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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)
Autoren: Marion Schreiner
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Schon alleine der Anblick machte mich sofort wieder aggressiv. Ich sah, wie Chris in einiger Entfernung dem Treiben grinsend zusah, mir dann zuwinkte und sein Buch hochhielt. In diesem Moment fragte ich mich, wer eine Studie von wem verfassen wollte.
Ich rannte in mein Zimmer und schob eine doppelte Menge Beruhigungsmittel in mich hinein, um das Lagerfeuer unbeschadet zu überstehen. Ich ging zu Chris und sagte: „Na, gut dass das Feuer draußen ist. Da brauchen wir wenigstens keinen Fluchtplan.“
Es sollte ein Scherz sein, doch es war keiner. Chris quittierte die Aussage mit dem Satz: „Sie sagen es.“
Wie im Nebel sah ich den ersten Abend am Lagerfeuer an mir vorüberziehen. Ich sah, wie Marshmellows braun geröstet verschlungen wurden, hörte den Gitarrenklängen von Steve zu, der Nancys Gesang begleitete. Ich lauschte den Witzen von Dr. Calhound und den Geistergeschichten von Jenny. Ich sah aber auch, wie Sarah mit Chris tuschelte.
    „Hannah und Sarah schauen heute Nacht nach den Jungs. Wenn was ist, geben sie Dr. Calhound Bescheid“, hörte ich Jenny noch sagen, bevor mir die Augen zufielen. Kein Wunder, nach der gehörigen Portion Pillen, die ich abends eingenommen hatte.
In der Nacht suchten mich wilde Albträume auf. In jeder erdenklichen Art wurde ich verbrannt. Zuerst bekam ich Benzin über den Kopf gekippt und wurde angezündet. Danach stellte man mich auf einen Scheiterhaufen. Man sperrte mich in eine Besenkammer und legte ein Feuer davor. Das ganze wurde noch gekrönt, als ich sah, wie man mir Finger, Arme und Beine abtrennte, um diese einzeln in einem Lagerfeuer zu verbrennen. Diese letzte Szene wurde dann mit einem Aufschrei der Verzweiflung mitten in der Nacht von mir gestoppt. Mein Herz raste. Ich sah mich verschwitzt in der fremden Umgebung um. Jenny lag nicht neben mir. Ihr Bett war zwar benutzt, doch sie lag nicht neben mir! Sie war weg! Etwa auf Klo? Ich horchte, nein, im Bad war niemand. Ich horchte, ob ich im Flur etwas hörte. Vielleicht hatten sie Jenny wegen einem Problem gerufen. Doch auch im Flur herrschte absolute Ruhe. Ich stand auf, zog mir ein T-Shirt über und ging sie suchen.
Im Flur waren unzählige Notbeleuchtungen eingeschaltet, so dass sich niemand verirren konnte. Ich horchte an den Türen der Jungen. Alles war ruhig. Niemand flüsterte oder lachte. Ich horchte an Sarahs und Hannahs Tür. Auch alles ruhig. Bei Chris herrschte ebenfalls totale Stille. Dr. Calhound konnte ich durch die geschlossene Tür schnarchen hören.
Ich ging hinunter zu den Aufenthaltsräumen. Nichts. Ich ging in den Keller in den Fitnessraum. Auch nichts! Verdammt!
Ich schaute durch die Fenster des Speiseraums, ob Jenny irgendwo im Garten saß und noch den sternenklaren Himmel beobachtete. Ich wusste, dass sie so etwas gerne gemacht hatte.  Früher, als wir uns kennengelernt hatten. Doch Jenny saß auch nicht im Garten.
Verwirrt suchte ich den Weg zurück in mein Zimmer. Ich musste also bis zum Morgen warten, um sie zu fragen. Na wenigstens konnte ich jetzt unbemerkt einige Beruhigungspillen nachwerfen. Als ich wieder ins erste Stockwerk kam, deuchte es mich, als hörte ich leise Stimmen. Ich folgte diesem Flüstern und fand mich plötzlich vor Steves Büro wieder. Presste mein Ohr an die Tür und vernahm Steves, Jennys, Sarahs und Chris‘ Stimmen. Ich wich entsetzt zurück! Was um Himmelswillen besprachen die vier hinter dieser verschlossenen Tür? Was war so wichtig, so geheim, dass sie es nicht morgen in meiner Gegenwart besprechen konnten?
Ich versuchte dem Gespräch ein paar klare Worte abzuringen, um herauszufinden, was sie vorhatten, doch ich konnte nichts verstehen. Sollte ich ohne Anklopfen hineingehen und alle vier zur Rede stellen? Was, wenn sie mir eine vorher gut durchdachte Lüge servierten und mich zu einer Gestalt der Lächerlichkeit machten. Ich würde morgen zum Gespött des Tages werden. Na, dachte ich, dann hätten wir wenigstens schon mal ein Programm: Wir lachen Dr. Koman aus.
Ich versuchte mir weitere Ideen abzuringen, wie ich mich jetzt am besten verhalten könnte, ohne dabei zum Gespött der Anderen zu werden. Plötzlich beruhigte mich ein ganz anderer Gedanke: Dr. Calhound war auch nicht dabei. Ich war also nicht alleine und dachte, gut, wenn die da drinnen eine Gang bilden, dann werde ich mit Dr. Calhound eben auch eine Gang bilden und ging entschlossen wieder zu Bett. Sollte Jenny doch die ganze Nacht mit ihren Kumpanen flüstern. Ich musste sowieso überdenken, ob Jenny,
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