalb eines Jahres möglich. Fünfundzwanzig Prozent! Das schaffen nicht mal die Chinesen.
    Trotzdem, das Vorurteil: Deutsche zahlen Steuern, Griechen hinterziehen sie, beleidigt all jene Griechen, die ehrlich sind. Deshalb gehört es überwunden. Uli Hoeneß hat es geschafft. Er hat Europa in Sachen Steuerehrlichkeit ein gutes Stück zusammengebracht.
    Taschenpfändung
    Ich hätte in Sachen Kreditsicherheit eine Idee: Wäre es für den Kreditgeber nicht eine besonders vertrauenswürdige Geste, wenn die Pleiteländer die Kredite mit Grundstücken absichern würden? Hier böten sich vor allem einige der zahlreichen Inseln an. Unser Regenland könnte nichts besser gebrauchen als eigene Sonneninseln. Vor allem, wenn Spanien weiter taumelt, wäre der Ausblick auf den Verkauf von Mallorca ein großer Anreiz für weitere Hilfen. Natürlich würden auch bei einem Verkauf alle Privatgrundstücke Eigentum ihrer bisherigen Besitzer bleiben, aber trotzdem: eine eigene Insel! Die ist viele Milliarden wert, es würde also wirklich Geld in die marode Kasse kommen, und für uns wären Mallorca als 17 . und Korfu als 18 . Bundesland eine tolle Sache!
    Wem das zu weit geht, könnte wenigstens mit Kulturerbe-Sponsoring Geld einsammeln. Bei Fußballstadien sind wir es gewöhnt, dass sie erst
AOL -Arena
heißen, dann wieder
Allianz
- oder
O 2 -Arena
, je nachdem, wer gerade die Namensrechte gekauft hat. Wenn die Griechen bereit wären, auf absehbare Zeit statt Akropolis
McDonald’s Akropolis
zu sagen oder statt Rhodos
Apple Island
, flösse dringend benötigtes Geld wie von selbst. Aber mich fragt ja keiner.
    Leider hat man sich im Gegensatz dazu etwas ausgedacht, das wirklich Anlass zum Zweifeln gibt: die sogenannte Schuldenbremse, das in die Verfassung aller Eurostaaten eingetragene Versprechen zur Begrenzung und Abbau der Schulden. Sie soll die Bereitschaft der Bevölkerung zu höheren Hilfsleistungen und das Vertrauen der Finanzmärkte in einen hohen Schuldenstand fördern. Das Paradoxe daran: Die Einführung der Schuldenbremse ist Voraussetzung dafür, neue Schulden zu machen. Wer also auf seinen Schuldenberg noch ein paar Milliarden neue Schulden drauftürmen möchte, muss vorher unterschreiben, dass er sich in Zukunft um die Begrenzung seiner Schulden bemüht. Das wäre in etwa so, als wenn ein Heroinabhängiger unterschreibt, dass er in Zukunft seinen Drogenkonsum verringern will und dafür einen neuen, noch größeren Drogenvorrat bekommt und mehr konsumieren kann als jemals zuvor.
    Früher war alles besser
    Ist es deshalb nicht zwecklos, das Geld der deutschen Steuerzahler in dieses oder andere europäische Geldgräber zu schmeißen? Ja, es ist sinnlos, sagte der Mann in der Kneipe, der schon mit der Frage «Was hat uns die EU überhaupt gebracht?» nur eine rhetorische Frage stellen wollte.
    Doch die Frage, die der Titel dieses Kapitels aufwerfen soll, ist die, wohin die
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