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Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Titel: Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes
Autoren: Sylvester Walch
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Sinn, den überschäumenden Gedankenfluss allmählich zu reduzieren. Dabei gilt aber, dass eine derartige Hilfe für die Meditation unkompliziert sein sollte. Ein indisches Sprichwort erklärt, warum beispielsweise die Verwendung eines Mantras in der Meditation hilfreich ist: Der beste Weg, einen Dorn aus dem Fuße zu holen, besteht darin, dafür einen anderen Dorn zu benutzen. Die ausschließliche Ausrichtung auf einen Gedanken kann also die Sammlung fördern. So kann man sich etwa mit dem Satz »Ich atme ein, ich atme aus« ganz auf den Atem ausrichten. Wenn man sich auf das schlichte Ein- und Ausatmen konzentriert, wird das Tiefergehen wirkungsvoll unterstützt. Man kann aber auch die Inhalte, die im Bewusstseinsfeld auftauchen, benennen – zum Beispiel »Aha, jetzt denke ich an mein Projekt« oder »Jetzt spüre ich ein Ziehen im Knie« – und dann loslassen. Die Stütze in der Meditation bündelt die ablaufenden Assoziationen, sammelt und entleert allmählich das Bewusstsein. Bleiben Sie so lange in der Meditation, wie Sie sich das vorgenommen haben. Als Zeichen der Achtung vor dem Größeren kann man sich noch am Ende vor der inneren Weisheit verneigen. Für manche ist es hilfreich, noch ein wenig in dieser Energie zu bleiben und die Eindrücke in ein Meditationstagebuch zu schreiben.
    Meister Eckhart (in: Döll, 1988, S.1) führt uns mit einem schönen Satz in die Meditation: »Ich will sitzen und will schweigen und will hören, was Gott in mir rede.«
    Die Meditation ist eine einfache und segensreiche Übung, die Millionen von Menschen praktizieren. Wer sich der Meditation hingibt, befindet sich rund um den Erdball in großer Gemeinschaft, mit der man sich bewusst verbinden kann. Das baut eine gemeinsame Energie auf, von der alle profitieren.
    Wenn die Meditationshaltung in den Alltag einfließt, wird man bemerken, dass sich stillschweigend Einstellungen dem Leben gegenüber wandeln. Selbst Routineaufgaben wie Putzen, administrative Erledigungen oder Autofahren können von diesem Geiste erfüllt werden.
Üben Sie, Moment für Moment darauf zu achten, dass Sie das, was Sie gerade tun, konzentriert und umsichtig ausführen. Wenn Sie gehen, gehen Sie bewusst, wenn Sie essen, essen Sie bewusst, und wenn Sie etwas tun, machen Sie es in voller Aufmerksamkeit.
    Wer nämlich im Kleinsten das Göttliche erblickt, dem werden auch außergewöhnliche Erfahrungen zuteil. Die achtsame Haltung im Alltag ist eine wirkungsvolle spirituelle Übung. Sie baut nicht nur Nachlässigkeiten ab, sondern trägt in sich schon den Keim der Selbstverwirklichung. Alles, was ich mit Aufmerksamkeit und Liebe durchführe, wird zu mehr Offenheit und Frieden führen. Wenn man bemerkt, dass man nicht bereit ist, in dieser Einstellung auf die Anforderungen des Lebens zu reagieren, dann kann man kurz innehalten, sich mit der inneren Weisheit verbinden und neu orientieren.
    Ganz besonders wertvoll ist die Disziplin im Sprechen. Jeder kennt die Situation, sich nach langen Gesprächen leer zu fühlen und sich Vorwürfe zu machen, den anderen nicht adäquat berücksichtigt zu haben. Wenn ich mich hinterfrage, ob das, was ich sage, wahr, freundlich, hilfreich und angemessen ist, kann ich nicht fehlgehen. Darüber hinaus sollte auch das Denken und Handeln danach ausgerichtet sein, mich meiner wahren Natur näherzubringen. Das ist ein wichtiges Kriterium, denn jede Entscheidung, in der das All-Eine Berücksichtigung findet, wird eine segensreiche Wirkung haben. Dann werden wir uns auch nicht mehr von vordergründigen Ergebnissen abhängig machen, denn es kommt nur noch darauf an, das Richtige zu tun und nicht auf die Effekte zu schielen. Wenn man mit bestem Wissen und Gewissen eine Sache durchführt, braucht man sich nicht mehr um das Ergebnis zu kümmern. Wer sich von der äußeren Anerkennung unabhängig macht und sich nur dem universalen Selbst verpflichtet fühlt, weist das Ego in die Schranken und erweitert erheblich seinen Spielraum. So kann jede Aufgabe dem Göttlichen geweiht werden. Das reduziert die Angst vor größeren Herausforderungen, denn man fühlt sich getragen und unterstützt.
    Wird man mit Schwierigkeiten konfrontiert, dann kann man das immer als Lernchance auffassen. Wenn wir das Leben als fortwährende Schule betrachten, dann werden uns Probleme nicht aus der Bahn werfen, sondern stärker machen. Dafür ist es manchmal erforderlich, sich die unbewussten Motive bewusst zu machen. Man muss auch immer wieder bereit sein, Fassaden
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