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Vom Himmel hoch

Vom Himmel hoch

Titel: Vom Himmel hoch
Autoren: Hannes Nygaard
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unseren Gefilden. Es gibt auch einen
Rüden in der Familie Dobermann, wobei ich keine Ahnung habe, was der beruflich
macht. Das hindert aber seine Angetraute nicht daran, auf alles Jagd zu machen,
was zwei Beine hat und sich morgens rasieren muss. Und dich und mich bezieht
sie dabei nicht mit ein, weil sie nur auf Frischfleisch aus ist.«
    In der Tat gab es für Christoph immer wieder etwas
Neues im Husumer Umfeld zu entdecken. Vor einem halben Jahr war er als Leiter
der kleinen Dienststelle hierher versetzt worden. Es war gegen seinen Willen
geschehen, doch alle seine Einwände wurden ignoriert. Fast zwanzig Jahre hatte
er Dienst in der Verwaltung in der Landeshauptstadt getan, war mit allen
Schlichen und geheimnisvollen Wegen einer eingefahrenen Bürokratie vertraut
gewesen. Er war ohne jede Erfahrung in der Ermittlungsarbeit vor Ort hierher
versetzt worden und, wie es in der öffentlichen Verwaltung nun einmal üblich
ist, nur aufgrund seines Dienstgrades als Hauptkommissar mit der Leitung
beauftragt worden, obwohl mit dem Oberkommissar Wilderich Remigius Große Jäger
ein in der täglichen Kärrnerarbeit überaus erfahrener Kollege zur Verfügung
gestanden hätte. Doch der hatte bei seinen Vorgesetzten alles andere als einen
Stein im Brett und war deshalb auf das Abstellgleis geschoben worden.
    Der Dritte im Bunde, Kriminalkommissar Harm Mommsen,
stammte aus der Region und war nach dem Abitur in den Polizeidienst
eingetreten, weil sich ihm in dieser strukturschwachen Gegend sonst wenig
interessante Alternativen geboten hätten und er unter keinen Umständen die
Region verlassen wollte. Dazu war er zu sehr mit den Menschen und der herben
Schönheit der Landschaft verbunden.
    »Und weiter?«, fragte Große Jäger in die zeitweilige
Stille hinein.
    »Was heißt, und weiter?«
    »Was soll nun weiter geschehen?«
    Christoph bewegte abwehrend den Arm in der Luft. »Das
ist nicht unser Fall. Da es sich eindeutig um ein Tötungsdelikt handelt, fällt
es in die Kompetenz der Mordkommission. Darüber bin ich auch nicht traurig.«
    »Und was machen wir jetzt?«, wollte der Oberkommissar
wissen.
    Christoph zeigte auf die Aktenstapel, die über die
drei Schreibtische in diesem Büro verteilt lagen. »Ich fürchte, da liegt genug
Arbeit für uns. Wir werden wohl kaum Langeweile haben.«
    In diesem Augenblick kam Mommsen von seinem Einkauf
zurück, und die drei Beamten widmeten sich ihrem Frühstück.
    Große Jäger biss noch einmal von seinem Brötchen ab,
bevor er mit vollem Mund seinen Gedanken freien Raum ließ.
    »Wie kommt die Leiche mitten auf den Marktplatz?«
    Christoph sah ihn über den Brillenrand an, wartete mit
der Antwort aber, bis sein Mund leer war.
    »Ich habe dir schon mehrfach zu erklären versucht,
dass dies nicht unser Problem ist.«
    Störrisch wie ein kleines Kind blieb der Oberkommissar
aber bei seiner unbeantworteten Frage.
    »Trotzdem! Als Exil-Westfale bin ich zwar von Natur
aus katholisch, trotzdem glaube ich nicht, dass Menschen vom Himmel fallen.
Auch wird es keine Riesen mit übernatürlichen Kräften geben, die andere Leute
durch die Luft schleudern.«
    Er schlug mit der flachen Hand leicht auf seine
Schreibtischplatte. »Das macht mich narrisch. Wie ist der dahin gekommen?«
    »Vielleicht ist er aus einem niedrig fliegenden
Flugzeug gefallen, oder aus einem Fesselballon«, mutmaßte Mommsen.
    Christoph schüttelte den Kopf. »Die Lösung wäre zu
einfach. Aber ich denke …«
    Er wurde durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen.
Kurz darauf schob ein uniformierter Beamter einen jungen Mann in den Raum.
    »Den haben wir an einer Tankstelle aufgegriffen,
nachdem er nicht bezahlen konnte«, erklärte der Polizist. »Übernehmt ihr das?«
    Der Oberkommissar nickte und wies mit der
brötchenbewaffneten Hand auf den Stuhl neben seinem Schreibtisch.
    »Setzen!«, kommandierte er.
    Der junge Mann hatte vielleicht gerade die zwanzig
überschritten. Trotz seiner übernächtigten Augen machte er einen gepflegten
Eindruck.
    »Ich habe getankt und wollte mit meiner EC -Karte zahlen«, erklärte er, »aber das
Kassensystem an der Tanke hat die Karte nicht akzeptiert. Und da ich kein
Bargeld dabeihatte und meine anderen Papiere im Hotel liegen, rief der Tankwart
gleich die Bullerei.«
    »Was heißt hier Bullerei?«, fauchte ihn Große Jäger
an. »Du meinst wohl die Polizei!«
    Wie selbstverständlich hatte er ihn geduzt. Der junge
Mann zuckte zusammen.
    »’tschuldigung! Ich hatte ja überhaupt nicht
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