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Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Titel: Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)
Autoren: Achill Moser , Wilfried Erdmann
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Wanderung durch die Wahiba Sands nur wenig von der Tiervielfalt zu Gesicht bekommen. Hin und wieder kreuzten ein paar Echsen und Wüstenspringmäuse meinen Weg. Zweimal sah ich eine Gazelle, sehr scheue Tiere, die eigentlich eher in den sandfreien Gebieten der Wüste leben; sie flüchteten rasch, als sie mich bemerkten. Dafür gab es Tausende von Käfern in unterschiedlichster Form und Größe, die eilig über die Dünenflächen krabbelten, oft im losen Sand strauchelten, darin schwammen oder tauchten. Auch stieß ich täglich auf Spuren von Schlangen, die hier zuhauf lebten: Arabische Sandboas, Eidechsennattern, Sandrennnattern und Sandrasselottern, die sich seitenwindend fortbewegen und sich blitzschnell in den Sand eingraben können. Mühelos gleiten manche dieser Schlangen in tiefere Sandschichten, wenn ihnen die Sandoberfläche zu heiß wird, sodass sie die heißesten Stunden des Tages in ihrem unterirdischen Versteck verschlafen. Besonders vorsehen musste ich mich vor der etwa 80 Zentimeter langen Hornviper. Eine Giftschlange, die man an den spitzen Schuppendornen oberhalb der Augen erkennen kann und die ich zuweilen am Abend in der einen oder anderen Sandkuhle entdeckte, wenn ich mir mein Lager herrichtete. Mit einem langen Stock verscheuchte ich dann die Vipern. Doch wenn ich mich auf meiner Decke im Sand ausstreckte, war ich manchmal unsicher und schaute um mich herum, ob ich mein Nachtlager nicht doch mit einer Hornviper oder anderem giftigen Getier teilte.
    Da war die Nacht: Eingehüllt in glitzernde Dunkelheit, lag ich im Freien auf einer Decke im weichen Sand, wenn der Wind endlich zur Ruhe gekommen war. Um mich herum herrschte völlige Stille. Ich hörte mein eigenes Blut rauschen, während die Augen in das Sternenmeer eintauchten. Über mir, auf einem schier grenzenlosen Tuch aus dunkelstem Blau, strahlten Tausende und Abertausende von Lichtpunkten, die dicht beieinanderstanden: glanzvoll und unwirklich. Ich sah Lichterbahnen, Lichterteppiche und immer wieder Sternschnuppen, die mit leuchtendem Schweif durch die Milchstraße zischten. Manchmal zählte ich in einer Nacht so viele Sternschnuppen, dass ich schon längst keine Wünsche mehr hatte. Und wenn sich Schlaf und Wirklichkeit ineinanderschoben, war das Licht der Sterne das Letzte, was ich sah, ehe mir die Augen vor Müdigkeit zufielen.
    Und schließlich das Arabische Meer: Ich erblickte es am Ende eines welligen Sandteppichs, jenseits der Küstenstraße, die den Norden des Oman mit dem Süden verbindet. Unter der hohen Mittagssonne erstreckte sich ein blauer wogender Streifen Unendlichkeit. Karges Wüstenland rollte zum Meer hin aus. Nur hier und da spärliches Buschwerk, mehr Steine als Grashalme. Der Himmel darüber, in dem große Wolkenovale schwebten, war die Grenze. Was für ein Kontrast! Eben noch die Gleichförmigkeit des gelben Sandmeers und das Laufen zwischen hohen Dünen – und nun ein ozeanisches Blau, das mir die Weite des Meeres bot. Schritt für Schritt lief ich über einen ausgedehnten Strand, näherte mich den Wellen, die von weit herkamen, die sich kräuselten, gewundene Kanäle erzeugten, um gischtend zu zerfallen. Die Sonne war so grell, dass das Wasser ihre Strahlen reflektierte. Ganz deutlich nahm ich dieses stetige Ziehen und Schieben der See wahr, während die Brandung hoch aufschäumte, Gischt über die Kämme sprühte, lange Wellenzüge heranrauschten und auf dem Strand ausrollten. Meeresschaum auf hellbraunem Sand. Zischendes Wasser, das meine Zehen und Füße benetzte, die Beine bis zu den Knien umspülte. Ich spürte den Wind, der auf das Land zublies. Feinsalzige Frische. Prickelnde Kühle auf der Haut. Momente, in denen ich das Ankommen genoss.
    Nach einer Weile setzte ich mich auf den Strand. Die Hand voller Sand, ließ ich die Körner langsam durch meine Finger rinnen, wie auch meine Zeit in der Wüste durch das Stundenglas lief. Ich wusste, dass mein Weg in die zivilisiertere Welt nicht mehr weit war und der kleine Küstenort Khuwaymah nur noch wenige Kilometer entfernt lag.
    Für einige Augenblicke ergriff mich Melancholie, denn mir war klar, dass sich ein Tag wie dieser nicht wiederholen würde. Und so saugte ich alles in mich auf, hielt diese Augenblicke fest – und ließ das Wallen des Ozeans eine ganze Zeit lang auf mich wirken. Versunken lauschte ich dem Raunen, Rauschen, Murmeln und Flüstern der See, schaute dem lebendigen Wellenballett zu, fühlte mich der Wüste und dem Meer verwandt und dachte, wie
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