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Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt
Autoren: Amy Plum
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Füßen befanden.
    »Für den Fall, dass du dein Buch gerade nicht zur Hand hast, soll ich dir von Violette ausrichten, was sie bedeuten.«
    »Weiße Lilien sind ein Symbol des Todes. Dazu brauche ich kein Blumenlexikon.« Ich hätte ihn am liebsten erwürgt. Stattdessen umfasste ich die Blumen mit beiden Händen und zerdrückte sie, riss die Blüten von den Stängeln und warf alles über das Brückengeländer ins Wasser. »Was habt ihr mit ihm gemacht?«, fragte ich.
    »Unsere Anführerin hat seinen Körper in ihr Schloss an der Loire gebracht, wo sie ihn beseitigen wird, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Sie hat mir aufgetragen, dir dies mitzuteilen.«
    »Was hat sie dir sonst noch aufgetragen?« Ich ging leicht in die Knie, die Fäuste geballt. Mein Körper nahm automatisch die Abwehrhaltung ein, die Gaspard mir beigebracht hatte.
    Nicolas grinste. »Wie niedlich. Als hättest du eine Chance gegen mich. Leider habe ich die strikte Vorgabe, dir nicht ein Haar zu krümmen. Violette findet, dass es viel mehr Spaß macht, dich leiden zu lassen.«
    Endlich sprach ich den Gedanken aus, der mich seit unserem Kampf in Sacre-Coeur beschäftigte. »Was habe ich ihr denn bloß getan?«
    Nun schmunzelte Nicolas. »Ich würde das nicht persönlich nehmen. Sie wollte lediglich den Meister finden und du hast ihr bestätigt, dass es wirklich dein Vincent ist. Jetzt, da sie ihn hat, braucht sie dich nicht mehr.«
    »Wieso soll ich dann leiden?«
    »Ach so. Wahrscheinlich, weil du eine Sterbliche bist. Sie ist nicht gerade begeistert von euch Menschen, wie du ja weißt. Die fünfhundert Jahre, die sie damit zugebracht hat, euch bemitleidenswerte Kreaturen zu retten, um ihr eigenes Überleben zu gewährleisten, haben sie wohl irgendwie verbittert.«
    Darüber konnte ich nur ungläubig den Kopf schütteln. Die vielen Jahrhunderte, in denen Violette verpflichtet war, Menschenleben zu retten, sollten ihre Auffassung vom Wert eines solchen verändert haben, wohingegen sie an Arthur spurlos vorübergegangen waren? Wie konnte aus einem jungen, hoffnungsvollen Menschen nur eine jahrhundertealte, verbitterte Unsterbliche werden? Das wollte mir einfach nicht in den Kopf.
    Und noch etwas anderes konnte ich nicht nachvollziehen. »Wieso macht sie sich denn die Mühe, Vincent bis an die Loire zu bringen, wenn sie ihn doch sowieso nur auslöschen will?«
    »Nun«, setzte er schulmeisterlich an, »das hat sie mir natürlich nicht verraten und ich habe auch nicht danach gefragt. Doch als sie damals Lucien auf Vincent ansetzte, hat sie ihm versichert, dass sie über geheimes Wissen verfügt. Dass sie weiß, wie man die Kraft des Meisters auf denjenigen übertragen kann, der ihn auslöscht. Aber ich weiß wirklich nicht, ob das jetzt bedeutet, dass sie ihn noch heute verbrennt, um ihn für immer los zu sein, oder ob sie doch bis morgen wartet, damit sein Geist ihr über die Jahrhunderte noch ein bisschen Gesellschaft leisten kann. Sie ist die Expertin auf diesem Gebiet. Was nicht zuletzt der Grund dafür war, dass wir sie mit offenen Armen empfangen haben.
    Damit ist mein Auftrag ausgeführt und ich werde dich hier zurücklassen. Ich bin mir sehr sicher, dass du bald zu den anderen zurückkehren möchtest, um die Neuigkeiten weiterzugeben. Kannst du dann bitte auch erwähnen, dass ein Rettungsversuch völlig zwecklos ist? Wenn Vincent bisher noch nicht beseitigt wurde, ist er es spätestens, bevor sie ihn erreichen können.« Er schlang seinen Mantel enger um seinen Körper und verschwand schnellen Schritts in die Nacht.
    Ich unterdrückte den Impuls, ihm nachzurennen und von hinten anzugreifen (er hatte recht, ich hatte absolut keine Chance gegen ihn), und ließ mich erschöpft am Geländer entlang auf den Boden rutschen. Den Kopf verbarg ich zwischen meinen Knien und schloss die Augen. Eine Kirchturmuhr schlug zwölf. In mir kämpfte die Hoffnung, dass Violette vielleicht schwindelte, gegen das hoffnungslose Gefühl, dass sie die Wahrheit sprach. Verzweiflung darüber, Vincent niemals wiederzusehen, kämpfte gegen die Entschlossenheit, alles Menschenmögliche zu tun, damit es mir eben doch gelang. Ich wusste, dass ich Ambrose sofort verständigen sollte, um Nicolas’ Nachricht weiterzugeben, aber allein der Gedanke, mein Telefon aus der Tasche zu holen, überforderte mich gerade.
    Das signum lag kalt auf meiner Brust. Ich hob den Kopf und zeichnete mit dem Finger den Umriss des Anhängers auf meinem Hemd nach. Etwas Weißes, das auf der
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