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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Blick auf Moratalla. Dieser Blick war ein Gruß, und Moratalla erwiderte ihn, indem er die Lider kurz senkte.
    Noch einmal griff Campo zur Glocke und läutete, obwohl es ganz still im Saal war. Dann verlas er die Personalien Moratallas und stellte ihm einige Fragen. Es war ein nüchternes Fragen, über das man schnell hinwegging. Der Generalstaatsanwalt erhob sich.
    Seine Stimme war nicht ganz frei, als er seine Anklage begann, und die Wochenschau mußte das Mikrophon stärker stellen, um seine Worte auf das Band aufnehmen zu können.
    »Vor uns steht einer der größten Chirurgen der Welt«, begann er seine Rede. »Ein Mann, dem Spanien viel verdankt, der durch seine Operationen, durch seine oft einmaligen ärztlichen Wagnisse Hunderten, ja Tausenden Menschen buchstäblich in letzter Minute das Leben rettete. Aber dies ist sein Beruf … es ist seine ärztliche Pflicht, und ich würde es nicht erwähnen, wenn Spanien gegen diesen großen Sohn seines Landes nicht eine Anklage erheben würde, die das Schlimmste ist, dessen man einen Menschen anklagen kann: des Mordes!« Ein Raunen ging durch die Zuschauer. Auf den Pressebänken steckte man die Köpfe zusammen. Man hatte manches erwartet – aber so etwas nicht! Mord? Wenn ein Patient stirbt?
    Die Augen gingen zu Moratalla. Er saß auf seinem Stuhl, die Beine übereinandergeschlagen, und schaute interessiert dem Generalstaatsanwalt zu, wie er unruhig in seinem Manuskript blätterte.
    »Am 29. Oktober 1952 wurde in der Klinik Professor Moratallas ein kranker Mann eingeliefert, dessen Leben nur noch an einem Faden hing. Juan Torrico hieß er, und er hatte ein Geschwür innerhalb des Herzbeutels, eine Krankheit, die bisher noch nicht operativ behandelt wurde und die zum Tode führen mußte. Das Geschwür war geplatzt, es ging um Stunden … da stellte sich die Mutter des Jungen, Señora Anita Torrico, zur Verfügung, ihr Herz für ihren Sohn herzugeben! Man bedenke: Professor Moratalla nahm dieses Angebot an, er schnitt aus dem mütterlichen Herzen Teile heraus und überpflanzte sie in das kranke Herz des Sohnes! Eine Operation, wie sie bis heute undenkbar war! Und diese Operation gelang – Juan Torrico lebt … aber die Muter, Anita Torrico, starb an dem verkleinerten Herzen! Sie starb an einer Operation, von der Moratalla wußte, daß sie unbedingt tödlich war! Professor Dalias, ein Doktor Osura, die wir noch als Zeugen hören werden, warnten ihn … eine Anfrage beim Caudillo wurde mit einem Verbot zu operieren beantwortet … und trotz dieser Tatsachen, im Vollbewußtsein des tödlichen Griffes, schnitt Moratalla einen Teil des Herzens heraus und tötete die Mutter, um den Sohn zu retten! Das ist eine einmalige Tat, ein vorsätzlicher Mord mit dem Skalpell, ein Mord aus dem Drang heraus, die eigene Idee zu beweisen, ein kalter berechnender Mord mit dem Ziel, vielleicht zu gewinnen und dann der größte Chirurg der Welt zu sein! Es ging Moratalla gar nicht um das Leben des Sohnes … es ging ihm darum, an der Mutter zu beweisen, daß seine Idee von einer Herztransplantation richtig war! Verantwortungslos führte er sie aus … er mordete! Das ist der Tatbestand, und als Vertreter des Staates klage ich Professor Moratalla des Mordes an!«
    Der Generalstaatsanwalt setzte sich. Ein Raunen ging durch den Saal. Moratalla war blaß geworden und beugte sich über das Gitter zu Dr. Manilva herab.
    »Er verdreht ja alles!« sagte er leise. »Das ist ja alles nicht wahr. Gehen Sie doch dagegen vor!«
    Dr. Manilva hob die Hand. »Noch nicht«, flüsterte er. »Ein guter Spieler legt seine Trümpfe erst beim letzten Spiel auf den Tisch. Man soll Sie ruhig zum Mörder stempeln … um so gewaltiger wird die Erkenntnis Ihrer Unschuld!«
    General Campo blickte zu Moratalla hinüber.
    »Was haben Sie darauf zu erwidern, Angeklagter?«
    Moratalla zuckte die breiten Schultern. »Da ich von meiner Unschuld überzeugt bin«, sagte er klar und deutlich, »erübrigt es sich, auf die Worte des Herrn Generalstaatsanwaltes näher einzugehen.« Das war stolz, und Stolz ist das Letzte, was man einem Mörder verzeihen kann. General Campo zog die Augenbrauen zusammen und beugte sich über den Richtertisch etwas vor. Es sah sehr theatralisch aus, und Moratalla lächelte wieder, obwohl die Kamera surrte und jede seiner Bewegungen aufnahm.
    »Sie wollen sich nicht verteidigen?« fragte Campo erstaunt. »Man sagt Ihnen, daß Sie ein Mörder sind.«
    Moratalla nickte. »Ich hörte es. Aber es ist die
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