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Violette Bescherung

Violette Bescherung

Titel: Violette Bescherung
Autoren: Judith Hueller
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Zombie-Look war perfekt. Irgendwas Verschimmeltes fand sich außerdem immer im Kühlschrank für ein Gruseldinner.
    Jule, ich bin so unglaublich stolz auf dich, dass du diese Nummer durchziehst. Für mich. Für uns. Ewas Statement pikste wie eine Ehrennadel in ihrer Brust. Vorhin war das Lob durchaus noch angebracht gewesen. Aber hallo! Jule hatte einen Wasserball aufgepustet. Leider klang diese Großtat inzwischen so fragwürdig wie der legendäre Satz aus Dirty Dancing. Ich habe eine Wassermelone getragen.
    Auf der Rolltreppe nahm Jule im Rekordsprint gleich zwei Stufen auf einmal. Im Tunnelblickmodus steuerte sie die Einkaufskörbe an und rupfte einen vom Stapel. Ihre Hände zitterten wie früher zu Schulzeiten beim Mathetest. Noch sieben Minuten. Nur noch sieben Minuten für einen irgendwie hingestümperten Sprung von ›Ungenügend‹ zu ›Mangelhaft‹. Ziel ›Ausreichend‹ war utopisch. Damals bei Mathe, heute bei Weihnachten. In der Obstabteilung glitt ihr aufgescheuchter Blick über das Angebot. Wie schmeckten Ananas oder Papaya im Stollen? Konnten Limetten die fehlenden Mandarinen im Stiefel ersetzen? Tja. Haha. Manch einer suchte die Nadel im Heuhaufen, sie die Walnuss im Vorsommersortiment. Zermürbend war beides. Hätte sie mal lieber einen Feinkostladen geentert oder die immerwährende Festabteilung im KaDeWe. Kunststück ohne Beamtalent. Den Ritt hätte sie nie rechtzeitig geschafft. Also lautete das Motto Schadensbegrenzung. Sie griff zu den Äpfeln, als ihr prompt ein ungepflegter Berti-Vogts-Verschnitt im weißen Kittel querkam, beladen mit Tomatenkisten. Halleluja. Ein fachkundiger Helfer in der Not. Jule rückte an ihrer Brille, lächelte ihre Grübchen in eine becircende Position und trat an den Verkäufer heran.
    »Tschuldigung.« Sie holte tief Luft. »Ich weiß, das hört sich seltsam an, aber …« Sie senkte die Stimme. »Stichwort Weihnachtssachen.«
    »Jajaja«, brummelte Berti. »Die Nikoläuse kommen jedes Jahr früher. Blablaba. Und? Kann ich was dafür? Nein. Beschweren Sie sich bei der Zentrale, wenn es soweit ist.«
    »Das will ich gar nicht.« Jule hob besänftigend die Arme. Ich brauche Marzipankartoffeln, jetzt, zum Teufel. »Was haben Sie denn derzeit …«
    »Rispentomaten.« Er nickte zu den Kisten.
    »Äh, schön, und …«
    »Grillfleisch.«
    »Aha.« Jule wischte sich eine Strähne aus der Stirn und nahm neuen Anlauf. »Und wo finde ich …«
    »Hinten rechts«, fiel Berti ihr ins Wort. »Zweiter Gang, Truhe. Vier Nackensteaks sind im Angebot.«
    »Ich bräuchte aber mehr …«
    »Grillkohle steht im Ständer an der Kasse.«
    »Herrgott!«, rutschte es ihr laut heraus. »Könnten Sie mich freundlicherweise mal ausreden lassen?«
    Ein genervtes Schnauben. »Was suchen Sie denn?«
    »Zum Beispiel … Ente.«
    »Für den Grill?« Berti klang schockiert.
    »Quatsch. Ente für den Ofen und zwar ganz. Also, Gans ginge auch.«
    Berti kratzte sich eine Geheimratsecke. »Gans?«
    »Meinetwegen auch eine halbe. Wir sind zu dritt, maximal zu fünft. Offenbar essen wir das Zeug zum Frühstück. Bescherung ist ab acht Uhr morgens. So ganz leuchtet mir das nicht ein. Das müssen wir noch diskutieren. Aber Deko brauchen wir auf jeden Fall, Knödel und Sauerkraut, oder eben Rotkohl passend zur Ente. Nur für die Soße fehlt mir eine Idee. Kinder vertragen ja keinen Wein. Besser gesagt, sollten sie den mit fünf noch nicht trinken und …«
    »Wir schließen in fünf Minuten.«
    Ach ne … grrr. »Also?«
    »Was?«
    »Empfehlen Sie mir irgendein verdammtes Tier.«
    »Schwein.«
    »Ich möchte nicht grillen, zum Kuckuck!«
    »Dann nicht.« Berti zuckte die Schultern, drehte ihr den Rücken zu und schichtete Tomaten um.
    Taktikwechsel, Schweitzer. »Was essen Sie an Heiligabend?«
    Berti sah auf. »Das geht Sie nichts an.«
    »Ich will lediglich eine Antwort, keine Einladung. Meine Fresse.«
    »Fondue.«
    »Genial.« Das rettete Jule aus der Vogelnummer. »Dazu braucht man einen speziellen Topf, richtig? Haben Sie den hier?«
    »Zuhause im Keller.« Berti grinste.
    »Im Sortiment, Sie … Sie …« Schluck’s runter, Schweitzer, und spar dir Kosenamen für diese pflaumige Trantüte. »Haben Sie?«
    »Nein. Fondue-Töpfe nur bei Aktionswochen.«
    »Wie steht es mit Ausstechförmchen? Stern und Tanne, oder so?«
    »Ts.« Berti musterte sie kopfschüttelnd von oben bis unten. »Sind Sie betrunken?«
    »Leider nein. Oder verkaufen Sie derzeit Glühwein?«
    »Ihre Sorgen möchte ich
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