Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen
Autoren: Delilah S. Dawson
Vom Netzwerk:
Koffer.«
    Sie lächelte beinahe freundlich. »Na bitte. Das klingt schon besser. Warum bist du hier?«
    »Um dich zu töten und Frostland zurückzuerobern.«
    »Oh, ich denke, dazu wird es nicht kommen. Bisher machst du deine Aufgabe nicht sehr gut.«
    Ich versuchte, meine Zunge oben an den Gaumen gedrückt zu halten, während ich über ihre Schulter schaute. Casper saß über das Cembalo gebeugt, sein Gesicht erfüllt von Verzückung. Es war wirklich das wunderschönste Lied, das ich je gehört hatte. Und ihn diese Hymne spielen zu hören, war eine einmalige Erfahrung, gerade jetzt, da Ravenna Oberwasser hatte. Als ich zum Mond aufsah, konnte ich sehen, wie die Wolken begannen, im Kreis zu wirbeln und zu funkeln, als würden winzige Feenwesen darin fliegen. Der Duft war süß und schwer, wie ein Busch, der jetzt um Mitternacht erblühen wollte, nur dass es sich bei den Blüten um Schneeflocken handelte. Wenn Casper gut genug spielte und wir gut genug tanzten, dann würde der nächste Refrain den ersten Schnee bringen.
    »Was hast du mit Alex gemacht?«, fragte ich.
    »Er steht natürlich unter einem Zauber. Das hat schon viel früher begonnen, bevor ich deine Eltern hinrichten ließ. Alex nimmt regelmäßig etwas von meinem Blud zu sich; es beruhigt ihn und bindet ihn immer stärker an mich. Am Ende dieses Tanzes werde ich unsere Verlobung bekannt geben. Die Hochzeit wird dann im Sommer stattfinden, denke ich, in der Basilika der Aztarte.«
    Das hatte sie nur gesagt, um mich in Wut zu versetzen, und es funktionierte. Meine Klauen gruben sich so fest in ihre Schulter, dass sie zu bluten begann, und die Hand, die ich in meiner hielt, gab ein leicht knirschendes Geräusch von sich. Sie zuckte nicht einmal zusammen, noch machte eine von uns beim Tanz einen Fehltritt. Wenn es ihr tatsächlich gelang, Alex zu heiraten und mich umzubringen, wäre sie Zarina von Frostland bis an ihr Lebensende und würde damit die weibliche Linie meiner Familie für immer beenden.
    »Was ist mit dem König von Sveden?«
    Ein boshaftes Lächeln. »Das ist dann der zweite Akt.«
    »Das Volk wird das niemals dulden«, fauchte ich.
    »Das Volk ist nur Vieh. Doch, sage mir, hast du Casper verwandelt?«
    »Ja.«
    »Dann habe ich allen Grund, dich auszubluten, falls du den Tanz überleben solltest. Ausgezeichnet. Ah, der Refrain.«
    Casper kam zum kompliziertesten Teil der Hymne. Die Tänzer hatten zwei Kreise gebildet, innen ein kleinerer mit den Männern, außen ein größerer mit den Frauen in ihren prächtigen Kleidern. Ich konnte gar nicht mehr sehen, wo Ravennas Klauen endeten und meine begannen, während wir uns drehten, immer weiter, immer schneller. Ihr schwarzer Rock bauschte sich auf wie eine riesige Glocke, eine monströse Blume, während der meine sich nur ein wenig wölbte, und seine schillernden Federn in der Luft schimmerten. Die Frau zu meiner anderen Seite war nicht länger real, nur ein Schatten, der mich an Ort und Stelle hielt. Uns gegenüber wirbelte der Kreis der Männer in die entgegengesetzte Richtung, ein verschwommenes Vorbeihuschen von dunklen Jacketts und leuchtenden Krawatten. Caspers Spiel wurde schneller und kraftvoller, und die Welt schien den Atem anzuhalten – und endlich, mit einem schweren Seufzen, fielen die ersten dicken Schneeflocken im Zentrum der beiden Kreise, direkt über dem Bludaltar.
    Die ersten Flocken erreichten nie den Boden. Man sah sie nur, wenn man im richtigen Moment den Blick hob. Doch dann fielen sie immer stärker, schwer, weiß und rein, mit dem Duft verborgener Blumen, rauen Windes und weiter Wildnis. Ich holte tief Luft, während wir uns drehten, und konzentrierte mich beständig nach oben, während ich stumme Gebete an Aztarte sprach.
    Lass mich Ravenna töten.
    Lass mich meinen Bruder und mein Land retten.
    Lass Casper überleben.
    Ich biss mir fest genug auf die Lippe, dass Blud hervorquoll, und dann spuckte ich in den Wind, in der Hoffnung, etwas Schnee zu treffen und damit meinen Gebeten dabei zu helfen, die Göttin zu erreichen, von der ich mir plötzlich verzweifelt wünschte, dass sie real sein und mich erhören möge.
    Als die Hymne zum letzten Vers kam, hielten die Kreise in ihrer Drehbewegung inne, exakt dort, wo sie begonnen hatten, und die Tänzer gingen zur letzten Szene über. Ravenna zog mich mit einem Ruck an sich und brachte mich so in Position, wie es die Aufgabe des führenden Tänzers war. Wir waren beide außer Atem und beschwingt von der Berührung des ersten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher