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Visite bei Vollmond

Visite bei Vollmond

Titel: Visite bei Vollmond
Autoren: Cassie Alexander
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höchstpersönlich um mich haben. Meine Miene musste verraten haben,
welches Grauen ich empfand. »Du hast also verstanden«, sagte er.
    Ich räusperte mich, damit meine
Stimme festblieb. »Wie kann ich Wiedergutmachung leisten?«
    Â»Meine Hand ist unersetzlich.«
    Â»Ich wusste doch nicht …« Er
war selber schuld, immerhin hatte er mich angegriffen. Ich hatte ihn nicht
absichtlich verletzt.
    Â»Um meinen Spürhund zu
ersetzen«, fuhr er fort, als hätte ich nichts gesagt, »bedarf es eines
talentierten Opfers.«
    Â»Ich habe deinen Spürhund nicht
getötet, Dren. Das waren die Schatten.«
    Â»An die Schatten komme ich
nicht heran. Du schon.«
    Ich verspürte nicht das
geringste Bedürfnis, die Schatten jemals wieder in ihrem Heim aufzusuchen, das
sich tief unterhalb des Krankenhauses befand, geschweige denn, irgendetwas zu
tun, wodurch ich noch tiefer in ihrer Schuld stehen würde. Wir hatten eine
Vereinbarung: Sie sorgten dafür, dass mein Bruder clean blieb, dafür arbeitete
ich für einen Hungerlohn auf Y4 . Ich hatte nichts mehr, was ich eintauschen
konnte, außer vielleicht ein paar Organe. »Wir sind uns nicht sonderlich sympathisch.«
    Inzwischen machten die
Kauflustigen einen weiten Bogen um Dren und mich, sie wurden quasi abgestoßen
wie gleichwertig geladene Atomteilchen. Bestimmt war es nur eine Frage der
Zeit, bis jemand vom Sicherheitsdienst kam und … was tat? Mich rauswarf? Damit
Dren und ich unser Gespräch draußen an meinem Wagen weiterführen konnten?
Mitten auf der Straße? Hilflos ballte ich die Fäuste.
    Â»Wie dem auch sei, du schuldest
mir etwas. Und ich habe einen Job für dich«, sagte er. Plötzlich war ich mir
sicher, dass ich nicht hören wollte, was als Nächstes kam. »Ich hege einen
gewissen Verdacht, der durch Blut bestätigt werden muss«, fuhr er fort.
    Â»Hallo, schöne Frau. Brauchen
Sie vielleicht Hilfe beim Tragen?«
    Die Einmischung des Fremden
rettete mich. Als ich mich umdrehte, rechnete ich halb damit, jemanden in
Uniform zu sehen, vielleicht mit einer Zwangsjacke in der Hand. Stattdessen
entdeckte ich einen fröhlichen älteren Herrn, dessen umfangreicher Bauch fast
seinen Pullover sprengte, auf den ein mit LED -Leuchten versehener Weihnachtsbaum aufgestickt
war.
    Flehend schaute ich zurück zu
Dren und versuchte ihm mit einem Blick zu verstehen zu geben, dass er keine
Zivilisten mit reinziehen dürfe. »Ich komme schon allein zurecht, vielen Dank.«
    Â»Aber das sollten Sie nicht,
wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Â»Das höre ich oft«, erwiderte
ich und presste die Lippen aufeinander. Er trat dichter an mich heran, und da
sah ich, wie seine Augenfarbe plötzlich von dunkelbraun zu einem wässrigen Grau
wechselte. Sein Nasenrücken veränderte sich, genau wie die Stellung seiner
Augenbrauen. »Asher?«, riet ich hoffnungsvoll.
    Er legte mir kumpelhaft den Arm
um die Schultern und drehte mich um, sodass wir Dren direkt ansahen. »Ich
glaube, wir sind uns noch nicht vorgestellt worden«, sagte er und streckte die
Hand aus. Ich sah zu, wie seine Haut ständig die Farbe wechselte – was auch dem
Vampir nicht entging.
    Dren wich einen Schritt zurück.
»Mit dir will ich nichts zu tun haben, Gestaltwandler.«
    Â»Dann solltest du besser
verschwinden.« Asher zog seine Hand zurück.
    Â»Die Sache ist damit noch nicht
vom Tisch, Schwester.« Dann wandte Dren sich ab und schlenderte davon.
    Â»Ich weiß«, sagte ich leise.
Aber womit dann?
    Der Anblick von Asher
und mir, wie wir beide mit einem leeren Fleck im Raum sprachen, hatte
garantiert etwas von Performancekunst an sich. Aber der Strom der verzweifelten
Schnäppchenjäger riss nicht ab, und bald vergaßen die Leute uns über den
Sonderangeboten. Kunden und Einkaufswagen schoben sich um Dren herum, ohne einen
Gedanken daran zu verschwenden, bis er in der Dunkelheit draußen verschwand.
    Ich wandte mich an meinen
Pseudo-Weihnachtsmann: »Wie hast du es geschafft, dass er verschwindet?«
    Â»Asher ist nicht mein richtiger
Name, sondern nur ein Spitzname. Die Vampire denken dabei zwangsläufig an Asche .«
    Â»Oh.« Asher hatte mir schon
einmal das Leben gerettet. Und wir hatten miteinander geschlafen, allerdings
bevor ich wusste, dass er ein Gestaltwandler war, und bevor er wusste, dass ich
wusste, was das bedeutete. »Tja, vielen Dank
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