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Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Titel: Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)
Autoren: Achill Moser , Wilfried Erdmann
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schön es wohl wäre, von den rücklaufenden Wasserströmungen hinaus aufs Meer getragen zu werden. Doch die Realität hielt mich am Ufer – ein Zustand des bloßen Da-Seins.



Wüste trifft Ozean – Ein Gespräch
    Im Norden Schleswig-Holsteins, nur zwei Kilometer von Brodersby (Angeln) entfernt, liegt das Missunder Fährhaus, das auf eine lange deutsch-dänische Geschichte zurückblickt. Für Juli ist es ungewohnt still in dem gemütlichen Lokal direkt an der Missunder Enge der Schlei. Eine Kellnerin bringt Wasser und Bier. Achill Moser und Wilfried Erdmann sitzen sich am Fenster gegenüber. Ihre Blicke wandern hinaus zum Ostseefjord Schlei, wo an den Liegeplätzen ein paar Yachten dümpeln. Auf die dunkle Wasser-fläche tröpfelt ein sommerlicher Dauerregen.

 
    Dass wir miteinander reden können, macht uns zu Menschen
    Karl Jaspers
    Erdmann    Das Meer ist blau und grau, die Wüste braun und gelb. Womit wollen wir anfangen?
    Moser    Das Meer ist größer. Fang du an.
    Erdmann    Gut, mache ich gern, aber ich fange doch mit der Wüste an. Für mich ist sie die menschenfeindlichste Region der Erde. Nicht der Berg, nicht der Ozean sind so mörderisch wie die Wüste. Du bist groß, wirkst stark, und ich traue dir lange Strecken zu, aber wie hast du das mit dem Gepäck geregelt? Allein wie du das Trinkwasser transportierst, ist mir ein Rätsel. Man kann sich doch nicht alle Lasten auf den Rücken packen!
    Moser    Wenn ich mit Kamelen reise, kann ich mehr Dinge und Proviant mitnehmen. Die ganze Ausrüstung wird dann in großen Satteltaschen verstaut. Anders ist es, wenn ich nur mit einem Rucksack unterwegs bin. Dann bin ich Mensch und Kamel in einem, muss mich stark begrenzen, um nicht so viel schleppen zu müssen.
    Erdmann    Logisch, das hätte ich mir denken können, ich muss mir über Stauprobleme an Bord keinen Kopf machen. Wie viel Kilo packst du dir überhaupt auf den Rücken?
    Moser    Im Rucksack habe ich nie mehr als 15 oder 20 Kilo auf den Schultern. Ich wandere nach dem Motto: Nimm nur mit, was du tragen kannst. Allerdings hatte ich als junger Kerl, mit siebzehn Jahren, viel zu viele Sachen im Rucksack. Fast 30 Kilo. Völliger Wahnsinn! Reduzierung musste ich erst lernen. Seltsam war, dass ich damals in Marokko weder an den Strand noch ans Meer wollte. Stattdessen zog es mich in die große Wüste Afrikas, obwohl viele meiner Freunde von Südostasien und Indien schwärmten. Indien war ja auch dein erstes großes Ziel.
    Erdmann    Ja, wer aus Mecklenburg kommt und siebzehn Jahre alt ist, der will gleich bis ans Ende der Welt. Und das war für mich Indien. Also setzte ich mich aufs Rad, und los ging es durch viele exotische Länder Arabiens bis in den Süden Indiens. Dort angekommen, war ich so platt, dass ich begann, mich für Reisen auf dem Meer zu interessieren.
    Moser    Mich hat damals die Wüste in Marokko total begeistert. Da war die Vielfalt der Landschaft und die ungeheure Stille. Ich fühlte mich so herrlich weit weg von der normalen Welt, als wäre ich auf einem menschenleeren Planeten gelandet. Und dann die Weite, die so magisch verlockend ist, wie stürzende Tiefen; eine Weite, die mich im Laufe der Zeit regelrecht süchtig gemacht hat. Und dann natürlich das Wüstenwandern. Man läuft nicht nur durch eine wüste Landschaft, sondern geht auch durch »innere Wüsten«. Das hat mich am meisten überrascht, dass die Wüste eine riesige »Denklandschaft« ist. Beim stetigen Dahinlaufen verändert sich nicht nur die Landschaft, sondern auch der eigene »Gedankenhorizont«, das ist schon eine irre Erfahrung! Dieser Gedankenwelt ist man total ausgeliefert – und ich musste lernen, mich selber auszuhalten, ohne jede Ablenkung. Das war für mich das Schwerste beim Unterwegssein in der Einsamkeit. Und bei dir?
    Erdmann    Ich bin sehr wetterabhängig. Läuft alles nach Wunsch, bin ich total begeistert von meiner Situation. Ich schwebe an Bord. Auch bei richtigen Flauten und normalen Sturmphasen fühle ich mich noch gut. Mich fasziniert beim Alleinsegeln das Unerreichbarsein. Mehr noch, das machen zu können, was man will. Ich muss niemandem Rechenschaft abgeben. Wäre ich sonst Einhandsegler? Und trotzdem waren auch meine langjährigen Fahrten mit Astrid und Sohn Kym Paradiestörns. Klar, nicht immer läuft alles rund. Wäre auch zu langweilig. Aber wir hatten an Bord die schönsten Zeiten unseres Lebens. Achill, wie wirst du eigentlich genannt: Wüstengänger,
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