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Voll gebissen

Voll gebissen

Titel: Voll gebissen
Autoren: Carina Mueller
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schlechter geht und ich komm vorbei.“
    Wieder nickte Amilia. „Ich danke dir.“ Dann blickte sie zu mir. „Euch beiden. Ich hoffe, ich kann mich irgendwann dafür revanchieren.“
    Wir verabschiedeten uns und Liam brachte mich nach Hause.
    „Meinst du, Dr. White findet überhaupt ein Gegenmittel?“, fragte ich niedergeschlagen.
    Liam zuckte mit den Schultern. „Ehrlich gesagt weiß ich es nicht , Emma. Hoffentlich.“
    Ich nickte zustimmend. „ Das hoffe ich auch – ganz ehrlich.“
    Als ich mich an dem Abend ins Bett legte, musste ich ununterbrochen daran denken, was mit Amilia geschehen war und auch an das, was sie zum Schluss gesagt hatte. Vielleicht war sie doch nicht so verkehrt, wie ich sie immer eingeschätzt hatte? Mit diesen Gedanken schlief ich ein.
     
    Am nächsten Morgen wachte ich schweißgebadet auf. Ich sprang auf, rannte ins Badezimmer und übergab mich. Das konnte nicht sein! Nein, das durfte nicht sein! Zitternd und fassungslos saß ich vor der Toilette.
    Was hatte ich getan?
    Mein Blick wurde unscharf und Tränen rollten meine Wangen herunter. Mein Herz raste. Allein der Gedanke daran schnürte mir den Hals zu und erschwerte mir das Atmen. Ich rappelte mich auf und ging hinüber zum Waschbecken. Kaltes klares Wasser spritzte in mein Gesicht, aber das verschaffte nur kurz Linderung. Mir wurde erneut übel und ich erbrach mich ein weiteres Mal.
    Ich hatte wieder geträumt und obwohl kein weiterer Vollmond dazwischen war, hatte sich mein Traum verä ndert. Er begann damit, dass ich durch einen Wald schlich. Behutsam, um ja keine Geräusche von mir zu geben, denn ich war auf der Jagd und witterte Beute. Köstliche Beute!
    Dann ein Rascheln. Still verharrte ich in meiner Position und lauschte, woher es kam. Ich sah ein Reh, das meinen Weg kreuzte und davonsprang. Hunger und die Gier auf Fleisch überkamen mich. Ich setzte zum Spurt an. Ich wollte es haben, es fangen, es erlegen. Oh, es würde zauberhaft schmecken! Das Wasser lief mir bereits im Mund zusammen. Noch ein paar Sprünge, dann war es mein.
    Ich schlug mit meiner Pranke seine Hinterläufe weg und brachte es damit zu Fall. Dann stand ich über ihm. Ängs tlich strampelnd versuchte es, sich mir zu entwinden, doch es hatte keine Chance. Ich war zu stark. Voller Vorfreude ließ ich es noch ein wenig länger zappeln. Das Adrenalin würde Fleisch und Blut besonders gut schmecken lassen. Ich schloss genussvoll die Augen. Gleich würden sich meine Zähne in seinem Hals versenken und süßes Blut würde mir die Kehle hinunter rinnen. Kurz bevor ich zubiss, machte ich die Augen wieder auf und hielt kurz inne.
    Anstatt des Rehs lag nun ein junger Mann zwischen meinen Klauen, der mich mit angsterfüllten Augen anstarrte und die Hände abwehrend vor sein Gesicht hielt. Mir stockte der Atem. Ich versuchte zu schreien, wollte ihm sagen, dass er nicht aufgeben und vor mir wegrennen sollte, doch es kam kein Laut heraus. Einzig und allein ein tiefes Knurren verließ meine Kehle, bevor ich meine Zähne erwartungsvoll in sein Fleisch schlug.
    Der junge Mann schrie auf, doch das war mir egal. Immer und immer wieder biss ich zu. Der Geschmack seines frischen Blutes legte sich auf meine Zunge, doch es schmeckte mir nicht mal besonders. Warum zur Hölle hörte ich dann nicht auf?
    Ich begann zu weinen, doch ich machte einfach weiter.
    Ich schnellte zurück zur Kloschüssel. Wieder musste ich kotzen, während mir Angstschweiß den Rücken hinunterlief. Das durfte alles nicht wahr sein. Bis jetzt hatte ich doch nur Tiere gejagt! Wie konnte es nur dazu kommen? Ich saß zusammengekauert vor der Toilette und stützte meinen Kopf in meine Hände. Liam hatte mich doch extra weit weggebracht, damit ich keinem Menschen Schaden zufügen konnte?
    Dann erinnerte ich mich, wie ich nach dem letzten Vol lmond wunde Füße und Hände gehabt hatte und daran, wie Liam sagte, ich hätte eine beachtliche Strecke zurückgelegt haben müssen, dass man die wunden Stellen noch am Morgen sah. Ich war wohl zurück in die hiesigen Wälder gelaufen.
    Plötzlich fiel mir der Zeitungsartikel über den jungen Mann wieder ein , der angeblich von einem Wildtier getötet worden war. Hoffnung überkam mich. Vielleicht war das hier tatsächlich nur ein blöder Albtraum gewesen und der tote Mann war ein ganz anderer?
    Ich rannte hinunter zur Mülltonne und durchsuchte sie. Irgendwo musste doch noch die blöde Zeitung sein. Während ich den kompletten Müll ausräumte, betete ich inständig,
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