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Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Titel: Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)
Autoren: Karsten Kruschel
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Seine menschliche Hälfte legte verständnislos den Kopf schräg. Er konnte nicht verstehen, was das eine mit dem andren zu tun haben sollte. Er hatte oft Schwierigkeiten, den Gedanken der Älteren zu folgen, so wie die meisten Vilmkinder.
    Eliza schnaufte leise und ermahnte sich, ruhig zu bleiben und keine Wut an Sdevan auszulassen, für die der nichts konnte. «Wirst du mir jetzt erzählen, warum um alles in der Welt dich Will zu mir geschickt hat, oder ...«
    »Was ich gesagt habe, stimmt genau ...«, meinte Sdevan.
    Eliza unterbrach ihn. »Dass ich nicht lache.«
    »... es ist halt eine Weile her.« Sdevan studierte die Ecken hinter den Apparaten. Die leuchtenden Bilder erzeugten dort interessante Zwischenschatten, bunte, dämmerige, nicht ganz so düstere ...
    »Oh. Wir kommen der Wahrheit näher. In kleinen Schritten.«
    »Ich fand heraus, dass diese Mischformen abwegige Wirkungen haben. Anfangs war da nur dieses eine Gestrolch, das Effekte hervorrief. Man schwebte eine Weile, nun ja, etwas neben sich, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Die Einarmige holte Luft. »Irgendwie seid ihr doch alle immerzu neben euch«, murmelte Eliza.
    »Was ...?« Beide Gesichter waren plötzlich ihr zugewandt.
    »Na ja, ihr mit diesen Kreaturen um euch herum ...« Eliza warf einen Blick auf die beiden Wesen, von denen sie aufmerksam betrachtet wurde, und gab für diesmal den Versuch auf, Sdevan die Merkwürdigkeit seiner Existenz klarmachen zu wollen. »Ach was, vergiss es. Was hast du später über diese Pflanze herausgefunden? Oder hast du dir täglich den Vollrausch angetan, bis das Gestrolch leergefressen war?«
    Das Eingesicht hörte auf, Eliza anzustarren, und setzte sein neugieriges Herumgestöber in dunklen Ecken fort. »Ein Vollrausch war es nicht gerade.«
    »Sondern?«
    »Was du meinst, ist Alkohol oder so Zeug wie im gelben Strolchsaft. Diese Frucht war vollkommen unvergleichlich. Ein einziger Bissen reichte, um die Welt plötzlich komplett anders zu sehen, ganz und gar verwandelt. Und eine Frucht machte keinen Appetit auf die nächste. Im Gegenteil. Ich hatte hinterher absolut keine Lust, ein weiteres von den Dingern zu essen. Das kam erst später.«
    Eliza setzte sich gerade hin und sah nach, was das hundeartige Wesen so trieb. »Das war jetzt sehr aufschlussreich«, meinte sie.
    Sdevan schaute überrascht. »Aufschlussreich? Wieso?«
    »Du sagtest: später. Wir sprechen über längere Zeiträume? Die Geschichte mit dieser ersten Frucht liegt bereits eine Weile zurück.«
    »Äh ... ich weiß nicht ...« Die beiden Teile Sdevans sahen einander in die Augen, quer durch Elizas improvisiertes Büro. Wie ein Mensch, der betreten in den Spiegel schaut, wenn ihm die Sünden des vorangegangenen Abends einfallen. Die leuchtenden Bildschirme warfen farbige Muster über die beiden fassungslosen Gesichter.
    Eliza stützte den Kopf in die Hände. »Was als Nächstes kommt, kann ich mir denken. Du hast dir andere verluderte Pflanzen gesucht, weitere Zwitter verschiedener Arten. Und natürlich hast du die erste Frucht gegessen, die dir in die Hände fiel.«
    Sdevan nickte aufgeregt, Sdevan-J kam aus dem dunklen Winkel hervor, in dem er herumgeschnüffelt hatte. »Und die zweite Frucht war viel verrückter als die erste.«
    »Weswegen?«, wollte Eliza wissen.
    »Alles wurde langsam.«
    »Langsam? Inwiefern langsam?«
    »Die Farben veränderten sich, alle Geräusche wurden wolkig und murmelten vor sich hin, der Wind klappte die Blätter bedächtig und behaglich hin und her.« Das Eingesicht war aufgestanden und vollführte eine Pantomime langsamen Laufens, schwenkte die Tatzen in Zeitlupe durch die Luft und wackelte bedächtig mit dem Kopf. »Regentropfen fielen nicht mehr«, sagte Sdevan, »sondern trödelten gemächlich dem Boden entgegen, und bei manchen konnte ich sehen, wie sie während des Fallens rotierten. Bis dahin hatte ich nicht gewusst, dass Regentropfen, während sie fallen, sich um sich selbst drehen. Die Welt war auf Sparflamme gegangen.«
    Eliza grinste das herumalbernde Eingesicht an, das sichtlich Spaß hatte an seiner Pantomime. »Beschleunigte Wahrnehmung«, sagte sie. »Nicht die Welt war langsamer, sondern du warst schneller geworden. Deine Sinne waren so sehr beschleunigt, dass du Dinge wahrgenommen hast, die normalerweise zu schnell für uns geschehen. Was passierte, wenn du dich bewegen wolltest?«
    »Das war seltsam. Meine Füße und Hände und Pfoten steckten wie in Gelee; ich konnte mich bewegen, wie
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