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Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt
Autoren: Amy Plum
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»Vincent ist nicht eifersüchtig.« Jules lächelte verschlagen, während er mich eng umschlang. »Und er hat auch gar keinen Grund dazu. Er ist ja nicht nur der Schönste von uns allen, was mir alle Damen nur zu gern bestätigen, sondern noch dazu Jean-Baptistes Stellvertreter.« Er hielt einen Augenblick inne, hob dann seinen Arm und drehte mich schwungvoll um meine eigene Achse, bevor wir wieder die normale Tanzposition einnahmen.
    »Und nicht zuletzt hat er das Herz der entzückenden Kate erobert. Keine Chance, den Meister auszustechen.«
    Auch wenn mir die Worte »entzückende Kate« ein Lächeln entlockten, blieben meine Gedanken an einem Stückchen neuer Information hängen. »Vincent ist Jean-Baptistes Stellvertreter? Was heißt denn das?«
    »Das heißt, wenn Jean-Baptiste je etwas zustoßen sollte ...« Jules machte eine Pause und sah plötzlich beunruhigt aus. Ich vollendete seinen Gedanken in meinem Kopf: Wenn er je ausgelöscht werden würde. »... oder er sich entschließt, sein Amt als Oberhaupt der französischen Revenants niederzulegen, übernimmt Vincent diese Aufgabe.«
    Ich war schockiert. »Wieso hat er mir das bisher noch nicht erzählt?«
    »Vermutlich wegen einer seiner anderen herausragenden Tugenden: Bescheidenheit.«
    Ich brauchte ein paar Minuten, bis diese ganze Stellvertreter-Sache gesackt war und ich Jules wieder in die Augen sehen konnte. »Und was meintest du mit ›Meister‹?«
    »Davon hat er dir auch noch nichts erzählt?« Diesmal sah Jules überrascht aus.
    »Nein.« »Nun, dann werde ich mal aufhören, seine Geheimnisse zu lüften. Das musst du ihn selbst fragen.«
    Also speicherte ich das gedanklich in meinem Was-ich-Vincent-noch-fragen-möchte-Ordner.
    »Das heißt also, wenn Jean-Baptiste zurücktreten würde, wäre Vincent dein Boss?« Ich wollte ihn damit eigentlich aufziehen, sah aber erstaunt, dass sein sonst durch nichts zu erschütternder Gesichtsausdruck Züge von leidenschaftlicher Loyalität annahm.
    »Vincent ist dazu geboren, Kate. Oder besser gesagt wiedergeboren. Ich möchte nicht mit ihm tauschen, bei all der Verantwortung, die er mal tragen muss. Aber wenn es so weit ist, werde ich alles tun, worum er mich bittet. Um ehrlich zu sein, ist das ja schon jetzt so, und dabei ist er noch gar nicht mein ›Boss‹.«
    »Das weiß ich doch«, sagte ich und meinte es. »Das merkt man. Vincent kann froh sein, dich zu haben.«
    »Nein, Kate. Er kann froh sein, dich zu haben.« Er drehte mich ein letztes Mal und mir fiel plötzlich auf, dass er mich tanzenderweise einmal quer durch den Saal geführt hatte. Dorthin, wo Vincent stand. Er ließ meine Hände los, zwinkerte reumütig und übergab mich galant in die Arme meines wartenden Freundes.
    »Und, noch alles intakt?«, stichelte Vincent, zog mich an sich und drückte mir einen sanften Kuss auf den Mund.
    »Nach dieser heißen Tanzeinlage mit Jules bin ich mir da nicht so sicher«, antwortete ich.
    »Der ist doch harmlos«, sagte Geneviève.
    »Das werte ich als Beleidigung«, rief Jules von der anderen Tischseite zu uns herüber, wo er sich eine Champagnerflöte sicherte. »Ich selbst halte mich durchaus für sehr gefährlich.«
    Er prostete uns dreien zu, bevor er auf einen schönen, weiblichen Revenant zuschlenderte.
    »Hab ich dir schon gesagt, wie hinreißend du heute Abend aussiehst?«, flüsterte Vincent und reichte mir ein Glas.
    »Nur ungefähr zwölf Mal«, sagte ich schüchtern und strich nervös über den Rock des bodenlangen zinnfarbenen Kleids, das Georgia mit mir ausgesucht hatte.
    »Perfekt, dreizehn ist schließlich meine Glückszahl«, triumphierte er und musterte mich noch einmal genüsslich von Kopf bis Fuß. »Wobei hinreißend dir wirklich nicht gerecht wird. Vielleicht eher ... umwerfend? Überwältigend? Atemberaubend? Ja, das passt besser. Du siehst atemberaubend aus, Kate.«
    »Hör schon auf!«, lachte ich. »Das sagst du doch nur, damit ich rot werde. Aber das wird dir nicht gelingen!«
    Vincent lächelte siegessicher und streifte meine Wange mit einem Finger. »Zu spät.«
    Ich verdrehte die Augen und weil ein Löffel gegen ein Glas geschlagen wurde, verstummten alle im Saal. Ambrose stellte die Musik aus und die Anwesenden richteten ihre Aufmerksamkeit auf Jean-Baptiste, der sich am Kopfende des Salons dem Publikum in seiner ganzen adligen Spießigkeit präsentierte. Anhand der Gemälde, die die Wände zierten, konnte man erkennen, dass sich Kleidung und Haarschnitt in den letzten 240
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