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Violas bewegtes Leben

Titel: Violas bewegtes Leben
Autoren: Adriana Trigiani
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ebenfalls winzig, macht fast einen Knicks, während ihr Vater, der große Ähnlichkeit mit dem Moderator dieser Familienshow im spanischen Fernsehen hat, mir lächelnd die Hand schüttelt. Marisol sieht beiden Eltern ähnlich, aber den großen Kopf hat sie von ihrem Vater geerbt.
    Diejenigen unter uns, die Marisols Blog gewissenhaft gelesen haben, wissen bereits, dass ihre Mutter Krankenschwester ist und dass ihr Vater eine Gartenbaufirma namens Ava Gardener’s betreibt. Meine Mutter ist vor Lachen fast gestorben, als sie das gelesen hat.
    »Ich habe mir eins von den Einzelbetten genommen. Ich bekomme so schnell Platzangst«, lüge ich.
    »Ich auch.« Marisol lässt ihre Reisetasche neben das andere Einzelbett fallen. »Dann nehme ich das hier.«
    »Hallooooooo!« Trish kommt mit ihrer pinkfarbenen Digitalkamera ins Zimmer gestürzt und knipst ein Foto von Marisol für die Wolke an der Tür. Sie schaut sich das Bild an. »Ooh, das sieht super aus«, sagt Trish. »Hola, Marisol! Ich bin Trish, deine Mentorin.«
    »Nett, dich kennenzulernen«, sagt Marisol und blinzelt wegen des Blitzes. »Das sind meine Eltern, Mr. und Mrs. Carreras.«
    Trish wirbelt genauso um Marisols Eltern herum wie um meine. Sie spricht das schlechteste Spanisch, das ich je gehört habe. Es klingt schrecklich abgehackt, und sie fuchtelt dazu wie wild mit den Händen herum. Mr. und Mrs. Carreras freuen sich trotzdem, weil Trish sich bemüht. Ich schaue zu, wie sie geschickt dem nächsten Elternpaar die Befangenheit nimmt. Bestimmt lernt man so was in der Mentorenausbildung. »Ich bin gleich wieder da«, sagt Trish und hüpft aus dem Raum.
    »Unglaublich.« Marisol schaut ihr hinterher.
    »Ich nenne sie Trish Starbucks. Sie hat mehr Power als ein Venti Latte.«
    »Sie ist nett.«
    »Oh ja. Geradezu unglaublich nett.«
    Mr. und Mrs. Carreras schauen sich verwirrt an.
    »Entschuldigen Sie. Ich bin aus New York. Da haben wir einen etwas ironischen Humor«, erkläre ich.
    Marisol erklärt ihren Eltern etwas auf Spanisch, worauf sie in lautes Lachen ausbrechen. Marisol dreht sich zu mir um. »Meine Eltern finden dich lustig.«
    »Weißt du, was ich denke?«
    »Nein. Was?«, fragt Marisol, während sie ihre Reisetasche öffnet.
    »Wenn man Eltern zum Lachen bringen kann, kann man sievermutlich auch dazu bringen, einem mit sechzehn ein Auto zu kaufen.«
    Marisol lächelt. »Das werde ich mir merken.«
    Mrs. Carreras öffnet einen Karton und holt neue hellblaue Laken und eine weiße Baumwolldecke mit Waffelmuster heraus. Dann zieht sie einen Quilt hervor und legt ihn vorsichtig auf den nächsten Schreibtisch.
    Ich habe noch nie jemanden so schnell ein Bett überziehen sehen wie Mrs. Carreras. Vermutlich hat sie sich das bei ihrer Arbeit als Krankenschwester angeeignet. Wenn man die Betten machen muss, während Leute darin liegen, entwickelt man vermutlich ein gewisses Geschick dafür. Am Ende faltet sie den Quilt auf und breitet ihn über der perfekt faltenlosen Decke und dem Kissen aus. Ich muss mich bemühen, mein Entsetzen zu verbergen.
    »Meine Mutter hat den Quilt genäht.« Marisol lächelt verkrampft.
    Der Quilt sieht aus wie eine Babydecke (schlimmer geht’s echt nicht) und besteht aus zusammengenähten Erinnerungsstücken. Albernes Zeug wie Teile von Marisols erster Babydecke, ein Dreieck aus rotem Wollstoff von ihrer Orchesteruniform, Sprüche, mit Edding auf Satin geschrieben. Mit viel zu viel Stolz in der Stimme erklärt uns Mrs. Carreras jedes Teil. Den Quilt umzudrehen ist allerdings auch keine Lösung, da die Unterseite aus einem grell orangefarbenen Fleece besteht. Der Quilt sieht unfassbar selbst gemacht aus, wie einer dieser gehäkelten Klopapierhalter bei meiner Großtante Barb in Schenectady. Unser Zimmer ist hiermit offiziell uncool – erst ich mit meinem doofen Beige und nun Marisol mit diesem selbst genähten kunterbunten Quilt. Wir sind verloren.
    »Da bin ich wieder!«, sagt Trish von der Tür, wo sie Marisols Kopf auf eine der Wolken klebt. Ihr Foto ist genauso schlimm wie meins. Super, wir sind also das Vierbettzimmer mit den hässlichen Mädchen und der hässlichen Bettwäsche. »Ist was, Viola?«
    »Können wir die Fotos noch mal machen? Wir sehen furchtbar aus.«
    Trish starrt auf die Bilder. »Findest du?«
    »Ich sehe ganz traurig aus und Marisols Foto ist unscharf.«
    Trish schaut gekränkt.
    »Ich meine, es liegt nicht an den Fotos – die sind echt gut geworden – wir sollten uns nur kämmen und einen Abdeckstift oder
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