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Voll das Leben (German Edition)

Voll das Leben (German Edition)

Titel: Voll das Leben (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt
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hatte ewig keine mehr gehabt, und auch sonst nichts, was mit Schweinefleisch zubereitet wurde …
     
    Es fühlte sich irreal an, in einem Restaurant zu sitzen. Das letzte Mal war vor drei Jahren gewesen. Einer der letzten Ausflüge mit Dennis im Rollstuhl. Hastig verdrängte Jan die Erinnerungen, die sich zu einem Stein in seiner Kehle zusammenballten.
    „Alles in Ordnung?“ Nick sah ihn besorgt über den Rand seiner Speisekarte an.
    „Ja, hm … wie sieht es in der Firma aus?“ Jan lächelte verkrampft und hasste sich selbst dafür. Sein erstes Date seit gefühlten hundert Jahren und er stellte sich an wie ein kleines Mädchen!
    Date, yow, alles klar, du Spinner! Hättest du wohl gerne?, verspottete er sich selbst innerlich.
    Ja. Irgendwie hätte ich das gerne.
    Nick schenkte ihm einen intensiven forschenden Blick, bei dem es Jan heiß und kalt zugleich wurde, bevor er von den Aufträgen der letzten Zeit erzählte.
    „Wir hatten versucht, Ersatz für dich zu finden. Max war so dermaßen enthusiastisch mit ihm, weil der Kerl gut reden kann. Aber selbständig arbeiten? Vergiss es. Und Computer sind allergisch gegen ihn, ich schwör’s! Alle drei Sekunden stürzt ihm Power Point ab, der PC beginnt ungefragt einen Neustart oder die Festplatte begeht Schaltkreis-Harakiri. Er heißt auch noch Bernd, der arme Tropf. Seitdem kann ich gewisse Kanäle in der Glotze nicht mehr ertragen.“
    Nick redete sich in Schwung und riss Jan mit. Sie aßen, tranken Rotwein, lachten und redeten, als wären sie immer gute Freunde gewesen. Bis Nick plötzlich innehielt und ihn merkwürdig ansah.
    „Max würde dich mit Kusshand und auf den Knien liegend zurücknehmen“, sagte er leise. „Und ich, ich würde mich auch freuen.“
    Jan erschauderte, innerlich wie körperlich. Der Ausdruck in Nicks Augen war nicht fehlzudeuten. Seine Haltung und Mimik hätten nicht eindeutiger sein können. Nick wollte ihn. Begehrte ihn.
    Falscher Film. Ich bin im falschen Film!, dachte Jan verzweifelt. Er wollte schlucken und konnte nicht, sein Hals war wie ausgetrocknet. Und der plötzliche Schwindel kam garantiert auch nicht von dem bisschen Wein. Sehr zögerlich schob Nick seine Hand näher und legte sie einladend vor ihm auf den Tisch. Jan wollte so gerne zugreifen. Sich halten lassen. Weglaufen. Sich an Nicks Brust werfen und darum betteln, niemals mehr losgelassen zu werden. Wegrennen, solange er noch konnte.
    Kann ich denn noch?
    Wie hypnotisiert starrte er auf die starke Hand. Kräftige Finger, die zupacken konnten. Die Halt gaben. Keine knochigen Gebilde, die sich in seinen Arm gruben, wenn die Schmerzen für Dennis unerträglich waren.
    Verdammt, er wollte sich so gerne verlieben. Aber was, wenn das hier doch nur wieder ein gemeiner Scherz war? Was, wenn es keiner war, er sich darauf einließ und Nick ebenfalls krank werden würde? Vielleicht war er es schon und wollte bloß einen willigen Pfleger?
    Reiß dich zusammen!
    Oder ein Unfall? Wie leicht stürzte ein Mann die Treppe hinunter und blieb querschnittsgelähmt liegen! Autounfälle passierten täglich, es konnte jeden treffen! Noch einmal würde Jan es nicht durchstehen, zurückgelassen zu werden.
    Und wie lange kann ich noch allein bleiben und die Körner der Raufasertapete zählen? Das Leben ist nun mal so!
    Mit einem leisen Laut, der zwischen Wimmern und Seufzen lag, ergriff Jan Nicks Hand. Es war wie ein elektrischer Schlag, die Wärme zu spüren. Die Nähe zu einem anderen Menschen. Nähe, die auch seine neue Familie ihm nicht schenken konnte.
    Nick lächelte traurig, während er ihm sacht über den Handrücken strich.
    „Keine Angst, ich werde nicht über dich herfallen und dich dann aus meinem Leben treten. Ich meine, ich weiß ja, dass ich ein blödes Arschloch gewesen bin. Was ich dir angetan habe … Dafür gibt es keine Entschuldigung. Weißt du, ich wollte … dich. Und konnte dich nicht haben, da habe ich … Du solltest das nicht merken und die anderen sowieso nicht. Ich bin nicht so mutig wie du, Jan. Du hast immer zu dem gestanden, was du bist. Wie du bist. Ohne Tuntengehabe, aggressive ‚los, akzeptier mich oder sei mein Feind!’-Parolen oder aufgesetztes Selbstbewusstsein. Einfach ganz normal. Ich hingegen konnte es nicht einmal mir selbst eingestehen. Stattdessen hab ich die Stars auf den Bravopostern meiner Schwestern angehimmelt, mich in die Hälfte meiner Klassenkameraden verliebt, von Männern geträumt … Und trotzdem eine Frau geheiratet.“
    Jan zuckte
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