Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest
Autoren: Rainer Nikowitz
Vom Netzwerk:
nicht?»
    Die Feuerwehrmänner droschen in der Zwischenzeit mit einem Vorschlaghammer auf ihr Auto ein.
    «Jaja. Am Abend wird der Faule fleißig», kommentierte die Nidetzky diese Bemühungen eher kritisch.
    «Bertl! Was ist denn los?», rief der Gärtner Poldi zu seinem Bruder hinüber.
    «Die Scheiß-Pumpe!», schrie ORF   2 .
    «Die Scheiß-Pumpe», wiederholte ORF   1 pflichtschuldig.
    «Das gibt’s ja nicht. Das ist eine Katastrophe!», erkannte der Siebzehner messerscharf. Er war ja schließlich nicht Ortsvorsteher wegen nichts. «Und der Fünfer nicht da … Und die Johanna! Weiß wer, wo die Johanna ist?»
    «Eigentlich hat sie gesagt, sie fährt nicht mit auf Polen», antwortete die Dreier-Kanschitzin. «Aber vielleicht hat sie es sich überlegt, weil gesehen hab ich sie heute den ganzen Tag nicht. Und schlafen wird sie ja jetzt um Himmels willen auch nicht mehr.»
    «Der kleine Suchanek hat den Brandstifter gesehen», brachte die Nidetzky den Ortsvorsteher auf den letzten Stand.
    «Der kleine Suchanek!», sagte Stratzner verwundert. «Was machst denn du hier?»
    «Meine Eltern sind auf Urlaub. Und ich pass auf das Haus auf.»
    «Und dann bist du gleich ein Zeuge? So ein Zufall.»
    «Ja», sagte auch der Kanschitz und schenkte Suchaneks Fuß einen weiteren eingehenden Blick. «So ein Zufall.»
    «Es war auf jeden Fall ein Mann», konkretisierte Suchanek ungefragt und mit wachsendem Unwohlsein seine Aussage. «Für eine Frau war er mir irgendwie zu … breit.»
    Der Kanschitz hatte einen Verdacht. «Vielleicht hat ja der, der die Scheune angezündet hat, auch die Pumpe sabotiert. Oft einmal sind ja Feuerwehrmänner auch Brandstifter.»
    Einige nickten und schauten verstohlen nach, ob jemand vielleicht gerade zusätzliche sachdienliche Hinweise lieferte, indem er etwa Benzin ins Feuer goss, ohne mit der Aufmerksamkeit der semiprofessionellen Ermittler vor Ort zu rechnen.
    «Ich hab grad die Mantlerin angerufen», vermeldete Frau Kanschitz. «Da läuft aber nur das Band.»
    «Was hat er angehabt?», wandte sich die Nidetzky wieder Suchanek zu. «Der Brandstifter?»
    «Äh … na ja», Suchanek merkte plötzlich, dass er möglicherweise jetzt doch lieber mit Papas Sensationsoptik auf seinem Balkon säße. «Was … Dunkles?»
    «In der Nacht sind alle Katzen schwarz», zückte die Alte ein weiteres Sprichwort.
    «Was Dunkles!», höhnte der Kanschitz. «Also ich weiß nicht. Entweder, der hat gar nichts gesehen – oder er will es uns nicht verraten!»
    «Oder es war ja überhaupt alles ganz anders», sagte der Siebzehner nachdenklich.
    Bevor Suchanek dazu kam, auch nur im Ansatz einen Gedanken zu entwickeln, der ihm jetzt irgendwie weiterhalf, geschah es. Den leichten goldenen Schein, der den funkelnagelneuen Löschzug der Freiwilligen Feuerwehr Bernhardsau umfing, als dieser vorfuhr, bildete sich der Suchanek ja möglicherweise noch ein. Dass aber die Gesichter der Wulzendorfer wenn schon nicht zu Stein, so doch mindestens zu durch den jahrelangen Einsatz schwerer Landmaschinen solide verdichtetem niederösterreichischem Löss wurden, konnte keiner übersehen. Der Bernhardsauer Kommandant glitt geschmeidig aus dem Fahrzeug, warf einen Blick auf den brennenden Schuppen und dann auf die Wulzendorfer Feuerwehr in all ihrer Armseligkeit. Und dann rief er, wie in den Ami-Filmen, in denen irgendwann immer das FBI auftaucht, um den braven lokalen Bullen den Fall abzunehmen: «Wir übernehmen jetzt!»
    Hei, war das ein flinkes Schläucheausrollen und Rohreverkuppeln! Da schien jeder Handgriff zu sitzen. Die Bernhardsauer Mannschaft funktionierte wie ein Räderwerk.
    «Eh klar», presste der Dreier-Kanschitz hervor. «Um unser Geld können sich die leicht wichtigmachen.»
    Jetzt muss man wissen, dass der kollektive Schmerz, den die Wulzendorfer empfanden, darauf fußte, dass ein vom Land als «Verwaltungsvereinfachung» getarnter Angriffskrieg sie schon in den siebziger Jahren in eine sogenannte Großgemeinde mit den Bernhardsauern gezwungen hatte. Nun war der Wulzendorfer als solcher natürlich klüger. Schöner. Einfach besser. Aber Bernhardsau hatte um 100  Einwohner mehr als Wulzendorf. Also kam der gemeinsame Bürgermeister immer aus Bernhardsau. Und den Wulzendorfern blieb nur ein subalterner Ortsvorsteher. Obwohl Wulzendorf noch dazu mehr Ackerland hatte, das verpachtet wurde, mithin mehr ins gemeinsame Budget einzahlte. Und aus diesem Budget stammte die Subvention, die erst kürzlich die Feuerwehr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher