Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Viviane Élisabeth Fauville

Viviane Élisabeth Fauville

Titel: Viviane Élisabeth Fauville
Autoren: Julia Deck
Vom Netzwerk:
Büros mit den bläulich getönten Scheiben, hinter denen scharfkantige Lamellen den Blick zusätzlich versperren. Die Ausstattung erinnert stark an die im öffentlichen Fernsehen ausgestrahlten Krimiserien. Aus der Nähe bemerkt man allerdings, dass die Sauberkeit zu wünschen übriglässt und die Wände einen frischen Anstrich verdient hätten.
    Ein Polizist bedeutet Viviane, Platz zu nehmen, und sie nimmt Platz, schaut sich das Kommen und Gehen im Flur an. Sie unterscheidet problemlos die Polizisten in Zivil, die unbekümmert von Büro zu Büro spazieren, von den Zivilmenschen an sich, die widerstrebend eintreten und eilig dem Ausgang zustreben. Nach einer Viertelstunde fängt das Baby an zu protestieren, schließlich weint und schreit es rückhaltlos. Man schaut zu Viviane hin, die errötet, sich erhebt und mit ihrer Tochter im Arm im Flur auf- und abgeht. Sie flüstert Koseworte, ist aber im Grunde so wenig überzeugt, dass es Anlass zur Beruhigung gibt, dass die Schreie des Kindes nur noch lauter werden.
    Eine Tür öffnet sich, und es erscheint ein sehr großer, sehr schöner Mann. Er überragt die Mutter um einen guten Kopf, wirft einen schrägen Blick auf das Kind, das still wird. Kommen Sie, sagt der Kriminalpolizeimeister Philippot, kürzen wir diese Tortur ab. Sie treten in ein seelenloses Büro, in dessen Mitte ein mit Akten überladener Tisch, auf jeder Seite des Tisches ein Stuhl und in einer Ecke ein alter Computer stehen.
    Gut, liebe Madame Hermant, Sie sind also eine Patientin von Doktor Jacques Sergent. Wie haben Sie von seinem Tod erfahren? Dann durchsticht er Viviane, deren Kopf sich schlagartig entleert, mit seinem Blick. Der Polizist hat einen glatten Schädel und volle Lippen, eine Art Yul Brunner mit blassen Augen. Sein himmelblaues Hemd reimt sich mit seinem Blick, sein sandfarbenes Jackett mit seiner Haut. Er mag um die dreiundfünfzig, vierundfünfzig Jahre alt sein. Er gefällt ihr sehr, und er wird sie überführen, weil er nicht aussieht, als wäre er ein Vollidiot.
    Ist er tot?, riskiert sie ohne viel Hoffnung. Aber wie kann er denn tot sein? Ich habe ihn neulich gesehen, da ging es ihm sehr gut, und wer wird mich jetzt behandeln?
    Komisch, das sagen sie alle, ironisiert der Inspektor. Wann war denn Ihr letzter Termin?
    Ich war am Freitag da. Ja, am Freitag, ich hatte einen Termin um zwölf. Seit zwei Monaten ist das meine Zeit, mit dem Mittwoch um 10 Uhr. Vorher war ich schwanger, erklärte sie, wobei sie mit vorgeschobenem Kinn auf ihre Tochter weist, wie man zum Beispiel auf dem Markt auf Gemüse zeigt oder auf das Kleingeld, das man auf der Theke gelassen hat.
    Und wie ist es gelaufen?
    Ich will Sie nicht belügen, sagt Viviane nach einer kleinen Stille, in der sie sich überlegt hat, dass sie besser lügen sollte, dann aber nein, ich lüge zu schlecht, das glaubt er mir nie, und außerdem, seien wir ehrlich, vielleicht kann ich damit bei ihm punkten. Also sagt Viviane, ich will Sie nicht belügen, sehr gut läuft es nie.
    Ja?
    Was ja?, regt sie sich auf. Entschuldigen Sie, das hat er immer gesagt. Er wiederholte immer Ja, statt auf meine Fragen zu antworten, das war sehr ärgerlich.
    Sie sind nervös.
    In der Tat, ich bin nervös, deshalb gehe ich zu einem Spezialisten.
    Aber über den ärgerten Sie sich.
    Was wollen Sie mir unterschieben, am Ende, dass ich Probleme habe? Das kann ich Ihnen auch gleich gestehen. Ja, ich habe jede Menge Probleme und ich bin erschöpft, mein Mann hat mich verlassen, und sie fängt an zu weinen.
    Gut gut gut, sagt, um Zeit zu gewinnen, der Inspektor, der ohne Unterlass den wahren Fakten auf der Spur ist, aber mit Vertraulichkeiten in Sachen Liebe weniger gut zurechtzukommen scheint. Und was haben Sie gestern Abend zwischen siebzehn Uhr und Mitternacht gemacht?
    Ich war zu Hause mit meiner Tochter, sagt Viviane schniefend, aber ohne in Verwirrung zu geraten, denn sie lügt ja kaum: Um 17 Uhr war sie dort, zu Hause nämlich mit ihrer Tochter, und um Mitternacht auch. Dann fügt sie ein wenig zu eilig hinzu: Wenn Sie mir nicht glauben, können Sie meine Mutter fragen. Sie hat gegen 20 Uhr angerufen, sie wird es Ihnen bestätigen – Verzeihung, ich nehme eine Pille, um mich zu entspannen.
    Stehen Sie unter Medikamenten?
    Der Doktor verschrieb mir von Zeit zu Zeit welche. Aber ganz klassische Rezepte. Übrigens, hier, ich habe eines
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher