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Vintermørket

Vintermørket

Titel: Vintermørket
Autoren: T.S. Nightsoul
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wie Glas, wirkten zerbrechlich und zugleich wunderschön. Frost verhüllte die Schatten des Lebens. Versonnen schloss ich die Augen, atmete die eisige Luft ein, die leise um mich herum zu flüstern schien.
     
    Es war lange her, dass ich glücklich war. Gerade in der Vorweihnachtszeit wurde mir das schmerzlich bewusst. Dann war die Einsamkeit am stärksten, hing wie ein Damoklesschwert drohend über meinem Kopf.
     
    Ich erfreute mich an dem Schnee, aber innerlich war ich zerrissen, sehnte mich fort. Weit weg zu den Menschen, die Hunderte von Kilometer von mir entfernt lebten. Sporadischer Kontakt reichte mir nicht. Ich wollte die Personen anfassen können, in ihrer Nähe sein. Doch sie schienen unerreichbar.
     
    Der Himmel … war weit entfernt.
     
    Weil ich mich nicht mehr gekümmert hatte. Weil ich vor fünf Jahren nach Deutschland zurück musste, mein Herz aber dort gelassen hatte. Es tat weh, dass ich von den Menschen getrennt war, die mir alles bedeuteten. Auch mein Hund fehlte mir. Genauso stark wie … Thore.
     
    Es waren diese Gedanken, die mich quälten. Das Wissen, dass es hätte anders kommen können, wäre mein Wille stark genug gewesen. Aber damals hatte ich mich meinen Eltern untergeordnet, war zu jung und zu naiv, um mich durchzusetzen. Imaginäre Fesseln hielten mich fortan an Ort und Stelle, ließen keinen Raum zum Ausbrechen, bis das Schicksal plötzlich eine Wende machte.
     
    Ich seufzte leise und schüttelte die Erinnerungen ab. Dass alles war lange her, verdrängt, in die hintersten Winkel der Erinnerung.
     
    Dan war mein Mitbewohner. Vielleicht auch ein Freund. Aber nicht das, was ich mir wünschte. Wir teilten uns eine Wohnung, ansonsten lebten wir getrennte Leben. Viel hatten wir im Alltag nicht miteinander zu tun. Die gemeinsamen Abende waren selten, der Austausch von Gedanken oder auch belanglose Konversation so gut wie nie gegeben. Ich fühlte mich nicht nur einsam, ich war es auch.
     
    Mit einem traurigen Lächeln hob ich den Blick gen schwarze Nacht, betrachtete die leuchtenden Himmelskörper. Jedes Jahr um die gleiche Zeit ergriff mich Melancholie. Manchmal konnte ich nicht genau benennen, was mir fehlte. Ein anderes Mal war es klar und deutlich. Meine Gefühle standen im ständigen Widerstreit zueinander.
     
    Ich wollte so nicht mehr weitermachen. Ein Geknechteter der Schwankungen sein. Ich brauchte Veränderungen, musste raus. Weihnachten sollte nicht wie jedes Jahr zu einem Fest der Traurigkeit und Sehnsucht werden. Davon hatte ich genug. Ich war genesen, das halbe Jahr hatte genug Zeit dafür geboten. Jetzt musste ich mein Leben wieder selbst in die Hand nehmen. Aber das Wichtigste war, dass ich die Familie nicht verlor, die ich seit zehn Jahren kannte und seit sechs Monaten ignorierte …
     
    Unsicherheit beflügelte mein Innerstes, als ich an sie dachte. Ich hatte zu lange gewartet. Aber dieses Mal würde mich nicht einmal die Arbeit davon abhalten können, mit Sack und Pack das Land zu verlassen. Wenn auch nur für eine gewisse Zeitspanne …
     
    Ich kehrte aus den dunklen Gedanken, dem tiefen See der Emotionen, nahm die eisige Kälte überdeutlich um mich herum wahr und beschloss, nach Hause zu gehen. Gleich Morgen würde ich den Plan in die Tat umsetzen.
     
    ***
     
    Unruhig rutschte ich auf dem Stuhl herum und hielt das Telefon ans Ohr. Mit der freien Hand klopfte ich einen stummen Rhythmus auf die Tischplatte, lauschte dem stetigen Rufzeichen. Ich war kein geduldiger Mensch.
     
    „Nimm schon ab!“, murrte ich und hoffte, dass mein Gebet erhört würde. Ich war unglaublich nervös, da ich nicht wusste, wie sie reagierten, zudem hasste ich es, zu telefonieren.
     
    „Hallo?“
     
    Vor Schreck wäre mir beinahe der Hörer aus der Hand gefallen, als plötzlich eine männliche Stimme ertönte. Ich brauchte einen Moment, um mich zu fangen und räusperte mich kurz.
     
    „Skorlan?“
     
    „Wer ist da? … Moment. Lex, bist du das?“, erklang es ungläubig. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Also war ich doch nicht in Vergessenheit geraten.
     
    „Ja, alter Mann. Ich dachte, ich melde mich mal. Ist schließlich schon etwas länger her.“
     
    Ich biss mir auf die Unterlippe, weil ich wusste, wie lang es wirklich her war. Ich schämte mich in Grund und Boden. Allerdings hatte ich keine Wahl gehabt, denn es war Teil der Therapie gewesen.
     
    „Etwas? Dein Kopf muss kaputt sein. Fast ein halbes Jahr haben wir von dir nichts mehr gehört. Was hast du
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