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Von Flammen verzehrt

Von Flammen verzehrt

Titel: Von Flammen verzehrt
Autoren: Emily Bold
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verstärkten ihre Übelkeit. Hass auf den Wanderer, heiß wie flüssige Lava, entbrannte in ihrem Herzen.
    „Es wird ihr wehtun, wenn ich es entferne. Und es wird wieder anfangen, zu bluten“, gab Arjen zu bedenken, aber Fay sah ihn entschlossen an.
    „Mach es ab! Sofort! Wenn sie aufwacht, will ich nicht, dass sie so etwas an die furchtbare Zeit erinnert. Ganz zu schweigen von dem Kerl!“
    Sie hielt ihre wimmernde Schwester fest, als Arjen zaghaft die einzelnen Spitzen herauszog. Er gab sich Mühe, das konnte Fay sehen, aber trotzdem wand sich Chloé vor Schmerzen. Das schmatzende Geräusch, jedes Mal, wenn ein weiterer Dorn aus ihrem Fleisch glitt, ließ selbst den abgebrühten Krieger blass werden.
    Da Cruz inzwischen das Tempo drosselte, wankte das Boot nicht mehr so stark, und das erleichterte Arjens Arbeit. Er war gerade fertig, als sie das Ufer ansteuerten.
    „Was ist los?“, fragte Fay und sah sich um. Sie hatten Rom, ihre Feinde und Julien längst hinter sich gelassen.
    Lamar stand auf. Er nickte seinen Brüdern zu und versuchte sich für Fay an einem Lächeln. Dann sprang er von Bord. Ohne ein Wort ging er davon, den Blick aus seinen eisblauen Augen auf die fernen Dächer der Ewigen Stadt gerichtet.
    „Cruz?“, rief Fay, als dieser den Motor wieder hochdrehte und davonfuhr, aber es war Arjen, der antwortete.
    „Lamar missachtet mal wieder einen Befehl!“

Böses Erwachen

     
     
     
    Marzia stand am Fenster und sah hinaus in die Nacht.
    „Ihre Einmischung war nicht nötig“, wies sie Fischer erneut zurecht, ohne ihre Betrachtung zu unterbrechen. „Gehen Sie nun und lassen Sie weiterhin Wachen vor der Tür postiert. Außerdem verstärken Sie für die nächsten Tage alle Sicherheitsmaßnahmen.“
    Der Oberst der Schweizer Garde nickte und verneigte sich.
    „Sehr wohl. Und was machen wir mit ihm?“
    Er deutete auf den reglosen Körper, der auf der ledernen Récamiere in Paschalis‘ Arbeitszimmer lag.
    „Darum kümmere ich mich. Geht jetzt!“
    Marzia wandte sich nicht um, bis sie das Geräusch der sich schließenden Tür vernahm. Als sie allein war – allein mit Julien Colombier – blieb sie noch eine Weile am Fenster stehen und versuchte, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen.
    Es war nicht ganz so gelaufen, wie sie es sich erhofft hatte. Die Garde hatte versagt. Die Hüter waren, bis auf ihren Anführer, entkommen. Und der Wanderer … sie hatten ihn in der Basilika aus den Augen verloren.
    Sie schlang sich die Arme um den Körper gegen die plötzliche Kälte. Er war also noch dort draußen. Und er hatte die Wahrheit !
    Sie atmete tief ein, wie um sich vor dem zu wappnen, was kommen mochte, und drehte sich um. Im Schein der wenigen Kerzen, die sie entzündet hatte, trat sie näher an die Récamiere. Zögernd setzte sie sich, und, wie eine Mutter bei einem Kind, fuhr sie dem Mann durchs Haar. Es war seidenweich und fühlte sich im Gegensatz zu seiner wächsernen, kalten Haut beinahe noch lebendig an.
    Sie schob die Decke beiseite, die über seinen Körper gebreitet war und strich über die klaffende Wunde in seiner Brust. Die Kugel hatte ein tiefes, faseriges Loch gerissen.
    Ohne jede Emotion betrachtete sie auch die Narben an seiner Seite und die alte Wunde an seiner Brust. Das hatten sie gemeinsam. Narben. Ein endloses Leben bescherte einem viele davon, und nur wenige waren oberflächlich.
    Es war merkwürdig, dass sich diese schöne Männerbrust unter ihren Fingern nicht zum Atemzug hob. Marzia legte ihre Hand flach auf das stillstehende Herz.
    Wie sich Sterben wohl anfühlte?
    Eine ganze Weile saß sie reglos neben dem Mann, der einst ihr Verbündeter gewesen war. Sie hatte ihm vertraut. Dem Mann, der mehr Ehre im Leib hatte als irgendwer sonst. Der es zu seiner Mission gemacht hatte, die Wahrheit zu schützen!
    Wir sind keine Feinde, Marzia , hatte er ihr vor langer Zeit versichert. Deine Kirche ist etwas, wonach sich die Menschen sehnen, etwas, das ihnen guttut. Dass das Fundament ihre Glaubens eine Lüge ist, ist dabei unwichtig. Du hast von uns nichts zu fürchten. Wir wollen diesen Frieden nur erhalten.
    Marzia kniff böse die Lippen zusammen.
    Dieser Heuchler! Sie hatte seinen Verrat mit eigenen Augen gesehen! Dem ärgsten Feind hatte er die Wahrheit überlassen, obwohl die katholische Kirche den Hütern unermesslichen Reichtum für ihr Schweigen gegeben hatte.
    Sie waren nichts weiter als lumpige Erpresser, die sich ein heroisches Ziel auf die Flagge schrieben!
    Marzia sprang auf.
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