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Voll gebissen

Voll gebissen

Titel: Voll gebissen
Autoren: Carina Mueller
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schon war die Hölle los. Von dem Gebaren, das mein Vater an den Tag legte, wenn ich das Auto abgewürgte, wollte ich lieber erst gar nicht anfangen. Dann nahm ich doch eher die Fahrstunden bei Mr Henderson in Kauf. Der war wenigstens nicht so impulsiv und sein rhythmisches Schnaufen hatte auch irgendwie etwas Beruhigendes.
    Ich nahm meine Jacke, die über meinem Schreibtisc hstuhl hing und wollte gerade hinunterlaufen, als Liam mich am Arm zurückhielt und an sich zog.
    Das Gefühl , in seinen starken Armen zu liegen, war für mich immer noch unbeschreiblich und gehörte längst nicht zur Alltäglichkeit, obwohl ich Liam eigentlich ständig berührte.
    Seine weichen Lippen hauchten mir einen zarten Kuss auf den Mund, bevor er sich mit einem leichten Grinsen und dem Satz: „Bis morgen Süße, wir sehen uns ja heute nicht mehr“ verabschiedete.
    Ich verzog das Gesicht. Stimmt e ja! Das hatte ich total vergessen.
    Heute war Vollmond und obwohl es für mich schon normal geworden war, Liam alle 29 Tage nicht zu sehen (wobei das ja nicht wirklich viel war, zumal wir hier eh nur von ein paar Stunden sprachen, da Liam sowieso immer erst abends nach Hause fuhr) versetzte mir seine Abwesenheit doch immer einen kleinen Stich in meine Magengegend.
    Dass Liam ein Werwolf war, auch wenn ich es anfangs kaum glauben mochte, machte mir im Gegensatz zu den Stunden, die wir dadurch getrennt waren, nichts aus.
    Manch einer würde mich deswegen sicherlich für verrückt erklären. Schon eine solche Beziehung einzugehen… Doch Liam war sonst wie ein ganz normaler Junge. Ein Junge, der sich eben alle vier Wochen in einen Wolf verwandelte, wovon man aber überhaupt nichts mitbekam, wenn man es nicht wusste.
    Sofort ärgerte ich mich über meine Fahrstund en. Die letzten Stunden mit ihm hätte ich wesentlich sinnvoller nutzen können.
    L iam schob mich vor sich her, bis wir vor der Haustür standen.
    „Wir sehen uns dann morgen“, flüsterte er mir zu und gab mir noch einen Kuss. Schon verschwand er aus der Haustür, stieg in seinen schwarzen BMW und brauste davon.
    Liams Familie fuhr an den Vollmondtagen immer in die Berge. Wie er mir erzählt hatte, war der Werwolf seinem grauen Verwandten sehr ähnlich und dadurch ein sehr jagdlustiges, triebgesteuertes Tier, das seinen Geist schlecht bis überhaupt nicht kontrollieren konnte. Um niemanden in Gefahr zu bringen, verbrachten sie diese Nächte deshalb weitab jeglicher Zivilisation.
    Eigentlich fand ich das sehr verantwortungsbewusst von ihm und seiner Familie, auch wenn ich mir stillschweigend wünschte, dass er bei mir bleiben würde.
    Andererseits hatte ich auch wenig Lust als Werwolf-Snack zu enden. Von daher war das alles ok so wie es war. Seufzend folgte ich ihm aus der Haustür und ging zu meinem Fahrschulwagen.
    Mr Henderson war bereits auf der Beifahrerseite eing estiegen und schaute genervt auf die Uhr.
    „ Ja ja, ich beeil mich ja schon“, nörgelte ich vor mich hin und öffnete die Fahrertür.
    Wie immer, wenn Mr Henderson den Wag en zu uns gefahren hatte, fiel ich regelrecht in den Sitz und musste erst einige Einstellungen vornehmen, bevor ich auch nur annähernd an das Lenkrad kam. Nachdem ich den Sitz zurechtgerückt und alle Spiegel passend eingestellt hatte, schnallte ich mich an und ließ den Wagen an.
    „Ob wir es heute mal ohne Abwürgen schaffen, vom Hof zu kommen?“, stichelte er.
    Ich schenkte Mr Henderson mein grimmigstes Lächeln, welches er ebenso erwiderte. Offensichtlich war er mit mir als Fahrschülerin genauso gequält, wie ich mit ihm als Fahrlehrer.
    Ich sehnte bereits den Tag herbei, an dem ich endlich di esen blöden Führerschein in den Händen hielt und er und ich getrennte Wege gehen konnten, doch so wie es momentan schien , würde das noch einige Zeit dauern.
     
    Ich ließ die Kupplung langsam kommen ...
    Nichts tat sich.
    Ein Stückchen mehr ...
    Es tat sich immer noch nichts.
    Noch ein Stückchen ...
    Schwups ! Das Auto machte einen Satz nach vorne, stotterte, und ging aus.
    Mr Henderson stieß einen tiefen Seufzer aus und schaute mich an.
    Keine Ahnung, ob ich den Blick, den er mir zuwarf, eher wütend deuten oder mit „du armes gehirnamputiertes Kind bist noch zu dämlich, ein Auto anzulassen“ übersetzen sollte, aber letztendlich war das auch egal.
    Zu meiner Schande musste ich gestehen, dass er mit beiden Varianten nicht gänzlich im Unrecht war.
    Glücklicherweise klappte es beim dritten Versuch und wir konnten endlich los.
     
    Wir
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