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Visite bei Vollmond

Visite bei Vollmond

Titel: Visite bei Vollmond
Autoren: Cassie Alexander
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niemals erfahren, dass die
angebliche Heilwirkung ein reiner Placeboeffekt gewesen war, der nur in seinem
Kopf existiert hatte.
    Ich folgte Ashers Anweisungen
und fuhr ihn schweigend zu seinem Haus. Dort bog ich immer noch wortlos in die
Auffahrt ein.
    Asher drehte sich zu mir um.
»Egal, was mit deinem Bruder geschieht – sie hat recht. So ist es sicherer.«
    Â»Natürlich.« Ich starrte mit
leerem Blick auf das Lenkrad. Nach dieser Nacht ließ sich das nicht leugnen.
Seit meiner schweren Verletzung hatte ich ständig kämpfen müssen, um irgendwie
durchzukommen. Der reinste Wahnsinn.
    Â»Edie … diese Ächtung … das
betrifft nicht nur Vampire, sondern auch Gestaltwandler.«
    Irgendwie hatte ich mir das schon
gedacht, wollte es mir aber nicht eingestehen. Jetzt nickte ich, ohne ihn
anzusehen.
    Â»Edie …«
    Ohne ihn anzusehen streckte ich
Asher zum Abschied die Hand aus. Ausdruckslos musterte er sie. »Ist das dein
Ernst? Nur ein Händedruck?«
    Im Halbdunkel drehte ich mich
endlich zu ihm um. »Nein.«
    Dann breitete er die Arme aus,
und ich ließ mich hineinsinken. Mein Kuss war hart und fordernd, und er
reagierte entsprechend. Alles, was ich verbockt hatte, schob ich in diesem
Moment weit von mir weg, ich konzentrierte mich ganz auf das Hier und Jetzt,
denn falls ich an irgendetwas anderes dachte, würde ich nur anfangen zu heulen.
    Dann lösten sich seine Lippen
von meinen. Er lehnte sich zurück und studierte mein Gesicht, als hätte er
Angst es zu vergessen – was bei ihm völlig unmöglich war, wie ich ja wusste. Er
sagte nichts mehr, wandte sich einfach ab, öffnete die Tür und ging davon. Er
schaute nicht zurück. Das wurde mir schmerzlich bewusst, da ich ihn nicht aus
den Augen ließ und hoffte, er würde es tun.
    Schließlich ließ ich den Motor
an und fuhr rückwärts aus der Auffahrt.
    Als ich zu Hause ankam,
war es schon fast hell. Ich stellte den Wagen in die erste freie Lücke, die ich
finden konnte, und ging zur Tür. Lautlos löste sich eine Gestalt aus den
Schatten und schloss zu mir auf.
    Â»Ich will meine Schlüssel«,
befahl Dren.
    Â»Solltest du mich jetzt nicht
eigentlich ächten?« Meine Schritte knirschten im Schnee.
    Â»Ã„chtungen treten üblicherweise
erst beim nächsten Sonnenaufgang in Kraft. Damit die betroffenen Parteien eine
letzte Chance haben, offene Rechnungen zu begleichen.«
    Â»Tja, mit Details dieser Art
ist ein Schäler wahrscheinlich bestens vertraut.«
    Er streckte mir seinen
verkürzten Arm entgegen. »Du schuldest mir immer noch etwas für meine Hand.«
    Â»Bin ich durch die Ächtung etwa
nicht meiner Schulden enthoben?«
    Â»Nein. Im Moment bin ich nur
nicht in der Lage, dich deswegen zu belästigen.«
    Ich blieb abrupt stehen, Dren
ebenfalls. »Was meinst du damit?«
    Er grinste und seine grasgrünen
Augen funkelten boshaft. »Sagen wir mal, ich habe da so ein Gefühl, dass wir
dich schon bald wiedersehen werden.«
    Ich machte den Mund auf und
wollte sagen: »Hoffentlich nicht.« Und eigentlich war ich mir sicher, dass ich
aufrichtig so empfand. Aber in Wahrheit wusste ich es einfach nicht. Was ich in
dieser Nacht gesehen und erlebt hatte, war mir zutiefst zuwider, aber
gleichzeitig fürchtete ich mich auch vor dem normalen Leben, das nun vor mir
lag. Ich warf ihm seine Schlüssel zu.
    Â»Und vergiss nicht, Edith: Du
bist der Typ Mensch, der so lange in Schwierigkeiten gerät, bis er tot ist.«
    Ich klappte den Mund wieder zu
und sagte gar nichts mehr. Dren vollführte eine affige Verbeugung und stapfte
durch den Schnee davon.
    Ich schloss meine Wohnungstür
auf und ging hinein. Drinnen entdeckte ich den brandneuen Teppich, und als ich
meine Füße auf den weichen Flor setzte, kam es mir vor, als hätte ich eine neue
Welt betreten.
    Als Erstes ging ich unter die
Dusche. Und sobald die Sonne aufgegangen war, schlief ich endlich ein.

 
    Diese letzte Fassung von
»Nightshifted. Visite bei Vollmond« verdanke ich dem Scharfsinn und dem
Verständnis meiner Lektorin, Rose Hilliard, die erkannt hat, wohin ich in
diesem Buch gehen möchte, und mir dabei geholfen hat, dort anzukommen. Fassung
eins bis dreizehn hätten gar nicht entstehen können ohne die Weitsicht sowie
den Mut von Daniel Starr – geschweige denn die nächtlichen Telefonate. Ich
hatte außerdem das Glück, trotz
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