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Vom Himmel hoch

Vom Himmel hoch

Titel: Vom Himmel hoch
Autoren: Hannes Nygaard
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zu spitz geratene Nase störte. Hinter den Brillengläsern
funkelten zwei wache grüne Katzenaugen.
    Sie kam auf die kleine Gruppe zu. Christoph streckte
ihr die Hand zum Gruß entgegen, die sie aber übersah.
    »Johannes«, stellte er sich vor.
    Sie sah ihn mit einem fast strafenden Blick an. »Ich
mag keine Vertraulichkeiten«, entgegnete sie, »auch wenn wir anscheinend
Kollegen sind, muss man sich nicht gleich duzen.« Die Stimme passte nicht ganz
zu ihrem aparten Äußeren, war eine Spur zu hart.
    Christoph sah sie einen Moment verblüfft an, dann
umspielte ein Lächeln seine Mundwinkel.
    »Christoph Johannes. Letzterer ist mein Familienname«,
klärte er das Missverständnis auf.
    Sie sah ihn prüfend an. Kein Muskel zuckte in ihrem
Gesicht.
    »Dobermann!«, nannte sie ihren Namen, um mit noch
härterer Stimme hinzuzufügen: »Erste Hauptkommissarin. Ich leite das K1.«
    »Aha«, erwiderte Christoph, »die Mordkommission.«
    Ein abfälliger Blick streifte ihn. »Ich sagte es
bereits. Was suchen Sie hier? Ich vermute, Sie kommen von der Kripo-Stelle
Husum?«
    Christoph nickte mehr zu sich selbst. Der äußerste
Nordwesten Deutschlands, jene weitläufige und dünn besiedelte Region an der
Nordseeküste mit den Inseln und Halligen, war der Einzugsbereich der
Polizeiinspektion Husum. Dort war auch die kleine Dienststelle der
Kriminalpolizei untergebracht, deren Leiter er war und die disziplinarisch der
Bezirkskriminalinspektion in Flensburg unterstand.
    »Wir kommen aus Husum«, bestätigte er und erklärte,
dass die Leitstelle sie alarmiert hätte.
    »Wir haben es nicht so gern, wenn Laien«, auch das kam
besonders betont über ihre Lippen, »mögliche Spuren am Tatort verwischen. Das
sollten Sie eigentlich wissen, Herr Kollege.«
    Christoph ignorierte die Bemerkung und schilderte, was
er bisher an Erkenntnissen zusammengetragen hatte.
    Ohne ein Wort des Dankes schloss sie die kurze
Unterhaltung ab.
    »Gut! Wir übernehmen jetzt. Sie können dann fahren.
Ich erwarte Ihren schriftlichen Bericht im Laufe des Vormittags.«
    Sie sah sich um und gewahrte Harm Mommsen, der auf die
Gruppe zukam.
    »Wer ist das?«, wollte sie wissen.
    »Das ist mein Kollege, Kriminalkommissar Mommsen.«
    Sie maß den jungen Mann mit einem abschätzenden Blick
vom Scheitel bis zur Sohle, wobei sie ihre Augen im Schritt ungeniert einen
Augenblick zu lange verweilen ließ.
    Dann streckte sie Harm Mommsen die Hand entgegen,
schenkte ihm den Anflug eines Lächelns.
    »Ich bin Frauke Dobermann, Leiterin der
Mordkommission. Und wer sind Sie?«
    Christoph bekam vor Staunen den Mund nicht
geschlossen, während Große Jäger sein breites Grinsen nicht unterdrücken
wollte.
    Mommsen erklärte, dass er mit der Zeitungsfrau
gesprochen habe, die den Toten gefunden hatte.
    Die Frau war, wie jeden Morgen, auf ihrer
eingefahrenen Tour unterwegs. Natürlich hatte er von ihr wissen wollen, warum
sie nicht zuerst den Rettungsdienst oder die Polizei angerufen hatte.
    Sie sei so schockiert gewesen, hatte sie geantwortet,
dass sie im ersten Augenblick keinen klaren Gedanken fassen konnte. Und deshalb
habe sie das aus ihrer Sicht einzig Richtige unternommen, was sich in über
vierzig Jahren Ehe als beste Lösung erwiesen hatte: Sie hatte ihren Robert
gefragt.
    Auch die Befragung des anderen Mannes, der auf seinem
Weg zur Arbeit etwas später dazugekommen war, hatte keine verwertbaren
Ergebnisse gebracht.
    »Wie heißt der Tote überhaupt?«, fragte Mommsen.
    »Das wissen wir noch nicht«, klärte Christoph ihn auf
und sagte mit einem Seitenblick auf Frauke Dobermann: »Um keine Spuren zu
verwischen, haben wir den Toten noch nicht angefasst.«
    »Darum wird sich die Spurensicherung kümmern.« Die
Hauptkommissarin hatte das Zepter fest in der Hand.
    In diesem Moment hörte Christoph ein vertrautes
Niesen, dann ein Husten, dem ein Fluchen folgte.
    Mit einem Metallkoffer in der Hand schleppte sich ein
kleiner, fast glatzköpfiger Mann auf den Marktplatz. Hauptkommissar Jürgensen
war der Leiter der Kriminaltechnik, die ebenfalls im fernen Flensburg
beheimatet war.
    Ohne Gruß blickte er in die Runde, blieb bei Christoph
haften, schüttelte den Kopf und grunzte: »Ihr verdammten Schlickrutscher von
der Westküste. Immer wenn wir uns begegnen, geschieht das unter unerfreulichen
Bedingungen. Bei uns im missionierten Teil dieses Landes werden Leichen zu
zivilisierten Tageszeiten entdeckt, nicht mitten in der Nacht. Außerdem bin ich
es gewohnt, dass die Leichen in
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