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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition)
Autoren: Constanze Kühn
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mich in Leiferde besuchen will?“
    „Ja.“
    „Und sie hat nichts dagegen?“
    „Nein. Vielleicht könnte ich dich ja auch mal besuchen?“
    „Um die armen Viecher zu erschrecken?“
    „Du Pappnase, du.“ Aber sie musste doch lachen. „Hast du wirklich vor, nach Kenia zu gehen?“
    „Er hat wirklich alles erzählt, oder?“
    „Ist doch nichts Ehrenrühriges. Und weißt du, eigentlich sind wir schon irgendwie wie eine Familie. Da hält man doch zusammen und redet auch offen miteinander.“
    „Na ja, aber ich gehöre nun einmal nicht dazu und...“
    „Das ist aber deine Schuld.“
    „Was soll denn das jetzt heißen? Was erwartest du denn von mir? Soll ich so tun, als ob alles Friede, Freude, Eierkuchen wäre? Das wäre Heuchelei, Katja, und das liegt mir nicht.“
    *
    „Sie haben mich als Schutzschild benutzt, Herr Wiebke.“
    „Was hab ich?“ Harald sah Frau Dr. Donner verblüfft an.
    „Sie haben mich als Schutzschild benutzt, indem Sie an mich dachten, anstatt in der Situation voll da zu sein. Sie haben an meine Augen gedacht statt in Angelikas Augen zu sehen.“
    „Aber ich …“
    „Indem Sie Ihre innere Aufmerksamkeit auf mich fixiert haben, haben Sie eine Barriere zwischen sich und ihr geschaffen und somit verhindert, dass eine wirkliche Aussprache stattfinden konnte.
    Als er nicht antwortete, fragte sie: „Wieso haben Sie so wenig mit Angelika gesprochen? Sie bedeutet Ihnen doch etwas!“
    „Sie bedeuten mir etwas.“
    „Herr Wiebke, das hatten wir schon. Das ist Ihre Übertragung, und ich glaube nicht, dass ich es bin, mit der Sie wirklich zusammen sein wollen. In all den Monaten unserer Gespräche hatte ich immer das Gefühl, dass Sie tatsächliche Gefühle für Angelika hegen, dass Sie nicht nur eine Projektionsfläche für Sie war. Sie haben mich einfach an ihre Stelle gesetzt. Nicht mehr und nicht weniger. Bei mir riskieren Sie nämlich nichts!“
    „Wie meinen Sie das?“
    „Sie wissen genau um die Unmöglichkeit einer Beziehung zwischen Ihnen und mir und...“
    „Ich hatte gehofft...“
    „Ja?“
    „Ich hatte gehofft, wenn die Therapie vorbei wäre, könnten wir vielleicht...“ Er brach ab.
    „Nein, Herr Wiebke.“ Als er nichts sagte, wartete sie eine Weile, bevor sie sagte. „Sie haben mir doch erzählt, dass sie plötzlich an der Bar hinter Ihnen stand.“
    Er nickte bestätigend.
    „Das heißt, sie war von sich aus auf Sie zugekommen.“
    „Ja und?“
    „Was hat sie gemacht?“
    „Wir haben uns angesehen.“
    „Und weiter?“
    Harald rief sich noch einmal die Situation vor Augen. „Ich habe auf ihren Mund gesehen und mir gedacht, wie lange es her sei, dass ich sie geküsst hätte.“
    „Und dann?“
    „Ich hatte den Wunsch, sie zu küssen.“
    „Haben Sie ihr das gesagt?“
    „Natürlich nicht!“
    „Warum nicht?“
    „Es gehört sich nicht.“
    „Wie bitte?“ Ungläubig sah sie ihn an. Dann hob sie ihre Augenbraue. „Herr Wiebke! Sie haben schon ganz andere Dinge gesagt, wenn ich Sie daran erinnern darf. Also kommen Sie mir nicht mit Ausreden.“
    „Ich musste zur Toilette. Außerdem wäre es sinnlos gewesen. Darf ich Sie daran erinnern, dass sie mit mir Schluss gemacht hat? Wieso sollte sie ihre Meinung geändert haben?“
    „Sie hätten Ihr zeigen können, dass Sie sich verändert haben.“
    „Habe ich denn das?“
    „Ja, das haben Sie. Hat Ihnen das nicht auch Katja gesagt?“
    „Katja hat es immer gut mit mir gemeint.“
    „Herr Wiebke, Sie haben ganz einfach Schiss.“
    Harald musste laut auflachen. „Das ist das erste unflätige Wort, das ich aus Ihrem Mund gehört habe.“
    Mit einem Schmunzeln sagte sie: „Manchmal kann man die Dinge nicht anders beim Namen nennen.“ Dann wurde sie jedoch wieder ernst. „Sie fallen in alte Verhaltensweisen zurück. Sie laufen davon.“
    „Ich gehe doch sowieso nach Kenia.“
    „Vor kurzem haben Sie mir noch erzählt, dass es Ihnen gar nicht mehr so wichtig ist und, dass Sie es damals vor allem in Erwägung gezogen haben, weil Sie aus Ihrem Leben weglaufen wollten.“
    „Ja, ja, ist ja gut!“
    „Gehen wir also einmal davon aus, Sie gehen nicht nach Afrika. Wie wollen Sie Ihr Leben weiter gestalten?“ Darauf wusste er keine Antwort.
    „Was ist mit dem Mädchen?“
    „Lisa? Was soll mit ihr sein?“
    „Sie haben beide viel mitgemacht. Wäre es nicht schön, wenn Sie sozusagen eine kleine Familie bilden würden? Für Clärchen gibt es natürlich keinen Ersatz, aber haben Sie nicht gesagt, Lisa sei
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